CSU-Parteitag beschließt Ämtertrennung: Markus, Horst und die „Knallerbsen“

Seehofer und Söder sind verfeindet? Unsinn. Beide geben sich betont freundlich: Seehofer bleibt Parteichef und Söder wird 2018 Spitzenkandidat.

Seehofer und Söder halten Hände und heben die Arme

Wollen ihre Lederhosen anbehalten: Seehofer und Söder Foto: dpa

NÜRNBERG taz | „Ich schlage aus voller Überzeugung für die Wahl des Parteivorsitzenden wieder Horst Seehofer vor“: Es ist nicht der Vorschlag, der an diesem Samstagmorgen in der Nürnberger Messehalle ungewöhnlich ist, sondern der Mann, der ihn ausspricht. Es ist Markus Söder, Bayerns Finanzminister und Seehofers Intimfeind. Und dass er ihn nun macht, hängt damit zusammen, dass er genau diese beiden Attribute schnellstmöglich ablegen will.

Das Erste ist zu dem Zeitpunkt bereits beschlossene Sache: Im Laufe des ersten Quartals 2018 soll Söder Seehofer als Ministerpräsidenten beerben. Das Zweite fällt da schon schwerer, zu belastet ist das Verhältnis der beiden schon seit vielen Jahren. Umso mehr bemühen sich Söder wie auch Seehofer auf diesem Parteitag demonstrativ, ihre gegenseitige Abneigung herunterzuspielen.

So hatten die beiden beschlossen, sich in Nürnberg gegenseitig für die Ämter des Parteichefs und des Ministerpräsidenten vorzuschlagen. Die Wahl auf dem Parteitag war freilich nur der offizielle Vollzug der jüngst in Landtagsfraktion und Parteivorstand beschlossenen Ämtertrennung, aber dennoch eine wichtige Geste.

„Ich bitte um euer Vertrauen für unseren Freund Markus Söder“, sagt denn wenig später auch Horst Seehofer, als es um den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018 ging. Er habe immer die Ansicht vertreten, der Kandidat mit den größten Erfolgsaussichten solle antreten. Und das sei Markus Söder. „Er wird auch diese Aufgabe meistern.“

Zuvor hatte Seehofer in seiner eigenen Bewerbungsrede bereits für die künftige Ämtertrennung geworben. Als Grund für seinen Rückzug vom Ministerpräsidentenamt nannte er das für die Union und besonders für die CSU verheerende Wahlergebnis, für das er die politische Verantwortung übernehme. Eigene Fehler eingestehen wollte er jedoch keinesfalls: „Die Ursache lag in Berlin.“

Feindschaft? Knallerbsen!

Und dann fand er tatsächlich noch ein paar uneingeschränkt positive Worte für seinen Nachfolger: Söder habe in all seinen Ministerämtern eine vorzügliche, bravouröse und fehlerfreie Arbeit für den Freistaat abgeliefert. „Er kann es, und er packt es. Das ist Markus Söder.“ Differenzen? Feindschaft? Unsinn. Von „kleinen Friktionen“, „Kleinigkeiten“ und „Knallerbsen“ spricht Seehofer. Alle großen Probleme hätten sie in Harmonie und Einigkeit gelöst. Er stehe „aus voller Überzeugung“ hinter Söder. „Er kann sich auf meine Unterstützung total verlassen.“

Beide versehen sich gegenseitig mit Applaus, wo nur möglich. Söder hat es sich bei vergangenen Parteitagen zur Angewohnheit gemacht, sich in den Stuhl zu fläzen, die meiste Zeit auf seinem Smartphone herumzuwischen und seinen Beifall für die Redner – besonders wenn sie Merkel oder Seehofer hießen – nur dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass er kurz auf den Tisch klopfte. Diesmal sitzt Söder aufrecht und klatscht.

Seehofer zieht Bilanz, referiert, wie gut der Freistaat Bayern nach zehnjähriger Seehofer-Regierung dastehe. Und Söder versichert ihm, dass die personelle Erneuerung an der Spitze des Freistaats kein Kurswechsel, sondern das Fortschreiben einer erfolgreichen Politik sei. Söder lässt immer wieder Sätze in seine Rede einfließen wie: „Ich schließe mich an das an, was der Horst heute Morgen gesagt hat.“ Beide versprechen sie, Politik für den „kleinen Mann“ zu machen, beschwören die „Leberkäs-Etage“, wie Franz Josef Strauß die Zielgruppe seiner Partei mal getauft hat.

Innovativ, fürsorglich, stark und bodenständig, das sind die Adjektive, die Söder für die Politik wählt, mit der er den Freistaat führen will. Bayern sei „wie ein großer Baum“, sagt er. „Tiefe Wurzeln in der Tradition, aber unsere Äste wachsen nach oben.“ Und fügt hinzu: „Diesen bayerischen Baum hat die CSU gepflanzt. Wir wollen ihn auch weiter pflegen – und am allerliebsten allein. Das ist unser Anspruch.“

Seehofer will die Lederhose anbehalten

Das Ziel, die absolute Mehrheit zu verteidigen, scheint derzeit freilich noch in weiter Ferne. Immerhin erreichte die CSU bei einer Umfrage vor wenigen Tagen erstmals wieder die 40-Prozent-Marke, nachdem sie nach der Bundestagswahl bis auf 37 Prozent gefallen war. Ob diese Aufwärtsbewegung allerdings ein „Söder-Effekt“ ist, wie es die Anhänger des Franken glauben wollen, oder eine positive Reaktion auf das Ende der über zwei Monate andauernden Grabenkämpfe in der Partei, ist nicht klar. Diese neue Geschlossenheit war der Partei jedoch auf dem zweitägigen Parteitag sichtlich das Wichtigste. „Wenn wir zusammenhalten“, kalauerte Seehofer, „zieht uns niemand die Lederhose aus“. Wenn.

Zuletzt war es vor allem ein Wahlergebnis, das immerhin noch Interesse auf sich zog: Wie viel Zustimmung würde Horst Seehofer bei seiner erneuten Kandidatur erhalten? Vor zwei Jahren waren es noch 87,2 Prozent, was bereits als deutlicher Dämpfer beurteilt worden war; diesmal wollte man die Latte aber bewusst nicht zu hoch hängen. 83,73 Prozent wurden es schließlich. „Passt schon“, signalisiert Seehofers Gesicht, als das Ergebnis verlesen wird.

Und dann gibt es am Ende noch dieses Bild, auf das die Delegierten gehofft hatten. Gerade ist Söder in öffentlicher Abstimmung zum Spitzenkandidaten nominiert worden, die Delegierten sind aufgesprungen und jubeln, der Kandidat hat sich verbeugt, da winkt er auch Seehofer auf die Bühne. Sie geben sich die Hände, recken sie in die Höhe.

Eine neue Ära breche mit dem Spitzenduo in der CSU an, hatte Seehofer zuvor noch angekündigt.

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