Bußgeld gegen Hamburgs Innensenator: Feiernde gehen jetzt „groten“
Hamburgs Innensenator Andy Grote feierte seine Wiederwahl mit 30 Freunden in einer Hafenbar – trotz Corona-Verbot. Nun musste er Bußgeld zahlen.
Doch damit nicht genug: Grote gestand zwar einen „dummen Fehler“ ein, behauptete aber, gegen keines der geltenden Verbote verstoßen zu haben. Hamburgs Coronaregeln wurden vom Senat plötzlich anders als bisher interpretiert, die Opposition forderte deshalb den Rücktritt des uneinsichtigen Senators. Nun stellte auch die Bußgeldstelle amtlich fest, dass Grotes Empfang tatsächliche eine „verbotene private Zusammenkunft“ war.
Grote, der lange als Rechtsanwalt tätig war, spricht jetzt nicht mehr von einem „dummen“ sondern gar von einem „schweren Fehler, der mir aufrichtig leidtut“. Die vereinte Opposition erneuert inzwischen reflexartig ihre Rücktrittsforderungen und unter feierwütigen Hamburger*innen, die sich unter Ausblendung aller Abstandsgebote zum Feiern treffen, heißt es jetzt schon mal: „Wir gehen groten.“
Umstritten war der Senator schon immer, besonders Hamburgs linke Szene arbeitete sich seit Jahren an dem Politiker ab. Politisch sozialisiert im Bezirk Mitte, im Homeland des mächtigen SPD-Rechtsaußen Johannes Kahrs, gilt Grote als „emanzipierter Kahrsianer“ und mancher aus der linken Szene hielt „den Andy“ lange fast „für einen von uns“. Denn der Andy wohnt noch immer – wenn auch hinter eiserner Eingangspforte – mitten auf St. Pauli, besucht regelmäßig die Heimspiele des dort ansässigen Kult-Clubs und schaffte es sogar schon mal in den Refrain des Songs „Schlagermove“ der Hamburger Oi-Punkband Oidorno.
Lieblingsfeindbild der Hamburger Linken
Seit dem Hamburger G20-Gipfel, bei dem er als Senator die Verantwortung für die innere Sicherheit der Stadt und höchst umstrittene Polizeieinsätze trug, aber daraus keine persönlichen Konsequenzen zog, ist der heute 52-Jährige jedoch das Lieblingsfeindbild der Hamburger Linken.
Sein Dienst-BMW und der Kleinwagen von Ehefrau Catherine wurden das Ziel von Anschlägen, Fangruppen des FC St. Pauli forderten den „sofortigen Vereinsausschluss“ Grotes, und natürlich drängt auch die Partei die Linke vehement auf den Rauswurf des Innensenators.
Der hat gerade nichts zu feiern und ist schwer angezählt, nachdem auch sein oberster Dienstherr, Bürgermeister Tschentscher (SPD), ihm nach seiner „Coronaparty“ gehörig den Kopf gewaschen hat. Aber wer G-20 so unbeschadet überstanden hat, lässt sich durch Corona nicht unterkriegen. Auch wäre es ziemlich paradox, wenn ausgerechnet ein Umtrunk zur Wiederwahl zur Amtsenthebung führen würde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag