CL-Spiel München gegen Madrid: Schüler gegen Lehrer
Reals Schreckgespenst: Trainer Carlo Ancelotti trifft mit dem FC Bayern auf seinen Ex-Klub und ehemaligen Assistenten Zinédine Zidane.
Statistiken gehören zum Fußball, egal, ob sie aussagekräftig, unsinnig oder einfach kurios sind. Und vor großen Duellen werden sie stets inflationär gehandelt. Dass Carlo Ancelotti noch kein Spiel in der Münchner Arena verloren hat, ist auf den ersten Blick eine eher belanglose Statistik, denn als Trainer des FC Bayern scheint dies derzeit kein großes Kunststück zu sein.
Aber die Erfolgsbilanz des Italieners beginnt weit vor seiner Münchner Amtszeit, genau gesagt vor elf Jahren, und hat zunächst nicht viel zu tun mit dem heutigen Spiel gegen Real Madrid. Damals trat er mit dem AC Mailand bei den Bayern im Champions-League-Achtelfinale an. Das 1:1 im Hinspiel war die Basis für den Einzug in die nächste Runde. Ein Jahr später trafen sich die beiden Teams wieder im Viertelfinale. Milan reiste nach einem 2:2 zum Rückspiel nach München und gewann 2:0. Der Höhepunkt von Ancelottis Gastspielen aber war das Halbfinale vor drei Jahren. Ancelotti war damals Real-Trainer, und Madrid demütigte die Bayern dank taktischer Meisterleistung 4:0 – die Nachwirkungen dieser Schmach im eigenen Stadion sind beim Rekordmeister bis heute zu spüren.
An diesem Mittwoch nun beim Viertelfinal-Hinspiel zwischen München und Real sitzt Ancelotti auf der Bank des FC Bayern. In erster Linie geht es in den nächsten sechs Tagen, nächste Woche folgt das Rückspiel im Bernabeu-Stadion, natürlich um den Einzug in die Runde der vier besten Mannschaften Europas. Nebenbei aber soll Ancelotti den Mythos der „Bestia negra“ wieder Nahrung geben. Schwarze Bestie wurde der FC Bayern bis vor drei Jahren von den Madrilenen wegen Reals negativer Gesamtbilanz in der Champions League gegen den deutschen Branchenprimus genannt. Gelingt das, ist Ancelotti auf dem besten Weg, den Bayern zum ersehnten sechsten größten europäischen Triumph zu verhelfen.
Der Italiener ist ein Champions-League-Trainer, das hat er mit Milan und Real gezeigt, und die derzeitige Form der Bayern ist ein Indiz dafür, dass ihm dies auch mit seiner aktuellen Mannschaft gelingen könnte. „Wenn es einer schaffen kann, den Titelverteidiger auszuschalten, dann vielleicht wir“, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge selbstbewusst. Das Zünglein an der Waage heißt für ihn Ancelotti. „Er kennt die Mannschaft aus dem Effeff“, sagt der Münchner Vereinschef. Wie auch der zweite Ex-Madrilene beim FC Bayern, Mittelfeldspieler Xabi Alonso, der sich nach dem Champions-League-Sieg 2014 aus Madrid verabschiedet hatte.
Beschränkungen auf beiden Seiten
Der Trainer sieht dies etwas anders. „Es ist kein Vorteil, dass ich bei Real Madrid Trainer war“, hatte Ancelotti bereits nach der Auslosung Mitte März verkündet. Aber sicher ist es auch kein Nachteil. Ebenso wenig, dass bei den Spaniern in Pepe und Raphael Varane zwei von drei erfahrenen Innenverteidigern ausfallen. Zwar müssen die Münchner in Mats Hummels ebenfalls auf eine Säule in der Abwehr verzichten, aber Ersatz Jérôme Boateng ist gewiss keine Notlösung, auch wenn ihm nach längerer Verletzungspause noch etwas die Fitness fehlt.
Der aktuelle Real-Trainer Zinédine Zidane hat einst Ancelotti assistiert, ehe er ihn 2015 ablöste und dessen Arbeit fortsetzte. Der Franzose spricht von einem Treffen „eines Lehrers mit seinem Schüler“. Dass er die Lektionen verinnerlicht hat, bewies er im vergangenen Jahr, als er Real zum Champions-League-Sieg führte. Aber derzeit läuft es trotz Tabellenführung in der Primera Division nicht rund. Das Sturm-Trio bestehend aus Ronaldo, Gareth Bale und Karim Benzema trifft nicht mehr so verlässlich wie in den vergangenen Jahren. Bei den Bayern sind dagegen Arjen Robben, Franck Ribéry und Robert Lewandowski – trotz leicht lädierter Schulter – in bestechender Form. Und die Statistik spricht ohnehin für den Bundesliga-Tabellenführer. Das war allerdings schon 2014 so.
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