CDU fordert Publikumsbefragung: Wen erreicht das Bremer Theater?
Die CDU findet die Inszenierungen des Bremer Theaters „manchmal zu verkopft“ und bezweifelt, dass sie „die Stadt in ihrer Breite“ erreichen.
In Zahlen gemessen steht das Haus gut da, seit Michael Börgerding dort zur Spielzeit 2012/13 Chef wurde. So viel hat Rohmeyer schon erfahren, in einer langen Antwort der rot-grünen Landesregierung auf seine Große Anfrage hin. Im Stadtparlament wird darüber nun vermutlich im Januar debattiert.
Die Zahl der BesucherInnen, so rechnet es der Senat vor, ist in den letzten fünf Spielzeiten kontinuierlich gestiegen, von knapp 157.000 auf zuletzt rund 185.000. In der Folge hat die Auslastung in den letzten vier Spielzeiten von damals 62 auf jetzt 73 Prozent zugenommen.
Damit ist das Bremer Theater fast schon so gut wie jene in Düsseldorf, Essen, Hannover, Leipzig oder Nürnberg. Und die haben allesamt einen höheren Etat als das hiesige Stadttheater. Das spielt, rein finanziell betrachtet, eher in einer Liga mit Städten wie Wiesbaden, Kassel oder Darmstadt, die nicht mal halb so groß sind.
Auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Theater nimmt zu – in den letzten zehn Jahren stieg ihr Anteil am Publikum von 23 auf 31 Prozent. Nur die Zahl der Abonnements sinkt weiterhin kontinuierlich, in den letzten drei Spielzeiten um jeweils 4 Prozent.
Intendant Hans-Joachim Frey, der trotz hoher BesucherInnenzahlen vor allem Schulden hinterlassen hat, verlor allerdings deutlich mehr: jeweils 17 Prozent in seinen letzten beiden Spielzeiten. Der Ära Frey ist es auch zu verdanken, dass zwischen 2012 und 2017 am Bremer Theater knapp 30 Stellen abgebaut wurden.
„Unter keinen Umständen“ wolle er das Theater aber nur an solchen Zahlen messen, sagt der CDU-Kulturpolitiker, der sich „als Streiter für ein subventioniertes Stadttheater“ sieht. Ihm fehlt aber dessen Akzeptanz in Walle, Huchting oder Blockdiek: Er habe Zweifel, ob das Theater am Goetheplatz „die Stadt in ihrer Breite“ erreiche, so Rohmeyer.
Durch Zahlen belegen lässt sich das aber nicht, denn der Senat hat dazu gar keine. Auch zur Frage, wie viele Menschen mit einer Migrationsgeschichte ins Theater gehen oder wie viele Besucherinnen aus bildungsferneren Schichten kommen, gibt es keine Daten, und wenn, dann stammen sie aus einer sieben Jahre alten Publikumsbefragung. Die CDU will deshalb eine solche initiieren, nach dem Vorbild aus Oldenburg, dessen Staatstheater seine Gäste 2017 ausgiebig befragt hat.
Theater für Intellektuelle?
Dann könnte man sich bei den Leuten auch gleich umhören, wie ihnen die Inszenierungen denn so gefallen haben. Rohmeyer nämlich findet sie „manchmal zu verkopft“ – in Bremen werde zu viel „Theater für Intellektuelle“ gemacht, sagt er, dabei gebe es ja auch Menschen, „die sich im Theater einfach nur unterhalten lassen wollten“. Und das auf Boulevardtheater spezialisierte Packhaustheater im Schnoor etwa werde „überrannt“, so der CDU-Politiker.
Die letzte Saison war die „wirtschaftlich erfolgreichste“, seit er vor 16 Jahren in Bremen angefangen habe, sagt der Theatermacher Knut Schakinnis, der auch das benachbarte Theaterschiff bespielt. Bei einer Auslastung von knapp 73 Prozent und knapp 500 Vorstellungen kamen rund 65.000 BesucherInnen.
Zufriedener Senat
„Unterhaltung können wir auch!“, entgegnet Stadttheater-Intendant Börgerding, dem auch Miriam Strunge von der Linkspartei attestiert, „richtig gute Arbeit“ zu machen. Rohmeyer mache sich „zum Anwalt eines gefühlten Publikums“, so die Kulturpolitikerin.
Börgerding hält die Kritik, sein Theater sei zu verkopft, „einfach für Unsinn“. Ja, vielleicht bediene sein Haus im Musiktheater „nicht das Operettenpublikum und nicht das Musicalpublikum“, erklärt er. „Ich würde lieber sagen, wir nehmen es ernst: das Publikum wie das Genre.“ Auch der rot-grüne Senat zeigt sich zufrieden: Das Stadttheater unternehme „große Anstrengungen“, um neues Publikum zu gewinnen, ohne das alte zu verlieren.
Einer Publikumsbefragung stehen übrigens sowohl Strunge wie auch der Intendant eher skeptisch gegenüber. „Sie kosten viel Geld und bringen in aller Regel wenig, das man als Theatermacher nicht schon wüsste“, so Börgerding.
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