Bundeswehr in Afghanistan: Grüne dafür und dagegen
Erstmals haben die Grünen einen Zeitrahmen für einen Abzug der Deutschen aus Afghanistan gesteckt. Aber was passiert, wenn der nicht eingehalten wird? Nun ja.
Das Entsetzen über die Bomben, die vergangenen Freitag auf deutschen Befehl auf zwei Tanklaster fielen und mehrere Dutzend Menschen töteten, hat bei den Grünen einen kleinen Politikwechsel bewirkt. Anders als zuvor nennen sie nun einen Zeitrahmen, in dem ein Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan möglich sei. "Wir fordern einen Abzugsplan, der in der kommenden Legislaturperiode zügig entwickelt werden muss", sagte Grünen-Parteichefin Claudia Roth am Donnerstag.
Einen Sofortabzug - oder jedenfalls dessen Beginn, wie ihn die Linkspartei fordert - schloss Roth weiterhin aus: "Das hätte eine Eskalation der Gewalt zur Folge." Der grüne Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei ergänzte, nach der Bundestagswahl müsse unbedingt mehr Einsatz beim Polizeiaufbau bewiesen werden. Statt rund 100 verlangen die Grünen 500 deutsche Polizisten zur Ausbildung der afghanischen Polizei. Der zivile Aufbau brauche mehr Geld. Endlich müsse eine unabhängige Kommission eingerichtet werden, die den Afghanistan-Einsatz untersuche.
"Es gibt eine Abwärtsspirale in der Region Kundus", sagte Nachtwei. Dort habe sich die Sicherheitslage extrem verschlechtert, die Bundeswehr faktisch die Kontrolle verloren. "Ein ehrlicher Umgang mit dieser Entwicklung ist jetzt das A und O", sagte Nachtwei. Ähnlich wie in Kanada müssten deshalb konkrete Entwicklungsziele benannt werden, über deren Erreichung dem Parlament dann regelmäßig Bericht erstattet werde. Deutschland könne durchaus auch einmal von anderen lernen.
Nun haben die Kanadier allerdings auch Anfang 2008 beschlossen, ihre Kräfte in Südafghanistan noch einmal auf gut 3.000 Soldaten zu verdoppeln - um 2011 abzuziehen. Auch die Niederlande haben einen Abzug für 2010 angekündigt. Die Nato ist über das Ausscheren der beiden Länder, die im Süden des Landes relativ viele Soldaten verloren haben, sehr unglücklich.
In dieser Hinsicht aber wollen die Grünen das mit dem Vorbild Kanada nicht verstanden wissen. Weder Roth noch Nachtwei konnten sagen, was die Grünen machen, wenn eine kommende Bundesregierung ihren Forderungskatalog nicht umsetzt. Für diesen Fall könne man jedenfalls jetzt kein Nein zum Einsatz ankündigen, sagte Roth. "Wir müssen eben maximalen Druck ausüben, dass entsprechende Schritte eingeleitet werden."
Sollten die Grünen in einer Regierung landen, sehe sie hierzu mehr Chancen mit der SPD als mit der Union, ergänzte die Parteichefin. Sollte die Union in der Regierung bleiben, müsse dies außerdem nicht unbedingt für Franz Josef Jung (CDU) gelten, deutet Roth an. Dem Verteidigungsminister werfen nicht nur die Grünen vor, nach dem Luftangriff ein Kommunikationsdesaster angerichtet zu haben.
"Wenn Scheiße passiert, dann geht man auf Distanz", sonst bleibe sie an einem haften, sagte Nachtwei. Kommunikation sei manchmal sogar wichtiger als die realen Ereignisse. Dies habe im Unterschied zu Jung der Isaf-Oberkommandeur Stanley McChrystal begriffen.
McChrystal hatte nach den Bomben vom Freitag sofort Bedauern ausgedrückt und Verletzte im Krankenhaus von Kundus besucht. Ein deutscher Offizieller oder auch der oberste deutsche Soldat, Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, haben dort noch nicht vorgesprochen.
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