CDU-Politiker Marco Wanderwitz: Schmerzhafter Abgang eines Standhaften
Wanderwitz ist einer von vielen Politikern, die sich wegen Hass von rechts zurückziehen. Dabei braucht die Demokratie jetzt liberale CDU-Politiker:innen wie ihn.
J etzt also Marco Wanderwitz. Der CDU-Abgeordnete aus Sachsen hat angekündigt, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Der Hauptgrund: Anfeindungen und Bedrohungen von rechts. „Ich muss mich und meine Familie schützen“, sagt Wanderwitz. Als Abgeordneter, der besonders entschlossen für ein AfD-Verbot kämpft, hat er im heimischen Erzgebirge viele Feinde. Persönlich ist sein Rückzug also nachvollziehbar. Für den Zustand dieses Landes ist es erneut ein Alarmzeichen.
Wanderwitz ist ja nicht der Erste, der diese Konsequenzen zieht: Viele Politiker*innen, vor allem aus Ostdeutschland, geben auf, weil sie dem Druck von rechts nicht länger standhalten wollen oder können. Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas, Wanderwitz’ Partnerin, hat schon vor Monaten angekündigt, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren.
Dasselbe gilt für den SPD-Abgeordneten Karamba Diaby. Der parteilose Landrat Dirk Neubauer hat hingeschmissen; zahlreiche Bürgermeister*innen haben aufgegeben. Ein Punkt, den alle von ihnen beklagen: der fehlende Rückhalt der Zivilgesellschaft. Diese zu unterstützen, etwa durch das lang erwartete Demokratiefördergesetz, muss Aufgabe der neuen Bundesregierung sein – ganz egal, wer dann den Kanzler stellt.
Bei Magwas und besonders Wanderwitz aber kommt noch hinzu: Der Gegenwind kam auch aus der eigenen Partei. Dass die beiden sich zurückziehen, hat auch damit zu tun. Sie sind liberale Christdemokrat*innen, da hat man es in der besonders konservativen Sachsen-CDU ohnehin schwer. Wanderwitz hat seiner Partei zudem einiges zugemutet. Die hatte den Rechtsextremismus im Land lange verleugnet.
Er brach mit dem Kleinreden
Wanderwitz war einer der Ersten, der mit dem Kleinreden und dem Verharmlosen brach und statt Anbiederung offensiv klare Kante gegen die AfD einforderte. Dass er dabei vor Jahren die Ostdeutschen als „diktatursozialisiert“ bezeichnete und einen Teil von ihnen für die Demokratie verloren gab, machte das Ganze nicht leichter. Statt sich – bei allen inhaltlichen Differenzen – vor ihn zu stellen, erklärte ihn Ministerpräsident Michael Kretschmer zum Sündenbock für schlechte Wahlergebnisse und kanzelte ihn ab.
Der CDU kommt bei der Verteidigung der Demokratie eine Schlüsselstellung zu. Sie muss eine klare Grenze zu rechten Antidemokraten ziehen und der AfD den Weg an die Macht versperren. Um diesen Kurs auch bei sehr schwierigen Mehrheitsverhältnissen zu halten, braucht es Christdemokrat*innen, die dafür einstehen, auch wenn es hässlich wird. Solche wie Wanderwitz. Das macht seinen Rückzug besonders schmerzhaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe