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CDU-AustrittErika Steinbach geht rechts ab

Die als rechts außen geltende menschenrechtspolitische Sprecherin rechnet mit Merkels Flüchtlingspolitik ab und wünscht die AfD in den Bundestag.

Am 30. August 2014 schien noch alles in Ordnung zu sein zwischen Steinbach (l.) und Merkel Foto: dpa

Berlin taz | Erika Steinbach verlässt die CDU. Am Wochenende verkündete die menschenrechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, die Partei, der sie seit 42 Jahren angehört, aufgrund der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel zu verlassen.

In einem Interview in der Welt am Sonntag „bedauert“ Steinbach, die als Rechtsaußen in der Partei gilt, Merkels Entscheidung, Flüchtlingen in Deutschland nach wie vor Schutz zu bieten. Das hält Steinbach für falsch und hatte das immer wieder, zum Teil mit fragwürdigen Äußerungen und Tweets, kritisiert.

Ihre Entscheidung sei nach „quälenden Überlegungen“ gefallen, sagte Steinbach. Sie habe sich zwei Fragen gestellt: „Würde ich aktuell CDU wählen? Nein. Würde ich heutzutage gar in die CDU eintreten? Nein.“

Unabhängig von dem jetzigen Schritt acht Monate vor der Bundestagswahl hatte Steinbach bereits vor zwei Jahren angekündigt, 2017 aus dem Bundestag auszuscheiden.

Zuspruch von der AfD

Die Politikerin kritisierte im Interview nicht nur „die ungesteuerte Massenzuwanderung“, sondern auch die innere „Sicherheitslage“ in Deutschland, die sich seit der „Grenzöffnung signifikant verschlechtert“ habe, den Umgang mit Terroristen ebenso wie die „finanziellen Verpflichtungen“ Deutschlands nach Einführung des Euros, an der „noch unsere Kinder und Kindeskinder“ zu tragen hätten.

Die CDU sei zu einem „Torso ihrer selbst geworden“, sagte Steinbach. Sie hoffe, „dass die AfD in den Bundestag einzieht, damit es dort endlich wieder eine Opposition gibt“.

Von der AfD erhielt die 73-Jährige erwartungsgemäß Zuspruch. AfD-Vize Alexander Gauland sagte, er wolle mit Steinbach über ihre weiteren politischen Pläne sprechen, sie aber nicht bedrängen, in die AfD einzutreten. AfD-Vize Beatrix von Storch bezeichnete Steinbachs Schritt als „konsequent“.

Die Union hielt sich mit Kommentaren zum Austritt auffallend zurück. CDU-Generalsekretär Peter Tauber antworte bei Twitter auf die Frage, ob es zur Causa Steinbach eine Stellungnahme geben werde, schlicht mit „Nö“.

Konservativ ist nicht reaktionär

Stefan Kaufmann, in der Unions-Bundestagsfraktion Obmann für Bildungspolitik, twitterte, er werde Steinbach „nicht vermissen“. Sie habe sich zu oft im Ton vergriffen. „Und konservativ ist nicht reaktionär“.

Manfred Pentz, CDU-Generalsekretär in Hessen, bedauert den Austritt, weist aber gleichzeitig Steinbachs Vorwürfe gegenüber Merkel als „haltlos und maßlos“ zurück. Konsequenterweise müsste Steinbach auch ihr Bundestagsmandat niederlegen, „das sie über die CDU geholt und der Partei zu verdanken hat“, sagte Pentz auf der Homepage der Hessen-CDU.

Ihr Bundestagsmandat will Steinbach behalten. Die Verwaltungsfachwirtin, die in Danzig-Westpreußen im heutigen Polen geboren wurde, war bis 2014 Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Jürgen Trittin, Ex-Umweltminister und Chef der Grünen im Bundestag, ließ es sich nicht nehmen, ironisch zu twittern: Steinbach „gründet den Verband der Vertriebenen aus der CDU“.

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26 Kommentare

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    • @Nikolai Nikitin:

      "Schmerzfrei" war sie doch noch nie - oder?

  • "Vertriebene" soll man nicht aufhalten.

  • Einst haben die Nazis in Polen massenhaft gemordet. Klar, dass ein Land mit gutem Grund solche Eindringlinge loswerden wollte. Und der Vater von Frau Steinbach war als hochrangiger Wehrmachtsoffizier in Polen. Er wurde 1950 aus sowjetischer Kriegsgefgangenschaft entlassen. Erika Steinbach hatte dann Polen schon als Kind verlassen müssen. Was denn sonst? Das war eine zwingende und richtige Entshceidung der neuen Regierung in Polen.

     

    Aber statt Verständnis für die polnische Entscheidung zu haben, giftete die Frau noch lange nach dem Krieg gegen die Polen und gegen ihre Vertreibung. Es wundert sehr, dass die CDU das ethisch mit sich ausmachen konnte, diese Frau aufzustellen und ständig in den Bundestag wählen zu lassen.

     

    Whrend ihrer Zeit als Abgeordnete feindete sie Polen an. Und es ist auch den polnischen Regierungen bis heute zu verdanken, dass sie diese Frau besonnen ignorierten. Sonst hätte schwerer Schaden entstehen können. Aber irgendwann eine Besinnung in der CDU gegen diese Frau? Nein.

     

    Merkwürdig auch, dass es bis 2014 ein Vertriebenverband als Vertriebenenschicksal ansah, was der Frau zugestoßen war und sie sogar zur Vorsitzenden bis dahin wählte.

    • @Celsus:

      Mit Ihrer Kritik an dem verbrecherischen Krieg der Wehrmacht, der Waffen-SS, usw. haben Sie selbstverständlich absolut Recht. Die Vertreibung der Deutschen aus Polen, wie auch aus anderen Ländern des Ostens und Südostens Europas waren 'ethnische Säuberungen', die als Verbrechen gegen die Menschheit zu werten und durch nichts zu rechtfertigen sind.

      • 4G
        4845 (Profil gelöscht)
        @Nikolai Nikitin:

        "Die Vertreibung der Deutschen aus Polen, wie auch aus anderen Ländern des Ostens und Südostens Europas waren 'ethnische Säuberungen', die als Verbrechen gegen die Menschheit zu werten und durch nichts zu rechtfertigen sind."

         

        Das ist richtig. Fakt ist aber auch, dass die Vertreibung der Deutschen ab 1944/45 in den Kontext des zweiten Weltkrieges und den davor begangenen Verbrechen gehört und zu jener Zeit auch andere Völker vertrieben wurden, so eben auch Polen (u.a. aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten). Gerade jene durch die Siegermächte zu verantwortenden Vertreibungen ab 1944/45 sind ein Unrecht und ein Leid das ganz besonders Deutschen und die Polen betraf. Aber Frau Steinbach hat stets verhindert oder zumindest behindert, dass dieses gemeinsam erlittene Unrecht und Leid in einem versöhnlichen Sinne zwischenPolen und Deutschen aufgearbeitet wird. Stattdessen hat sie mit ihrer Hetze bewusst und gezielt weiter Zwietracht zwischen unseren Völkern gesäht.

        • @4845 (Profil gelöscht):

          Alles richtig, was Sie zur Vertreibung von Deutschen, Polen und anderen Völkern im Kontext zum II. WK schreiben. Sehe ich exakt auch so. Was Frau Steinbachs Rolle bei der Versöhnung zwischen Deutschen und Polen oder deren Verhinderung anbelagt, wage ich nicht abschließend zu beurteilen.

  • Die ehem. Präsidentin der Vertriebenen von damals geifert gegen die Flüchtlinge von heute. Unter denen sind ihr vermutlich nicht genug Nazis.

  • Bevor jetzt hier alle jubeln ein kleiner Gedanke: Frau Steinbach saß 40 Jahre für die CDU im Bundestag. Es ist unwahrscheinlich, dass sie das schafft wenn sie keine Basis hätte.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Die Hetzerin Steinbach wäre eigentlich in der NPD noch besser aufgehoben...

  • Und jetzt bitte schnell nach Powiat Wejherowski abschieben, wo sie herkommt.

     

    Sie ist ja offenbar nicht fähig zur Integration. Dass Abschiebungen über 70 Jahre dauern, kann ja wirklich nicht angehen.

  • "Gut, dass ja bestimmt alle "Heimatvertriebenen" Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gewesen wären und dass in dem Zuge keine Kriegsverbrecher (Terroristen) in die BRD gelangen konnten."

     

    Nö, ... ist aber auch egal ... die Flüchtlinge 1945 hatten leider kein Recht zu entscheiden, ob sie im Osten bleiben oder in den Westen gehen. Alle die bleiben wollten, wurden unsanft gen Westen befördert. Damit waren alle (!) Ostflüchtlinge in einer GefahrenLage, die Steinbach jetzt bei vielen unter den Flüchtlingen der Neuzeit vermisst.

  • Erika Steinbach muß man nicht mögen.

    Sicher hat sie auch manchmal verbal Grenzen überschritten. Aber das tun auch Politiker anderer Parteien, ohne wäre geradezu langweilig.

    Man sollte schlussendlich eines nicht verkennen: An Merkels Politik und Merkels "Methode", Politik zu "gestalten", gibt es viel sachliche und sachlich begründbare Kritik, die auch von anderen NOCH- oder EX-CDUlern wiederholt öffentlich formuliert wurde.

    Man sollte hier auch von linker Seite sachlich kommentieren und nicht ideologisch-verzerrt, sonst überschreitet man schnell die selbstdefinierten "Grenzen".

  • Es ist wohl eher selten, dass ein/e für Fragen der Menschenrechte gewählte Politiker/in der eigenen Regierung für deren Politik der Wahrung bzw. Anwendung der Menschenrechte den Rücken zukehrt.

     

    Möge sie mit Eva Herrmann, Akif Pirincci und Hendryk Broder eine neue "Partei des rechten Weges" gründen. Die haben ihre Kragenweite.

  • "Erika Steinbach verlässt die CDU"

     

    Geht das denn überhaupt noch?

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Da hat die CDU aber glück gehabt!^^

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Na, Herr Sarrazin, wollen Sie nicht auch Ihrer Partei diesen Gefallen tun?

    Sie fallen da nicht groß auf, wie Frau Steinbach in der CDU auch nicht groß aufgefallen ist, wenn sie mal längere Zeit nicht ausfällig wurde.

  • Wer wird ihr dort eine Träne nachweinen? Vielleicht wird Angela Merkel betrübt sein, sich in ihr so getäuscht zu haben, dass sie sie einmal für eine Freundin hielt. Auch das geht vorüber..

     

    Aber - überraschend kam das nicht. Wer interessiert sich denn heute für sie? Und die Aufmerksamkeit in der Presse, die sie offenbar wieder einmal brauchte, hat sie ja nun wohl endlich auch bekommen.

     

    Sonst noch was?

  • "Ein erheblicher Teil der Menschen, die nach Deutschland kamen, seien „keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention“, sagte die ehemalige Präsidentin des Bunds der Vertriebenen. „Mit den Migranten kamen nicht nur Schutzsuchende ins Land, sondern, wie viele von Anbeginn an gewarnt haben, auch Terroristen,“ sagte sie weiter. Die Sicherheitslage habe sich seit der Grenzöffnung „signifikant verschlechtert.“"

     

    Gut, dass ja bestimmt alle "Heimatvertriebenen" Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gewesen wären und dass in dem Zuge keine Kriegsverbrecher (Terroristen) in die BRD gelangen konnten.

     

    Und, "Fleisch vom Fleisch der CDU!“ - Diese Fleisch-Parteien... Somit noch ein guter Grund auf Fleisch zu verzichten.

  • Na Servus. Das - Wort zum Sonntag.

     

    „Daraus kann ich nur die ehrliche Schlussfolgerung ziehen, die CDU zu verlassen.“

    Endlich ist unser aller ScheinBerufsflüchtling - Eine echte eben solche.

    Fein. Heute nicht umsonst gelebt.

    Danke.

  • Lasst doch Frau St. von der CDU in die AfD oder sonstwohin wechseln. So what?!

    Als ob das so etwas Ungewöhnliches wäre.

     

    Es gibt auch Politiker am linken Rand, die von Grün zu Pirat zu Links oder umgekehrt wechseln und das ja auch nicht grundlos tun.

     

    Richtig ist allerdings, dass die AfD zu großen Teilen Fleisch der CDU, CSU und FDP ist. Das wollen die Konservativen nicht so gerne hören und unterstützen daher das linke Narrativ einer AfD-Herkunft aus NPD und Republikanern. Die Linke sollte sich wirklich fragen: wem nützt das AfD-Bashing (am meisten)? Wohl nicht den linken Parteien sondern wahrscheinlich allein dem Wahlverein der Kanzlerin.

    • @TazTiz:

      Wenn die AfD tatsächlich den linken Parteien schadet und der Kanzlerin nützt, wäre das doch sehr wünschenswert.

      • @IL WU:

        Wünschenswert? ... vielleicht für CDU und Grünenwähler.

        • @TazTiz:

          Schwarz-Grün ist doch wünschenswert, so wie ich das immer aus den Medien mitbekomme.