Bundeswehreinsätze im Ausland: Gauck ist bereit wie nie
Einmischen statt Wegschauen: Joachim Gauck befürwortet deutsche Interventionen, wenn es den Menschenrechten dient. Die Linkspartei ist empört.
BERLIN dpa/taz | Bundespräsident Joachim Gauck sieht Deutschland bei der Übernahme von mehr internationaler Verantwortung in der Pflicht, notfalls auch militärische Mittel einzusetzen.
Es gehe dabei nicht um ein „deutsches Dominanzgebaren“ wie in vergangenen Jahrhunderten, sagte Gauck am Samstag in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur. „Das Gegenteil ist gemeint. Es ist im Verbund mit denen, die in der Europäischen Union oder in der Nato mit uns zusammengehen, ein Ja zu einer aktiven Teilnahme an Konfliktlösungen im größeren Rahmen.“ Im Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen „ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen“, sagte Gauck.
Früher habe es eine gut begründete Zurückhaltung der Deutschen gegeben, sich international entsprechend der Größe oder der wirtschaftlichen Bedeutung des Landes einzulassen. Das könne er verstehen. „Aber heute ist Deutschland eine solide und verlässliche Demokratie und ein Rechtsstaat. Es steht an der Seite der Unterdrückten. Es kämpft für Menschenrechte.“
Man brauche international Kräfte, die Verbrecher oder Despoten stoppen, die gegen ihr eigenes Volk oder gegen ein anderes mörderisch vorgehen. Als letztes Mittel sei manchmal auch gemeinsam mit anderen eine Abwehr von Aggression erforderlich, erläuterte Gauck. „Deshalb gehört letztlich als letztes Mittel auch dazu, den Einsatz militärischer Mittel nicht von vornherein zu verwerfen.“
Bereits bei der Münchner Sicherheitskonferenz Ende Januar hatte Gauck in einer viel beachteten Rede für eine stärkere internationale Rolle Deutschlands geworben, für eine Außenpolitik des Einmischens statt Wegsehens.
Die Linke reagierte mit heftiger Kritik. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion, Jan van Aken, sieht Gauck zwischen „Feldherr und Weltpolizist“. „Menschenrechte lassen sich nicht herbeibomben, das weiß auch der Bundespräsident.“ Gerade im Krieg kämen Menschenrechte unter die Räder. „Ein Weltpolizist Deutschland wird gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte von der klaren Mehrheit der Bevölkerung aus guten Gründen abgelehnt“, kritisierte van Aken.
Auch Grünen-Vorsitzende Simone Peter bezeichnete Gaucks Äußerung als „falsch“. Dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte sie, die Grundzüge von Außenpolitik bedeuteten, dass Konflikte präventiv entschärft werden müssten. Am sinnvollsten sei das auf der Basis der Vereinten Nationen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!