piwik no script img

Bundestagsdebatte nach der Tat von HalleWarum erst jetzt?

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Innenminister Seehofer verspricht mehr Schutz von jüdischen Einrichtungen und erschwert Waffenkäufe. Das ist gut, kommt aber zu spät.

Horst Seehofer macht derzeit manches richtig, aber nicht alles Foto: dpa

C SU-Innenminister Horst Seehofer will als Reaktion auf die rechtsterroristische Tat von Halle genauso viel Geld für den Kampf gegen rechtsextreme wie gegen islamistische Gewalt ausgeben. Das klingt gut. Jüdische Einrichtungen sollen künftig besser geschützt werden. Das ist ein Fortschritt nach den selbstgefälligen Erklärungen des CDU-Innenministers von Sachsen-Anhalt, in Halle sei es doch polizeilich gut gelaufen. Rechtsextreme sollen nicht einfach so legal Waffen kaufen können. Und: Hetze und Morddrohungen im Netz sollen besser erfasst und härter bestraft werden.

All das weist in die richtige Richtung. Diesmal scheint mehr zu passieren als der übliche Reflex, nach spektakulären Gewalttaten alte politische Forderungen aus der Schublade zu holen. Auch wenn bei den konkreten Gesetzen noch zu prüfen ist, ob sie zielgenau sind oder Freiheitsrechte einschränken.

Aber: Warum erst jetzt? Und warum redet Seehofer nach Halle von einem Einzeltäter? Das trifft auf Stephan B. zu – ist aber für rechten Terror keineswegs typisch. Der vermutliche Mörder von Walter Lübcke war ein bekannter Rechtsextremist. Die Serientäter des NSU waren einschlägig bekannte rechte Gewalttäter, die mit der Szene vernetzt waren. Die rechten Täter, die seit 1990 mehr als 150 Menschen töteten, waren keine einsamen Computernerds oder Einzeltäter. Dass Seehofer das offenbar nicht recht bewusst ist, weckt Zweifel daran, dass die Bekenntnisse, diesmal entschlossen gegen Rechtsterrorismus vorzugehen, mehr sind als ein situativer Reflex.

Bemerkenswert in der Bundestagsdebatte war die Lesart von AfD-Frak­tionschef Alexander Gauland: Weil die Regierung „kulturfremde Menschen“ ins Land gelassen habe, gebe es nun eine allgemeine Radikalisierung. In diesem Bild sind die Flüchtlinge schuld am Rechtsterror von Halle. Diese Umkehrung ist infam. Und sie siedelt nah an der Vision militanter Rechtsextremisten, die von einem Rassenkrieg träumen, der in multikulturellen Gesellschaften unvermeidbar sei. Es gibt in der Tat eine Radikalisierung – in der AfD.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Waffen musst du als Rechtsterrorist nicht kaufen, die bekommst du gesponsert.



    Der VS Temme hatte, wie jetzt heraus kam, auch mit Stephan E. zu tun. Bin gespannt was über das braune Ar***Loch aus Halle noch so ans Licht kommt. Seehofer gehört aus Mangel an Kompetenz abgesägt