Bundeswehr in Afghanistan: Untrainiert ins Kriegsgebiet

Am tödlichen Gefecht in Kundus beteiligten sich Fallschirmjäger aus Seedorf. Der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe (SPD) klagt über Ausbildungsmängel.

Ein Mannschaftstransporter vom Typ "Dingo" auf Übungsfahrt durch das Marmal-Gebirge. Bild: dpa

Nach dem Tod von drei Bundeswehrsoldaten bei einem Gefecht in Nordafghanistan ist die Ausbildung der Soldaten in die Kritik geraten. Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), sagte, die Soldaten hätten "beispielsweise nicht genügend Fahrzeuge, um das Absitzen im Gefecht zu üben". Robbe habe die Soldaten der betroffenen Kompanie vor ihrer Verabschiedung nach Afghanistan im niedersächsischen Seedorf besucht. Bei dem Gefecht am Freitag war es genau zu einer solchen Situation gekommen, in der Bundeswehrsoldaten unter Beschuss ihre Fahrzeuge verlassen mussten.

Die Bundeswehr weist den Vorwurf einer mangelnden Ausbildung zurück. Die Soldaten würden ausreichend Zeit in Dingos und anderen Militärfahrzeugen verbringen. "Es wäre wünschenswert, wenn wir mehr Fahrzeuge zum Üben hätten", sagte ein Bundeswehrsprecher der taz. "Aber sie werden auch beim Einsatz im Ausland gebraucht, diese haben natürlich Priorität." Neben Fahrübungen würden auch Gefechtssituationen und der Umgang mit Sprengfallen ausführlich geübt. Außerdem gebe es eine Art Landeskunde für die Soldaten. Die gesamte Vorbereitungszeit dauere etwa ein Jahr, vor Ort würden die Neuen in zwei Wochen von Kameraden eingearbeitet.

Erst vor wenigen Wochen hatte Robbe in seinem Jahresbericht kritisiert, dass die Vorbereitung für Auslandseinsätze nicht praktisch genug sei. Ausbilder hätten außerdem berichtet, dass bei vielen Unteroffizieren "Eigeninitiative und ein Blick über den Tellerrand hinaus […] nicht mehr zu erwarten" seien. "Wohin mangelnde Ausbildung und Erfahrung führen können, zeigten allein die Unfälle aus dem zweiten Halbjahr 2009", schrieb Robbe in seinem Bericht. Diese gingen vor allem auf die Unerfahrenheit der Fahrer und Kommandanten zurück. In einem Fall wurde festgestellt, dass der Fahrer vor dem Afghanistan-Einsatz "seine Fähigkeiten deutlich steigern müsse".

"Hier müsste sich eigentlich dem Vorgesetzten die Frage aufdrängen, ob der Einsatz […] überhaupt verantwortet werden kann", schrieb Robbe. In einem öffentlich zugänglichen Bericht der Bundeswehr vom September 2009 aus Kundus spricht ein Soldat außerdem von Unerfahrenheit mit Gefechten während Patrouillen: "Von Routine kann dabei nicht die Rede sein. Bis jetzt hatten wir noch immer Glück. Bei meinen Patrouillen wurden wir noch nicht beschossen."

Unterdessen kritisierte Robbe auch, dass es an Transportflugzeugen und Kampfhubschraubern fehle. "Heute stellen wir fest, dass wesentlich mehr Personal und Material notwendig ist", sagte Robbe. Die Bundeswehr wies diese Vorwürfe der taz gegenüber zurück: "Unsere Soldaten sind gut und vernünftig ausgestattet", sagte der Sprecher.

Gleichzeitig kritisieren Verteidigungspolitiker, dass die Lage für deutsche Soldaten gefährlicher werde. "Gerade der Angriff am Freitag war minutiös vorbereitet und die Kämpfer sehr gut ausgerüstet", sagte Omid Nouripour von den Grünen der taz. "Hier gibt es eine neue Dimension, auf die die Regierung reagieren muss." Der CDU-Politiker Andreas Schockenhoff sagte: "Die Einsätze werden gefährlicher, weil es jetzt darum geht, in bisher unkontrollierten Regionen die Autorität der Regierung durchzusetzen." In Zukunft könne es weitere Gefechtstote geben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.