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Bundeszentrale für politische BildungTheologe, Bürgerrechtler, Demokratiebilder

25 Jahre stand Thomas Krüger an der Spitze der Bundeszentrale für politische Bildung. Nun gibt er den Posten ab

Thomas Krüger geht in Rente Foto: Thomas Imo/imago

Berlin taz | Als Thomas Krüger im Jahr 2000 an die Spitze der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) rückt, zahlen die Deutschen noch mit D-Mark und ist ein gewisser Gerhard Schröder Bundeskanzler. Doch während Schröder seinen Posten bald wieder räumen muss, darf sein SPD-Parteikollege Krüger lange im Amt bleiben – bis zu diesem Sonntag.

Nach 25 Jahren tritt Krüger nun als bpb-Präsident „wegen Erreichung der Altersgrenze“ ab, wie das bpb mitteilt. Wer dem 66-Jährigen nachfolgt, ist noch nicht entschieden. Kommissarisch übernimmt die CDU-Politikerin Cemile Giousouf, die aktuell die Abteilung Förderung leitet.

Offiziell verabschiedet wird Krüger am Freitag in der Akademie der Künste in Berlin, wo ihm zu Ehren eine „Abschluss-Konferenz“ stattfindet. Bundesinnenminister Alexander ­Dobrindt (CSU) zollte schon vorher seinen Respekt, bedankte sich für Krügers „unermüdlichen Einsatz für die politische Bildung und damit letztendlich für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie“. Um die hat sich Krüger schon vor seiner bpb-Zeit verdient gemacht, unter anderem als Bürgerrechtler in der DDR.

Dort studiert der gebürtige Thüringer evangelische Theologie, arbeitet zunächst als Vikar und predigt dabei unter anderem kirchliche Solidarität mit den inhaftierten Oppositionellen. Ende der 80er dann engagiert sich Krüger in der oppositionellen evangelischen Gruppierung Kirche von Unten, die sich politisch und gesellschaftskritisch äußert und schnell zu einem Treffpunkt für regimekritische Gruppen wird. 1989 gehört Krüger zu den Gründungsmitgliedern der SPD in der DDR, nach der Wende baut Krüger als Berliner Jugendsenator (1991 bis 1994) die dortige Infrastruktur für Jugendhilfe mit auf. Von 1994 bis 1998 war er Mitglied des Deutschen Bundestags.

Bundeszentrale wandelt sich

Unter seiner Ägide hat sich die bpb schnell weiterentwickelt. So nahm sie 2001 erstmals auch die in Deutschland lebenden Aus­län­der:in­nen als Zielgruppe politischer Bildung wahr und erweiterte ihre Schwerpunkte um Integration und Migration, Sozialstaat und politischen Extremismus. Vor allem aber richtete sie ihre Angebote zunehmend auf Jugendliche und junge Erwachsene aus. Unter Krüger wollte die bpb nicht mehr bloß informieren, sondern zu politischem Engagement und Teilhabe motivieren. So soll das wohl bekannteste bpb-Angebot – der 2002 eingeführte Wahl-O-Mat – nicht allein über Wahlprogramme aufklären, sondern die Wahlbeteiligung erhöhen.

In jüngster Zeit beschäftigte Krüger besonders die zunehmend antidemokratische Haltung in Ostdeutschland. Für die gewachsene „Faszination autoritärer Traditionen, die Gewaltbereitschaft, den Rassismus und die Hetze“ gegen De­mo­kra­t:in­nen macht Krüger aber auch die Versäumnisse der Politik verantwortlich: dass sie „die Alltagssorgen vieler kleiner Leute aus dem Blick verloren“ habe, „denen beispielsweise nicht einleuchtet, im Osten nach wie vor schlechter bezahlt zu werden als im Westen, auch für gleiche Jobs“.

Vor seinem Abgang als bpb-Präsident appellierte Krüger, Ostdeutsche nicht über einen Kamm zu scheren. „Oft sind diese Darstellungen falsch und wirken daher kränkend“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es werde übersehen, dass es queere, marginalisierte, kluge und weniger kluge Leute in Ostdeutschland gebe – genau wie in Westdeutschland.

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2 Kommentare

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  • Krüger war der mit dem Nacktplakat, dem markanten Gebissgrinsen, dem Instrumentalisieren des Ostdeutschen; und doch hat auch er die BpB nicht kaputtbekommen.



    Cemile Giousouf hat sich als Studierende in Bonn auch mal im Dunstkreis von Millî Görüş im Kopftuch bewegt, später die Protektion Armin Laschets erfahren.



    Ich hätte lieber gerade Armin Laschet als Bundestagspräsident als seine mehrfach gescheiterte Elevin bei der BpB.

  • Die Überschrift ist sehr sperrig. "Demokratiebilder", da muss man erst drauf kommen.