Cannabis-Freigabe in anderen Ländern: Durcheinander und Stillstand
Auch in den USA ist Cannabis in immer mehr Bundesstaaten legal. In Deutschland hingegen tut sich nichts.
Beim südlichen Nachbarn USA hingegen herrscht ein kräftiges Durcheinander. Insbesondere aufgrund von Volksentscheiden haben bislang neun Bundesstaaten Erwerb und Genuss von Cannabis legalisiert, in insgesamt rund 30 Staaten ist Cannabis für medizinische Zwecke legal erhältlich. Allerdings sind die Regelungen denkbar unterschiedlich, und sie weichen allesamt von der uruguayischen Politik ab.
Während in Uruguay der gesamte Prozess unter staatlicher Kontrolle liegt, ist in einigen US-Bundesstaaten, allen voran Colorado, das bereits im Januar 2014 als erstes die Shops eröffnen ließ, eine veritable private Industrie entstanden. Staatlich lizensiert und kontrolliert, werden dort Milliarden erwirtschaftet – und besteuert. Ein finanzieller Segen für den Bundesstaat.
Nur auf der nationalen Ebene hat sich nichts getan: Jede einzelne Freigabe in einem Bundesstaat verstößt gegen Bundesgesetze, und theoretisch müsste das Justizministerium dagegen vorgehen. Allerdings hat auch die Trump-Regierung bislang zwar rhetorisch gegen die Freigabe aufgerüstet, de facto aber die unter Barack Obama ausgegebene Devise beibehalten, die Staaten einfach machen zu lassen.
In Deutschland hatten die Grünen bereits 2015 den Entwurf eines Cannabis-Kontrollgesetzes vorgelegt, das eine Regulierung des gesamten Prozesses von der Herstellung über den Handel bis zum Endverbraucher vorsah. Unterstützung gab es von der Linken und der FDP – abgelehnt wurde es mit den Stimmen der Großen Koalition im Juni 2017.
Debatte in der SPD
Innerhalb der SPD hatte zwar ein Arbeitskreis um den Abgeordneten Burkhard Blienert versucht, die Parteiprogrammatik zugunsten der Regulierung zu verändern, war aber im ersten Anlauf knapp gescheitert. Die Debatte geht weiter.
Die konkreten Erfahrungen mit der Freigabe, etwa in Colorado, sind fast durchweg positiv. Der Anteil der Minderjährigen, die bei Umfragen angaben, in den letzten 30 Tagen Cannabis konsumiert zu haben, ging nach der Freigabe von 25 auf 21 Prozent zurück. Das kann auch damit zusammenhängen, dass Colorado mit aus der Cannabis-Ökonomie gewonnenen Steuern und Lizenzeinnahmen (247 Millionen Dollar im Jahr 2017) großangelegte Aufklärungskampagnen finanziert.
Allerdings stieg die Anzahl derer, die mit Cannabis-Vergiftungen in Krankenhäuser eingewiesen wurden. Das kann aber auch mit der besonderen Politik etwa in Denver zusammenhängen, wo es zwar sehr viele Cannabis-Shops gibt, der öffentliche Konsum aber nirgends gestattet ist und es auch keine Kifferlounges gibt. Ergebnis: Die zahlreichen Tourist*innen kaufen essbare Produkte, die ihre Wirkung erst viel langsamer entfalten, vertun sich in der Dosierung und landen im Krankenhaus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken