Bundesverdienstkreuz und Abgastests: Der Orden muss weg, Frau Merkel!

Abgastests an Affen: Die Kanzlerin soll sich gegen die Auszeichnung für den Münchener Toxikologen Helmut Greim aussprechen, fordern Grüne.

Aktivisten mit Transparenten gegen Abgas-Affentests

Proteste gegen Tierversuche mit Affen Foto: imago/Sven Simon

Nun soll Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) prüfen, ob der Münchener Toxikologe Helmut Greim, der die ethisch fragwürdigen Abgastests der Automobilkonzerne mit Affen mit zu verantworten hat, sein Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern zurückgeben muss.

In einem Brief, der der taz vorab vorlag, schreiben die Grünen-Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter, Harald Ebner und Oliver Krischer an die Kanzlerin, der Forscher habe sich „der verliehenen Auszeichnung insgesamt als unwürdig erwiesen“. Sie bitten in dem Schrei­ben „deshalb um die umfassende Prüfung der Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes“ und um „Mitteilung über den Ausgang der Prüfung“.

Merkel hatte die Tests selbst verurteilt. Sie seien „ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen“, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert Ende Januar gesagt. Und weiter: „Die Empörung vieler Menschen ist absolut verständlich.“ Greim kommt eine wichtige Rolle bei den kritisierten Test zu. Er war Chef des Forschungsbeirats der Lobbygruppe EUGT, kurz für „Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor“, die von den Autokonzernen Volkswagen, Daimler, BMW, und dem Automobilzulieferer Bosch vor gut zehn Jahren gegründet worden war.

Die EUGT hatte die Tests, bei denen Affen Dieselabgase einatmen mussten, in Auftrag gegeben. Kurzzeitig sah es schon mal so aus, als mache sich das Bundesumweltministerium dafür stark, Greim den Orden wieder abzunehmen. Warum es dazu nicht kam, lassen die Beteiligten allerdings offen. Das Bundesumweltministerium teilt nur mit, dass die einstige Ressortchefin Barbara Hendricks (SPD) damals nichts von den Abgastestes gewusst habe.

Greim hatte die Auszeichnung 2015 bekommen

Obendrein erklärt es sich für nicht zuständig: „Über eine Zu- oder Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes entscheidet allein das Bundespräsidialamt.“ Allerdings hat das Ministerium Konsequenzen gezogen: Wer der Behördenleitung nun Personen für die Ehrung mit einem Verdienstkreuz vorschlage, dürfe sich nicht nur auf Gründe dafür beschränken, sondern müsse auch jene Punkte benennen, die möglicherweise dagegen sprechen könnten.

Der heute 82-jährige Greim hatte die Auszeichnung 2015 auf Vorschlag von Hendricks bekommen. Damals hielt sie seine Leistungen zum Schutz von Mensch und Umwelt für ehrwürdig und seine Politikberatung für „nicht interessengeleitet“. Greim, einst Leiter des Münchner Helmholtz-Zentrums, saß immer wieder in Expertengremien der Bundesregierung, auch in Untersuchungsausschüssen.

Seine Kritiker werfen ihm seit Jahren vor, Gesundheitsrisiken von Chemikalien kleinzureden. Er habe „Verharmlosungs-Gefälligkeitsgutachten“ über das krebsauslösende Gift Dioxin, den Insektenkiller Lindan oder auch das Pflanzengift Glyphosat verfasst, schreiben Hofreiter, Ebner und Krischer in ihrem Brief. Zudem habe er im Dieselskandal „weiteres Vertrauen verspielt“.

Der Brief der Grünen sollte am heutigen Montag an das Kanzleramt geschickt werden. Die Bundesregierung müsse sich „mit der Rolle von solchen industrienahen Wissenschaftlern auseinandersetzen“, schreiben die Abgeordneten. Die Empfehlung an den Bundespräsidenten, Greim den Orden abzuerkennen, sei nur „ein Anfang“.

Lesen Sie hier ein Interview mit dem Grünen-Politiker Harald Ebner zum Fall Greim.

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