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CO₂-Abscheidung bei der Hannover MesseKohlenstoffdioxid soll endlich weg

Ob bei der Hannover Messe oder beim Spatenstich für ein klimaneutrales Zementwerk: CO₂-Emissionen sollen runter.

Die fünf von der Zementwerkbaustelle, darunter Habeck und Günther (2. und 3. v. l.) Foto: Georg Wendt/dpa

Hannover/Berlin taz | Mancher Versprecher passt nur zu gut. „Am CO₂ wollen wir nicht sparen“, rutscht es Bettina Stark-Watzinger zur Eröffnung der Hannover Messe raus. Nein, es sei natürlich das Wachstum, an dem nicht gespart werden solle, verbessert sich die Bundesforschungsministerin von der FDP sofort. Und: „Bitte nicht falsch zitieren.“

Stark-Watzinger ist gerade aus Norwegen zurückgekehrt, wo sie sich ein Bild von Projekten zur Abscheidung und unterirdischen Speicherung von Kohlenstoffdioxid gemacht hat. Die sogenannten CCS-Technologien (für Carbon Capture and Storage) sind laut ExpertInnen nötig, um auch in Bereichen mit kaum vermeidbaren Restemissionen Klimaneutralität zu erreichen – etwa in Teilen der Industrie. Einige Umweltverbände hingegen fürchten, CCS sei bloß eine Scheinlösung, die den Ausstieg aus den fossilen Energiequellen blockiert.

Norwegen ist das Partnerland der Hannover Messe, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntagabend eröffnet hat. Die größte Industriemesse der Welt steht in diesem Jahr unter dem Motto „Energizing a Sustainable Industry“ – Energie für eine nachhaltige Industrie. Es geht also darum, wie Unternehmen die Energiewende gestalten, ohne an Wirtschaftskraft zu verlieren. Aber eigentlich geht es zunächst vor allem: um CCS.

Keine Zeit für Technologie­verbote

Bettina Stark-Watzinger, Forschungsministerin (FDP)

Scholz kündigte an, beim Abscheiden von CO₂ mit Norwegen zusammenzuarbeiten. Beide Länder seien „fast symbiotisch miteinander verbunden“, schwärmt er vor Hunderten Ver­tre­te­r*in­nen aus Politik und Wirtschaft. Nicht alle Industrieprozesse würden sich bis 2045 vollständig dekarbonisieren. Das Öl- und Gasförderland Norwegen sei Vorreiter bei den Erneuerbaren Energien – und bei CCS technologisch führend. „Deshalb setzen wir gemeinsam auf diese Technologie im Kampf gegen den Klimawandel“, betonte Scholz.

„Alles CO₂Europas speichern“

Bedenken wegen möglicher Risiken versuchte der norwegische Premierminister Jonas Gahr Støre zu zerstreuen. Norwegen habe mehr als 25 Jahre Erfahrung mit CCS und könne „alles CO₂ Europas speichern“. Auch Bildungsministerin Stark-Watzinger fällt ein in den Chor der Stimmen pro CCS: Der Klimawandel lasse „keine Zeit für Technologieverbote“. Welche genau das sein sollen, lässt sie offen.

Ein Bericht im Auftrag der Bundesregierung betont im Einklang mit Studien, dass der Einsatz von CCS „in erheblichen Maßstab“ notwendig sei, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Ende Februar hat die Bundesregierung erstmals eine Strategie vorgelegt, die vorsieht, Kohlendioxid in der Nordsee zu verpressen. Das Umweltbundesamt warnte jedoch vor dem hohen Energieaufwand, der für Abscheidung, Transport und Speicherung von Kohlendioxid notwendig wäre. Viele Umweltverbände meinen, dass bis jetzt nicht nachgewiesen sei, dass die dauerhafte, sichere Lagerung großer Mengen verpressten Kohlenstoffdioxids im Untergrund gelingen könne.

Für eine weitere Art der CO₂-Abscheidung wurde am Montag in Lägerdorf an der Westküste Schleswig-Holsteins der Startschuss gegeben – auch mit viel Politik-Prominenz. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) vollzogen hier den ersten symbolischen Spatenstich für den Umbau eines Zementwerks, das bis 2029 klimaneutral sein soll. Bislang rangiert die Anlage des Schweizer Konzerns Holcim auf Platz zwei der CO₂-Emittenden in Schleswig-Holstein.

Die Emissionen entstehen, wenn Kalkstein bei bis zu 1.450 Grad Celsius zum sogenannten Klinker gebrannt wird. In Lägersdorf soll nun unter anderem eine neue Ofentechnik den CO₂-Ausstoß insgesamt jährlich um 1,2 Millionen Tonnen senken. Das bei dem Prozess weiter entstehende CO₂ soll nahezu vollständig abgeschieden und laut dem Unternehmen in der Lebensmittelindustrie für kohlensäurehaltiges Wasser oder in der Chemieindustrie als Rohstoff verwendet werden.

Derzeit entstehen bei der Zementproduktion in Lägerdorf etwa sechs bis sieben Prozent der CO₂-Emissionen Schleswig-Holsteins. Und dennoch gibt es Kritik an dem Projekt, so vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND): So benötigt das Zementwerk laut BUND nach dem Umbau das Dreieinhalbfache an Energie und das Fünfzehnfache an Kühlwasser. Auch der geplante Kreideabbau, mit dem Holcim seine Rohstoffversorgung für die nächsten 100 Jahre sichern wolle, vernichte Wald und Wiesen auf ehemaligen Moorböden. Der BUND forderte daher klimawirksame Ausgleichsmaßnahmen.

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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Bei MDR Wissen gabs jetzt mal nen tollen Artikel zu CCS. Kurz gesagt: CCS ist Scam. Es macht thermodynamisch von vorn bis hinten keinen Sinn. Man braucht ein vielfaches der Energie die man gewonnen hat beim Verbrennen der Kohlenwasserstoffe hat um das CO2 zu capturen und zu verpressen.

    Verdammt! Das wurde alles in den USA mit ihrem "clean coal" Dreck mit Milliarden ausprobiert und es ist komplett durch die Bank gescheitert. Und das was jedem der nen Mü von Chemie und Thermodynamik versteht von vornerein klar. Thermodynamik! Damit kann man nicht verhandeln, und man kann sie nicht umgehen.

    Und das was dieses Zementwerk machen will ist wohl ein absoluter Witz! Das ist nicht mal CCS, das ist CCR, Recycle. Was denken die wo das CO2 das sie ins Mineralwasser pressen hin geht. Ja von denen hat wohl noch nie jemand mal kräftig gerülpst nachdem sie nen Glas extra Spritzig getrunken haben... Und das CO2 ausm Dampfreforming das wir für H2 Produktion betreiben lassen sie dann da halt in die Atmosphäre anstatt es wie sonst in Wasser und Bier zu pressen. Tolle Maßnahme da in Schleswig Hollstein... Es existiert genau eine Methode um weniger CO2 bei Zementherstellung zu machen, weniger davon produzieren, das ist das einzige. Kalk ist CaCO3, man braucht CaO, über bleibt CO2, da können sie sich auf den Kopf stellen, daran ändert sich nix. Und das CO2 wird man auch eher nie thermodynamisch sinnvoll irgendwo verpressen.

  • "Der Klimawandel lasse „keine Zeit für Technologieverbote“. Welche genau das sein sollen, lässt sie offen."

    Das deutsche Kohlendioxid-Speichergesetz (KSpG) war ein de facto Verbot von CCS. Habeck, bis vor kurzem einer der größten Gegner dieser Technologie, macht jetzt das Spatenstich-Foto.

    www.deutschlandfun...chnologie-100.html

    • @Descartes:

      Habeck versucht eben, trotz FDP noch während der Rest-Regierungszeit etwas zu erreichen. Er ahnt/weiß wohl genau wie ich, was hinterher zu erwarten ist.

      Das Gehabe der FDP und der Schwarzen führt im Bezug auf "Zum Wohle des Volkes" ad absurdum, es geht nur noch um Selbstdarstellung und eine Zeitlang das Sagen zu haben.

  • Frag doch mal die Wissenschaft:



    Global und pauschal betrachtet gilt noch: 'the trend is not your friend'



    Aus dem taz-Archiv 9/2023



    "Denn die Diskrepanzen zwischen den Klimazielen und den derzeitigen Trends sind enorm: Im Schnitt würde es laut Studie noch rund 220 Jahre dauern, bis die Emissionen dieser Staaten um jene 95 Prozent reduziert werden, die im Pariser Klimaabkommen bis 2050 beschlossen sind. Auf dem Weg dahin würden die untersuchten Staaten 27-mal so viel emittieren, wie im Pariser Abkommen vereinbart."



    Zum Nachlesen:



    taz.de/Studie-uebe...issionen/!5957828/



    /



    Smarte Präsentation:



    www.hannovermesse....utrale-produktion/