CSU, Donald Trump und Burka-Verbot: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Ein Klacks Mayonnaise, Schweinefleisch und polizeiliche Ermahnungen gegen Clowns. Außerdem: Söder entdeckt seinen grünen Daumen.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Saure-Gurken-Zeit.
Und was wird besser in dieser?
Klacks Mayonnaise.
CSU-Chef Markus Söder scheint seinen grünen Daumen entdeckt zu haben. Er fordert, den Klimaschutz als Staatsaufgabe im Grundgesetz zu verankern. Ist Söder jetzt grüner als die Grünen?
Söder brilliert in der klassischen CSU-Tugend von Tusch & Vertusch: Hinterm wuchtig orchestralen Auftakt „Klimaschutz ins Grundgesetz“ querflötet es leise: Keine Kerosinsteuer, keine CO2-Steuer. Umweltschutz allgemein steht bereits seit 1994 in der Verfassung; man kann da noch viel hinzufügen, bis die Schwarte dicke Backen macht. Dem CSU-Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Bahntickets zu senken, stand bisher im Wesentlichen die CSU entgegen. Sie verwest seit vier Ministern das Verkehrsministerium, dort wurde der grüne Vorschlag stets abgelehnt. Man kann den Bayern zugute halten, dass sie schnell lernen – das erste Umweltministerium Europas richtete 1970 CSU-Mann Streibl ein. Gut: Man kann die CSU an ihren lauten Ansprüchen messen. Schlecht: Man muss die CSU an ihren lauten Ansprüchen messen.
Donald Trump attackierte auf Twitter den Schwarzen Demokraten Elijah Cummings und hetzte gegen die Stadt Baltimore. Die Rassismusvorwürfe gegen Trump werden wieder lauter. Wird es jemals Konsequenzen geben?
Randy Newmans Songdenkmal „Baltimore“, wo man betrunken auf dem Bürgersteig liegt, weil die Stadt untergeht, stammt von 1977. Seither regierten Republikaner 22 Jahre das Land, da hätte man etwas machen können. Doch Trump ist ein Virtuose des „negative campaigning“. Vom Publikum ließ er sich weitere Schmähungen vorschlagen und versprach, die Fakten nachträglich prüfen zu lassen. Ihm geht es darum, Amerikas Rassisten zu zeigen, dass er einer von ihnen ist, und diesen dreckigen Job dem politischen Gegner zu überlassen. Die klügere Antwort wäre also „Trump ist sogar zu dumm, Rassist zu sein“, doch das ist einen Dreh zu kompliziert für Wahlkampf.
In den Niederlanden trat das Burkaverbot in Kraft. Dieses greift in Ämtern, Kliniken und öffentlichen Verkehrsmitteln und brachte ein Echo der Empörung mit sich – zu Recht?
In Österreich führte das Burkaverbot zu polizeilichen Ermahnungen für Clowns und lustigen Werbehäschen. In Holland betrifft das Gesetz nach einer Studie der Gesellschaftswissenschaftlerin Annelies Moors etwa 100 notorische und 400 gelegentliche Burkaträgerinnen. Die Studie der Uni Amsterdam stammt von 2009, denn die Debatte begann bereits 2005 mit einer Initiative des Rechtspopulisten Geert Wilders. Ein Mann, dem man das Recht auf jederzeitige Gesichtsverschleierung nicht bestreiten möchte. Reizvoll wäre, nun zu untersuchen, ob die Zahlen unter dem Eindruck der Debatte anstiegen unterdes. Bevor Weidel, Klöckner und die CSU unter einem Schleier von Feminismus und Menschenrecht die Hackfresse der Intoleranz ins Haus schleppen.
Das angebliche Schweinefleischverbot in zwei Leipziger Kitas ging durch Deutschlands Medienlandschaft. Die Kita-Betreiber erhalten nun Gewalt- und Mordandrohungen. Was ist mit den Leuten los?
Ein Drittel des deutschen Schweinefleischs stammt aus den Schlachthöfen des Schalke- Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies. Er hat sich gerade für rassistisches Grunzen entschuldigen müssen. In dieser Perspektive bin ich bei jedem Schweinsverzicht gern dabei. Ansonsten halte ich es für möglich, in einer 300-KinderKita wie der Leipziger koscheres, halales, veganes oder gar leckeres Essen nebeneinander anzubieten.
Als Reaktion auf die tödliche Attacke im Frankfurter Hauptbahnhof meldete sich die AfD-Vorsitzende Alice Weidel bei Twitter: „Schützt endlich die Bürger unseres Landes – statt der grenzenlosen Willkommenskultur!“ Was möchten Sie antworten?
„Wrstl!?“ Der Mörder von Frankfurt ist Schweizer Staatsbürger, Frau Weidel ist Schweizer Steuerzahlerin – müssen die Ausländer ihre Konflikte unbedingt bei uns austragen?
Justizministerin Christine Lambrecht plant eine DNA-Analyse in der Strafverfolgung. Künftig sollen Tatortspuren eines mutmaßlichen Täters auch auf Hautfarbe, Alter und andere Merkmale untersucht werden können. Beunruhigt Sie dieser Entschluss?
Bisher durften DNA-Spuren auf das Geschlecht hin untersucht und in Datenbanken verglichen werden. Die weiteren neuen Erkenntnisse sind – keine, sondern: Wahrscheinlichkeiten. Teils zu Themen, die mit Strafverfolgung nix zu tun haben: Krankheiten etwa. Entscheidend am Gesetz wird also sein, ob es eine Brandmauer enthält zwischen irgendwelchen Wahrscheinlichkeiten – und der Fahndung nach ganzen Merkmalsgruppen.
Und was machen die Borussen?
Kirchentag, Fridays-for-Future-Sommercamp, Bayern abmayern – jetzt noch eine Städtepartnerschaft mit Baltimore.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“