piwik no script img

CSU-Mann startet EuropawahlkampfWeber will das Wir-Gefühl

In Brüssel hat EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber zum Kampagnenauftakt geladen. Sein Slogan „The power of WE“ steht lediglich für fromme Wünsche.

Reingeguckt: In Manfred Webers Wahlkampagne für die EVP findet man vor allem vage Ideen Foto: dpa

Brüssel taz | Von Wahlkampf ist nicht viel zu sehen in Brüssel. Rund sechs Wochen vor der Europawahl Ende Mai sind die EU-Politiker noch vollauf damit beschäftigt, sich für den drohenden chaotischen Brexit zu rüsten. Selbst die Spitzenkandidaten für die Europawahl halten sich bedeckt. Der Frontrunner der Sozial­demokraten, Frans Timmermans, macht immer noch seinen Kommissionsjob – und verteidigt den Rechtsstaat in Polen. Und die von vielen EU-Insidern favorisierte Wettbewerbskommisarin Margrete Vestager schlägt sich mit staubtrockenen Kartellfragen herum.

Nur einer rührt schon die Wahlkampf-Trommel: Manfred Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP). Im Museum für Europäische Geschichte mitten im Brüsseler Europaviertel hat der CSU-Mann seine Kampagne eröffnet. Der Ort sei mit Bedacht gewählt, sagen seine Berater. Denn Weber sieht sich in der Tradition von Helmut Kohl und Jean-Claude Juncker. Er will an die Erfolge der Christdemokraten anknüpfen, die der EU seit Jahrzehnten ihren Stempel aufdrücken. Nur Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer fehlen in der EVP-Inszenierung.

Hellblaues Hemd, rote Krawatte: So steht er vor einem riesigen Wandbild, das „der Fuchs und der Rabe“ heißt und an die liebliche Landschaft in Niederbayern erinnert – Webers Heimat. „I want a strong Europe, a smart Europe, a kind Europe“ sagt er in gebrochenem Englisch mit schwerem bayerischen Akzent, den selbst Deutsche kaum verstehen. Ein klassisches Wahlprogramm ist das nicht, eher eine Ansammlung von frommen Wünschen.

Stark soll die EU durch mehr Grenzschutz und eine „Cyber-Brigade“ werden, smart durch einen „Masterplan gegen Krebs“, und nett („kind“) durch einen Masterplan für Afrika, aber auch eine familienfreundliche Agrarpolitik. Bayern lässt grüßen! Aber die eigentliche Botschaft liegt eh woanders. Die Botschaft ist Weber selbst. „The power of WE – Weber“ heißt der Wahlkampf-Slogan, den sich eine spanische Werbeagentur ausgedacht hat. „WE wie Weber“ – das ist gewagt.

Bisher war der EVP-Fraktionschef nur Insidern in Brüssel bekannt, nun will er für „uns alle“ sprechen. Doch wie soll das neue „WE-Gefühl“ zustande kommen? Die EVP-Kampagne setzt auf Werbespots, in denen vorwiegend junge Europäer aus allen EU-Ländern fromme Wünsche aufsagen dürfen – manchen sieht man an, dass sie sie vom Zettel ablesen. Weber will sich die Ideen dann zu eigen machen. „Ich bin bodenständig, nah bei den Menschen“, sagt er. Ob das reicht, um ein Wir-Gefühl zu entwickeln? WE don’t know.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Nein. Genug EVP. Nach dem üblen Griechenland-Hackjob, nachdem die EU ihre schwächeren Mitglieder in der Migrationsfrage alleine lassen, nach den Kuschelrunden der EVP mit den Populisten... von einem "kind Europe" zu sprechen: ich muss kotzen.

    Helmut Kohl und Jean-Claude Juncker. Blühende Landschaften und eine Steueroase mitten in der EU, auf Kosten der Ärmeren. Nein, danke.

    Ich bin Europäer, durch und durch. Ich spreche vier EU-Sprachen, kenne mich gut in mindestens drei EU-Ländern aus. Ich will Europa, mehr davon!

    Aber nicht so. Nicht mit den Proto-Populisten der CSU.

  • Es würde mir sehr schwer fallen, einen Vertreter der CSU als meinen Vertreter zu akzeptieren. So kann das Mitglied einer Hardliner-Partei nie 'für alle' sprechen! Demzufolge müsste er 'für alle minus einen' sprechen. Und da ich mir Sicherheit glaube, dass auch andere Millionen Mitbürger der EU so denken, sollte er aufhören, solchen Unsinn über Übereinstimmung zu verbreiten! Ich muss daran denken, dass ein Herr Söder derzeit den Vorsitz dieser im restlichen Bundesgebiet sehr umstrittenen Partei hat! Ebenso dubios waren seine Vorgänger: Seehofer, Stoiber, Strauß .. sowie andere eher farblose, aber nicht weniger radikale Vorgänger. Ja, Weber versucht derzeit populäre Aussagen zu machen, aber ich vergleiche ihn eher mit einem Wolf, der gerade mal Kreide gefressen hat!

  • Es würde mir sehr schwer fallen, einen Vertreter der CSU als meinen Vertreter zu akzeptieren. So kann das Mitglied einer Hardliner-Partei nie 'für alle' sprechen! Demzufolge müsste er 'für alle minus einen' sprechen. Und da ich mir Sicherheit glaube, dass auch andere Millionen Mitbürger der EU so denken, sollte er aufhören, solchen Unsinn über Übereinstimmung zu verbreiten! Ich muss daran denken, dass ein Herr Söder derzeit den Vorsitz dieser im restlichen Bundesgebiet sehr umstrittenen Partei hat! Ebenso dubios waren seine Vorgänger: Seehofer, Stoiber, Strauß .. sowie andere eher farblose, aber nicht weniger radikale Vorgänger. Ja, Weber versucht derzeit populäre Aussagen zu machen, aber ich vergleiche ihn eher mit einem Wolf, der gerade mal Kreide gefressen hat!