Bundeswehr im Syrienkrieg: Luftbild mit Folgen

Westliche Kampfflieger sollen über 30 syrische Zivilisten getötet haben. Vorbereitet haben sie den Angriff auf eine Schule wohl mit deutscher Hilfe.

Frontansicht Tornado-Flugzeug

Am Rumpf von Tornados befestigt die Bundeswehr Infrarot-Sensoren zur Aufklärung Foto: Imago / Lars Berg

BERLIN taz | Die Opposition fordert Aufklärung: Nach einem verhängnisvollen Luftangriff in Syrien, zu dessen Vorbereitung die Bundeswehr offenbar Luftbilder beisteuerte, pochte Linkspartei-Chef Bernd Riexinger am Donnerstag auf Transparenz. „Ich erwarte eine umgehende Erklärung von Verteidigungsministerin von der Leyen. Wie kann die Bundeswehr eine Schule als Ziel liefern?“, sagte er.

Agnieska Brugger (Grüne) sagte: „Wer Aufklärungsdaten bereitstellt, hat auch die große Verantwortung dafür, wie und nach welchen Regeln diese verwendet werden.“ Es sei inakzeptabel, dass sich die Regierung wegducke.

Am Tag zuvor hatte das Verteidigungsministerium laut NDR den Bundestag über einen Vorfall aus der vergangenen Woche informiert. Demnach erfuhren die Mitglieder des Verteidigungsausschusses in geheimer Sitzung, dass deutsche Aufklärungstornados am 19. März Luftbilder eines Gebäudes im Ort al-Mansura bei Rakka aufnahmen. Die Alliierten sollen mit Hilfe der Bilder einen Luftangriff vorbereitet haben, bei dem Tags darauf möglicherweise Dutzende Zivilisten starben. Öffentlich kommentiert das Ministerium den Bericht nicht.

Unklar ist bislang, wie viele Unbeteiligte bei dem Luftangriff in der Nacht vom 20. auf den 21. März tatsächlich starben. Al-Mansura ist unter IS-Kontrolle, Angaben über Opferzahlen lassen sich deswegen nicht überprüfen. Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge handelte es sich bei dem Gebäude um eine ehemalige Schule, in der zuletzt 40 geflüchtete Familien aus Rakka, Homs und Aleppo lebten. Mindestens 30 der Bewohner seien bei dem Angriff getötet worden.

Angeblich kam die Information vom Geheimdienst

Andere lokale Medien geben noch höhere Opferzahlen an. Die internationale Militärkoalition gegen den IS dagegen bestätigt zwar den Angriff an sich, bestreitet aber, dass dabei Zivilisten starben. Der US-Kommandeur Stephen Townsend sagte bereits am Dienstag, die Koalition hätte aus Geheimdienstquellen die Information erhalten, dass „der Feind diese Schule nutzt“.

Beobachtungsmaßnahmen hätten den Verdacht bestätigt; an der Einschätzung habe sich auch nach dem Luftangriff nichts geändert: „Alles, was wir seitdem gesehen haben, deutet darauf hin, dass da drin wie erwartet die rund 30 IS-Kämpfer waren.“ Die Überprüfung des Angriffs sei jedoch noch nicht abgeschlossen.

Die internationale Militärkoalition bestreitet, dass Zivilisten starben

Die Bundeswehr beteiligt sich seit über einem Jahr mit sechs Aufklärungsflugzeugen am Krieg gegen den IS. Aus dem Hauptquartier der Militärkoalition in Katar bekommen die deutschen Piloten Listen mit gewünschten Aufklärungszielen.

Die Bundeswehr fliegt diese Ziele ab und wertet die Fotos anschließend aus. Dabei markieren die Soldaten bereits, an welchen Stellen sie IS-Kämpfer und an welchen sie zivile Einrichtungen vermuten. Am Ende planen die Alliierten auf Basis dieser Fotos und anderer Informationen ihre Luftangriffe. An diesem letzten Schritt sind keine deutschen Soldaten beteiligt.

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