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CDU-Politiker über Haushaltsüberschuss„Nicht alles gleich wieder raushauen“

Deutschland hat einen Haufen Geld übrig: Der Bundeshaushalt hat 2016 mit einem Überschuss von 6,2 Milliarden Euro abgeschlossen. Wohin damit?

Wenn man schuldenfrei ist wie Stuttgart, kann man sich auch ein Opernhaus aus Gold leisten Foto: dpa
Interview von Jana Anzlinger

taz: Herr Kaufmann, Sie machen für die Union Bildungspolitik im Bundestag. Was halten Sie von dem Vorschlag, mit dem Geld marode Schulen zu sanieren?

Stefan Kaufmann: Da bin ich strikt dagegen. Es war ja klar: Sobald Geld übrig ist, treten wir in einen Wettstreit der Ideen ein. Ich finde es gut, dass der Finanzminister gleich seinen eigenen Vorschlag gemacht hat. Es macht Sinn, Schulden zu tilgen. Und falls wir doch etwas investieren, dann in Zukunftsthemen.

Für ordentliche Schulen müssen sowieso die Länder und die Kommunen sorgen. Die Länder haben ihre eigenen Haushaltsüberschüsse. Es ist nicht Aufgabe des Bunds, auf einmal Schultoiletten zu sanieren. Egal aus welchen Mitteln! Wenn wir einen Teil der 6 Milliarden investieren, dann sollten wir zum Beispiel weiter die Bildung digitalisieren.

Was meinen Sie damit: die Bildung digitalisieren?

Im Interview: Stefan Kaufmann

Stefan Kaufmann, 47, sitzt für die CDU im Bundestag. Er ist Obmann der Union im Ausschuss für Bildung und Forschung.

Das heißt, dass wir die Schulen fit machen für die digitale Zukunft. Da geht es um so Fragen wie Netzzugang. Dafür plädiere ich nicht nur, weil das mein Arbeitsbereich ist. Ich sehe da einen großen Nachholbedarf.

Also doch das Geld den Schulen geben, aber für Digitalisierung? Wäre das nicht auch Ländersache?

Die Digitalisierung hat eine ganz andere Priorität. Bei der hinkt Deutschland hinterher. Hier sollten wir nachhelfen, das hätte einen nachhaltigen Effekt. Wenn wir schon mal besondere Ressourcen übrig haben, sollten wir damit für unsere Zukunft vorsorgen – entweder mit Investitionen oder indem wir den Schuldenberg abtragen. Damit schaffen wir Spielraum, um die Schuldenlast der Zukunft zu finanzieren. Meine Heimatstadt Stuttgart ist ein gutes Beispiel: Seit die Kommune praktisch schuldenfrei ist, hat sie ganz andere Möglichkeiten.

Die SPD schlägt vor, den Bürgern ihr Geld zurückzugeben. Haben CDU und SPD die Plätze getauscht?

Ich finde die SPD da unglaubwürdig. Das ist doch nur Wahlkampf. Wir wollen auch Steuern senken. Aber das hat nichts mit dem aktuellen Überschuss zu tun.

Ist dieser Überschuss einem Investitionsdefizit geschuldet? Also: Hätte er nie entstehen dürfen?

Das halte ich für eine müßige Frage. Das Geld ist jetzt da. Da zahlt sich eben solide Haushaltspolitik aus, ohne dass deswegen Investitionen vernachlässigt werden müssen. Wir haben das Geld mit Einsparungen erwirtschaftet und dank der Niedrigzinsphase. Wie lange die noch anhält, wissen wir nicht. Man muss nicht alles Geld, das man verdient, gleich wieder raushauen.

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13 Kommentare

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  • Herr Schäuble würde das Geld sicher gerne auf einer Bank liegen lassen, schön investiert, damit es sich vermehrt. Einfach so, um es zu haben. Dass irgendwer Entbehrungen leidet, kann er gut ausblenden, solange er selbst nicht betroffen ist.

    Er ist nun mal ein Schwabe.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Alles raushauen, sinnvoll investieren und vom ersten Cent an die Rechnungshöfe einbeziehen, um die Schwarzbücher dünner zu halten.

    Der FiMi kann sich dann trotzdem noch an seiner schwarzen Null erfreuen.

  • kauft vonn den 6 milliarden sonnenpanelen und pflanzt sie auf alle oeffentlichen gebaeude. das ist die einzig wirklich sinnvolle, nachhaltige und logische investition.

  • "Deutschland hat einen Haufen Geld übrig:"

     

    Ja ne, is klar:

    6.200.000.000 plus gegenüber

    2.100.000.000.000 Schulden...

     

    Wenn Milchmädchen rechnen.

    • @Jens Frisch:

      P.S. Mittlerweile sind es schon 2,4 Billionen Euro Schulden...

  • Wir dürfen auch nicht vergessen, dass viele Menschen aus Verzweiflung und aus Enttäuschung für die AfD stimmen. Last uns diese Menschen zurück gewinnen und lasst uns wenig Grund für Verzweiflung und Unzufriedenheit geben. Wir können nicht mit dem gesparten Betrag die Schulden wesentlich tilgen. Wir haben mehrere Krisen hinter uns. Wir müssen etwas mehr an die heutige Zeit denken. Es kann doch einfach nicht sein, dass einige Menschen unter uns, und das sind nicht wenige, ihr Leben lang nur gespart haben. Das Geld sollte das Leben von Menschen verbessern und zwar jetzt, nicht nach vielen Jahren! Natürlich auch in die Zukunft muss investiert werden, aber bitte nicht alles!

  • Wir haben momentan eine schwere Zeit und einen Positiven Umbruch seit etwa zwei Jahren in der Politik. Das Geld sollte vollständig für Menschen ausgegeben werden. Wahrscheinlich 50 % der Menschen in unserem Land sparen sehr stark. Stark daran schuld sind: die Entwicklung der Mieten und die Fokussierung vieler Unternehmen auf alleinige Gewinnmaximierung.

  • Da zaubert der Finanzminister mit dreisten Buchhaltungstricks Überschüsse aus dem Hut, und die ganze Republik streitet über die Verwendung dieser Luftnummern. Das ist schon surreal.

     

    Allein durch die Ausgabe von langlaufenden hochverzinsten Anleihen (bei Marktzinsen knapp über 0) hat die Finanzagentur 2016 "Gewinne" von ca. 7 Mrd. Euro "erzielt". "Gewinne", die mit höher Zinszahlungen in der Zukunft erkauft sind. Herr Schäuble profitiert nicht nur von den aktuell niedrigen Zinsen, sondern er verfuttert die niedrigen Zinsen für die nächsten 20 Jahre gleich mit. https://www.welt.de/wirtschaft/article159224604/So-ruecksichtslos-schoent-Deutschland-seine-Schulden.html

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Das alte Lied:

    Bildungspolitiker wollen Schulen nicht sanieren. Klar, sein Schreibtisch steht ja auch im Trockenen.

    ..und dass die Ossis grundsätzlich weniger ham, muss mindestens 40 Jahre durchgezogen werden - zur Strafe!

    Aber:

    Für Panzer ist immer Geld da.

  • Ja, ja, Herr Kaufmann hat vollkommen recht. Das Geld nicht gleich raushauen. Schließlich wird dieses Geld gebraucht, um die anfallenden Zinslasten für die ÖPP (öffentlich-private-Partnerschaften) schultern zu können.

    Nachdem es dank der SPD nicht zu einer direkten Privatisierung unserer Fernstraßen gekommen ist, werden durch die Hintertür, mit den besagten ÖPP, doch lukrative Angebote an die Reichen der Republik gemacht. Aber vielleicht hat Herr Kaufmann soweit gar nicht gedacht?

  • Ich finde es ziemlich krass, dass die soziale Frage hier außen vor gelassen wird.

     

    Was bedeutet denn Schulden tilgen? Es den Gläubigern zu geben, nicht? Und wer sind die Gläubiger? Finanzunternehmen (Banken, Versicherungen...) und Wohlsituierte. Und von wem werden die Zinsen letztendlich gezahlt? Richtig, von den Steuerzahlern - wobei hier übermäßig die arbeitende Bevölkerung belastet wird. Soll heißen hier werden Arbeiterinnen noch gezwungen für die ungerechte Wohlstandsverteilung zu zahlen.

     

    Siehe zum Beispiel: http://www.zeit.de/2004/21/Verteil__Effekte

    • @SomeoneOutThere:

      Genau so sehe ich das auch. Danke für den Link!

      Deshalb denke ich, dass Schuldentilgung der einzig richtige Weg ist, um dieser Vermögensumverteilung von unten nach oben ein Ende zu setzen – zumindest solange sich eine Annullierung der Schulden nicht durchsetzen lässt.

  • Verrottende Infrastruktur hat die mit Abstand höchsten Zinsen.