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CO2-Grenzwerte in der EUMerkel zieht bei Brummis die Bremse

Bei Pkw-Grenzwerten für CO2 konnte sich Deutschland nicht durchsetzen – bei den Lkw trägt die Kanzlerin den Zwist mit der SPD aus.

Muss CO2-Emmissionen bis 2030 um 30 Prozent senken: Auspuffrohr eines Lkw Foto: dpa

Brüssel taz | Der Streit um die neuen europäischen CO2-Grenzwerte für Kraftfahrzeuge nimmt absurde Formen an. Nachdem sich Deutschland bei den Umweltauflagen für Personenwagen nicht durchsetzen konnte, hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nun bei Brummis und anderen Lastkraftwagen sozusagen die Notbremse gezogen: Sie wies Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) an, strenge neue EU-Ziele in Brüssel nicht mitzutragen.

Bei einem Treffen der EU-Umweltminister stimmten am Donnerstagnachmittag alle Mitgliedstaaten für verbindliche Grenzwerte, um den Ausstoß von Kohlendioxid bei neuen Lkw-Modellen bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent zu drücken. Nur Deutschland enthielt sich – gegen den eigentlichen Wunsch der Umweltministerin. „Sich in einer so wichtigen umweltpolitischen Frage zu isolieren, ist mehr als peinlich“, kommentierte Schulze das Ergebnis.

„Ich hätte dem letzten Kompromissvorschlag der österreichischen Ratspräsidentschaft gern zugestimmt, aber ich konnte mich mit dem Bundeskanzleramt nicht darüber verständigen“, sagte die SPD-Politikerin. Bei ihrer Ankunft in Brüssel hatte Schulze die Umweltvorgaben noch unterstützt. Doch mitten in den Beratungen mit ihren Ministerkollegen wurde sie aus Berlin zurückgepfiffen.

Der Vorgang zeigt einmal mehr, dass Kanzlerin Merkel (CDU) im Zweifel den Wünschen der Industrie folgt. „Die vorgeschlagenen CO2-Reduktionsziele sind unrealistisch“, hatte der Bundesverband de Deutschen Industrie schon im November gewarnt. Ein realistisches C02-Einsparziel für Lastwagen liege bei maximal minus sieben Prozent bis zum Jahr 2025 und bei minus 16 Prozent bis zum Jahr 2030.

Das Einsparziel liegt nun bei 30 Prozent bis 2030

Der EU-Beschluss geht weit darüber hinaus. Das Einsparziel liegt nun bei 30 Prozent bis 2030. Diese Vorgabe soll zwar 2022 noch einmal auf ihre Machbarkeit überprüft werden. Doch nur wenn sich die Umweltminister dann auf Änderungen einigen, soll das 30-Prozent-Ziel noch einmal revidiert werden. Demgegenüber hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, zunächst unverbindliche Ziele festzulegen.

Für die deutsche Autoindustrie ist dies bereits die zweite große Schlappe binnen einer Woche. Erst am Dienstag waren neue, strenge CO2-Grenzwerte für Pkw und Kleintransporter beschlossen worden. Bei Neuwagen soll der Ausstoß des Klimagases demnach bis 2030 um 37,5 Prozent sinken – die Bundesregierung wollte maximal 35 Prozent erreichen, konnte sich jedoch nicht durchsetzen.

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7 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Ich war neulich in einem Parkhaus unterwegs. Die Luft dort war zum Brechen. Hat die DUH an solchen Orten schon mal Messungen vorgenommen? Da wären Einfahrverbote dringend notwendig.

  • Die Dame von der SPD hätte sicher viel Lob aus der Bevölkerung bekommen, wenn sie gemacht hätte, was ein Mann aus den C-Parteien schon straflos auf EU-Ebene vorgemacht hat (damals zum Entsetzen der Menschen): gegen den Beschluss der Regierung abstimmen.

  • Die neuen Regierungsparteien heißen jetzt VW, Daimler, BMW, MAN usw.!

    Da es so oder so schon mehr Lobbyisten in Berlin gibt als Politiker, verwundert einen nichts mehr!



    Da die Wähler die Kanzlerin bezahlen, sollten wir sie auch feuern können, ohne uns auf Wahlen verlassen zu müssen, denn danach sind so oder so wieder die gleichen Köpfe in der Regierung, wie vor den Wahlen, denn die berufspolitiker, ohne jedwede Kompetenz im öffentlichem Leben, schachern sich die Posten eh so zu, dass niemand ganz ohne Diäten dastehen muss!

    Klimapolitik ist etwas für Politiker, die kuz vor dem endgültigen Ausstieg stehen, denn sie haben nichts mehr zu verlieren, wenn die Wirtschaft, die Industtrie und das Aktien Kapital nichtmit ihnen zufrieden sind, denn die horrent hohen Rentenzahlungen aus ihrer politischen Karriere lassen sie trotzdem sehr gut Leben!



    Unverständlich, dass ausgerechnet Merkel sich so vehement an die Wirtschaft anschmeichlt, denn sie wird die nächsten Wahlen sicher nicht überleben, weshalb sie es der Bevölkerung dennoch so richtig "Dreckig" ergehenlassen will ist deshalb unbegreiflich, denn sie könnte jetzt für Fakten sorgen, die in der Zukunft für reinere Luft sorgen könnten!!!

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @urbuerger:

      Es wäre so toll, wenn der Fahrzeug-, Maschinen- und Anlagenbau endlich auch noch aus Deutschland verschwände, Straßen zu Gärten würden wir alle unser Geld als Sozialarbeiter verdienen könnten. Muss doch gehen, oder?

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Diese Frau hieß mal Klimakanzlerin...

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @84935 (Profil gelöscht):

      Damit war warscheinlich das gute Klima der Union zur Kfz-Industrie, zu Kohle- und Energiewirtschaft, zur Landwirtschaft und das gute Klima zu Amerika gemeint.



      Unsere Luftqualität hat jetzt rein zufällig den gleichen Namen, aber damit hatte Frau M. bestimmt nichts am Hut.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Ach nein, wundert sich noch irgendjemand über Politikverdrossenheit?



    Es wäre wünschenswert, bei der nächsten Wahl direkt die Vertreter der Industrie ankreuzen zu können ohne vorher über Parteien zu gehen.