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CDU in Sachsen-AnhaltDas Abgrenzungsproblem

Andreas Speit
Kommentar von Andreas Speit

Die Nähe der CDU in Sachsen-Anhalt zur AfD ist notorisch: Ein Rechtsextremer wurde in Wernigerode offen von der CDU für ein Amt empfohlen.

Peter Gaffert, Oberbürgermeister von Werningerode, hat auf den falschen Kandidaten gesetzt Foto: M.Popow/imago

D er Druck wirkte. Am Donnerstag sollte Rüdiger Dorff in Wernigerode stellvertretender Oberbürgermeister werden. In der idyllischen Harzstadt in Sachsen-Anhalt hatte Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) den Leiter des Dezernat Gemeinwesen vorgeschlagen.

Mit großen Worten empfahl Gaffert den mit CDU-Unterstützung getragenen Kandidaten. Er sei seine „erste Wahl“. Die „erste Wahl“ steht jetzt aber nicht mehr zur Wahl. In einer Pressemitteilung der Stadt teilte Gaffert mit, dass Dorff nicht mehr antreten möchte. Seit Jahren ist in der Stadt bekannt, dass Dorff aus der extrem rechten „Deutschen Gildenschaft“ und „Freibund – Bund Heimattreuer Jugend e.V.“ kommt. Bereits vor vier Jahren verhinderte eine Debatte um seinen Hintergrund, dass er Vizebürgermeister wurde. Ihn trotzdem als Kandidaten zu präsentieren, offenbart die anhaltenden Abgrenzungsprobleme des konservativen Milieus zum extrem rechten Spektrum in Sachsen-Anhalt. Drastischer formuliert, ist es ein politischer Offenbarungseid.

In der Stadt lösten aber wohl erst Berichte der Volksstimme und der taz über Dorffs erneute Kandidatur trotz der politischen Vita stärkeren Druck aus. Eine Demonstration wurde angemeldet, eine Onlineptition gestartet, Hintergrundgespräche liefen. Der Rückzug folgte. Dass Gaffert in der Mitteilung die Entscheidung bedauert und Dorff sich als Opfer ausführlich darstellen kann, belegt erneut die Problematik. Auf kommunaler Ebene spiegelt sich die landespolitische Ebene – und umgekehrt. Im „Großen“ stört es die Landes-CDU nicht, der AfD im Landtag bei der Debatte um die Rundfunkerhöhung zuspielen, im „Kleinen“ kann sie dann auch einen Kandidaten von weit rechts empfehlen. Das Habituelle und Politische ist hier nahe beieinander.

Die Strategie der extremen Rechten, in die Institutionen zu gehen – von Verwaltung bis Justiz –, um politischen Einfluss zu gewinnen, wurde bislang ignoriert. In den vergangenen Jahren hat nicht nur der geschasste Innenminister, sondern die Landes-CDU immer wieder mit der AfD geliebäugelt. Das Symptom Sachsen-Anhalt ist also nicht überraschend – erregt jetzt aber wenigstens öffentliche Aufmerksamkeit und Widerstand.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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2 Kommentare

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  • Hallo,

    jetzt endlich scheint es mal konkret zu werden.

    Nachdem ich in diesem Leserforum mehrfach gebeten hatte ( zuletzt am 9.12./10:38, [ 1 ] ), die im redaktionellen Teil und in zahlreichen Leserkommentaren erwähnte „Nähe der CDU ( Partei und/oder Fraktion ) in Sachsen-Anhalt zur AFD …“ doch bitte durch für die Öffentlichkeit zugängliche Quellen zu belegen, finde ich hier den Vorgang um die Personalie Rüdiger Dorff ( Wernigerode ) beschrieben.

    Gut so: Ihrem Autor Andreas Speit stimme ich ausdrücklich zu, was die Verwicklungen des Rüdiger Dorff in rechtslastige Vereine angeht. Allerdings beschreibt er hier eben nur diesen Fall als Nachweis dafür, daß „ … in den vergangenen Jahren … nicht nur der geschasste Innenminister, sondern die Landes-CDU immer wieder mit der AfD geliebäugelt ( habe ).“



    Ich finde aber die durchaus peinliche Causa Dorff als einzigen Beleg schon recht dünn für einen Autor, der sicherlich mehr Möglichkeiten hat, um auf Archive zuzugreifen.

    Darüber hinaus lohnt auch der Blick in die Lokalpresse. Diese allerdings zitiert aus dem Stadtrat Wernigerode auch den dortigen SPD-Fraktionschef Kevin Müller [ 2 ] dahingehend, daß er „ … auf das Urteil des OB … ( vertraue ), … wenn Gaffert sich Dorff als seinen Stellvertreter ... " wünsche. „Wir wollen Dorff keine Steine in den Weg rollen.“

    Wenn sich der SPD-Fraktionschef in Wernigerode dergestalt zur Causa Dorff einläßt, woher dann die Empörung der Landes-SPD zu Herrn Stahlknecht ?

    Daß der berechtigte Kampf gegen das Umfeld der AFD mittlerweile den Weg der Selbstermächtigung nimmt, überrascht auch nicht [ 3 ].

    [ 1 ] taz.de/CDU-Krise-i...bb_message_4053691

    [ 2 ] www.volksstimme.de...athaus-wernigerode

    [ 3 ] www.volksstimme.de...htet-um-sein-leben

    Netter Gruß,



    Thomas Dräger, D-67098

  • Das Problem ist... Entnazifizierung hört nicht irgendwann auf, das muss ein ständiger Prozess sein - gerade in selbsternannten Sammelbecken für den rechten Rand wie CxU