Bundeswehr auf Rekrutierungsmission: Gesprächsaufklärung mit Drohnen

Nach „Die Rekruten“ folgt jetzt die Bundeswehr Youtube- Serie „Mali“. Erinnert sie wieder mehr an Scripted Reality als an militärischen Alltag?

Teil eines Plakates mit drei SoldatInnen und der Schrift Mali vor ihnen

Das neue Plakat (Ausschnitt) erinnert Ilka Hoffmann an den Hollywoodfilm „Mission: Impossible“ Screenshot: Bundeswehr/dpa

BERLIN taz | In den nächsten Tagen und Wochen wird wieder flächendeckend Bundeswehr-Werbung zu sehen sein. Schon jetzt sind an zahlreichen Orten Plakate mit zwei Soldaten und einer Soldatin samt verschränkten Armen vor sandfarbendem Hintergrund zu sehen. „Mali“ prangt in Großbuchstaben vor ihnen. Beworben wird damit die neue Youtube-Serie der Bundeswehr. Sie soll am 16. Oktober 2017 starten. Allein die Werbung für die Serie kostet die Bundeswehr 4,4 Millionen Euro.

Im Jahr 2016 gab es schon einmal eine solche Serie: „Die Rekruten“ hatte teilweise über eine Millionen Aufrufe auf Youtube. Gezeigt wurden Neuzugänge der Bundeswehr. Wie sie sich in der Kaserne ein- und zurechtfinden, dazu viel zwischenmenschlicher Klatsch und Tratsch. „Die Rekruten“ erfuhr wegen fehlender Realitätsnähe starke Kritik. Wichtige Themen von SoldatInnen wie Auslandseinsätze, Krieg und Traumatisierungen wurden nicht thematisiert.

Das will die Bundeswehr nun mit „Mali“ besser machen. Dabei sollen SoldatInnen während ihres Auslandseinsatzes gezeigt werden. Was hält ein kritischer Militärkenner davon? Oberstleutnant und Diplom-Pädagoge Jürgen Rose ist Mitglied des Arbeitskreises Darmstädter Signal, ein Verband kritischer SoldatInnen. Er kennt die Folgen der Serie bisher nicht, findet Mali als Ort des Geschehens aber strategisch klug gewählt: „Mali ist exotisch, die Sahara erinnert an Karl Mays Erzählungen ‚Durch die Wüste‘. Der Ort weckt Assoziationen von dem großen Abenteuer.“

Karl May ist also das Erste, was einem Bundeswehrleutnant zu Mali einfällt. Anders als die „ernüchternden Einsätze in Afghanistan oder Libyen, bei denen schon vorher absehbar war, dass diese katastrophal werden würden, ist der Einsatz in Mali relativ gut begründbar“, fügt Rose hinzu. Wäre die Serie in Hollywood-Manier aufbereitet, platt oder instrumentalisiere potenzielle Rekruten, dann wäre es problematisch, findet der Oberstleutnant.

Mit Gefühlen wird nicht gespart

Das schon jetzt auf Youtube verfügbare Promo-Video der Serie lässt aber genau das vermuten. Ein Soldat wird mit Kamera zum Kleidungsdepot begleitet, wo er sich für den bevorstehenden Mali-Einsatz ausstattet. „Wie einkaufen ohne zu zahlen“, grinst er in die Kamera. Die Bundeswehr sei „da unten“, um Gesprächsaufklärung zu betreiben, unterstützt von Drohnen. Was das konkret bedeutet, wird offengelassen.

Wäre die Serie in Hollywood-Manier aufbereitet, platt oder instrumentalisiere potenzielle Rekruten, dann wäre es problematisch, findet Oberstleutnant Rose.

Stattdessen handeln die letzten zwei Minuten des Kurzvideos davon, wie der Soldat seine Freundin kennengelernt hat und was er in seiner Freizeit unternimmt. Dabei wird mit Gefühlen nicht gespart. Seine Frau wird ihn vermissen, und der Soldat sagt, er werde „echte Tränen“ in Mali weinen.

„Sehr erschreckend ist die verklärte Darstellung als Heldenstory und die fehlende Objektivität. Es wird ein Auslandseinsatz als Abenteuerurlaub dargestellt“, sagt Ilka Hoffmann. Sie ist GEW-Vorstandsleiterin für den Bereich Schule und findet bereits den Trailer der Serie problematisch. Hoffmann ärgert schon die Werbung für die Serie: „Der Trailer erinnert an den Hollywoodfilm ‚Mission: Impossible‘“. Dargestellt werde eine eingeschworene Soldatengruppe und lachende Kinder aus Mali. „Außerdem ist der Bundeswehreinsatz auch an sich umstritten“, sagt Hoffmann.

Unwahrscheinlich, dass sich die Folgen – nach dieser Promotion für die Serie – mit kritischen Meinungen zum Auslandseinsatz beschäftigen. Ob die Bundeswehr diesmal zumindest die vielfache Traumatisierung der SoldatInnen thematisiert und die Gefahren objektiv darstellt? Erst im Mai sind zwei Bundeswehrsoldaten wegen eines technischen Fehlers in Mali umgekommen.

Das malische Militär putschte 2012 gegen den damaligen Präsidenten. Die unsichere Zeit der Nachfolge nutzten Islamisten, um im Norden Malis einen „islamischen Staat“ auszurufen. Zuerst intervenierte Frankreich militärisch. Seit 2013 ist die internationale UN-Mission Minusma vor Ort, darunter auch BundeswehrsoldatInnen. KritikerInnen bemängeln einen fehlenden Erfolg der UN-Mission.

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