Bundestag zu Zerstörung der C-Waffen: Fünf Linke für die Marine
Der Einsatz einer Bundeswehrfregatte zur Sicherung der Chemiewaffenzerstörung spaltet die Linksfraktion. Die Mehrheit votiert dagegen.
BERLIN taz | Die Bundeswehrfregatte „Augsburg“ wird demnächst die Entsorgung von syrischem Giftgas absichern. Die Chemiewaffen werden aus dem US-Spezialschiff „Cape Ray“ im Mittelmeer in einer ersten Phase unschädlich gemacht. Auch chinesische, norwegische und dänische Schiffe nehmen an dem Abrüstungseinsatz teil.
Im Bundestag stimmten am Mittwoch 35 Parlamentarier gegen den Einsatz, 19 enthielten sich. Diese Voten kamen vor allem aus der Linksfraktion. Laut Fraktionschef Gregor Gysi stimmten fünf Linkspartei-Abgeordnete mit Ja: ein Novum in der Geschichte der Linksfraktion.
Gysi war zuvor mit dem Versuch, die Fraktion zu geschlossener Enthaltung zu bewegen, am linken Flügel um Sahra Wagenknecht gescheitert, der mit Nein stimmte. Nach der Abstimmung betonte Gregor Gysi, dass sich die Fraktion „im Kern“ trotzdem einig sei.
Für die Neinsager handelt es sich bei dem Einsatz um „eine Selbstermächtigung der Nato ohne UN-Mandat“ – obwohl die Resolution 2118 des UN-Sicherheitsrates nach allgemeiner Einschätzung diesen Einsatz abdeckt. Zudem sehen Wagenknecht & Co das Ganze als bloß symbolische Aktion, um noch mehr Einsätze der Bundeswehr im Ausland vorzubereiten.
Die Gefahr, so heißt es in einer Erklärung von 15 Linksparteiabgeordneten, „ist auch, dass mit diesem Mandat weitere Schiffe der Bundeswehr ins Mittelmeer verlegt werden könnten, die dann kurzfristig bei einer weiteren Eskalation gegen Syrien herangezogen werden könnten“.
Doch Nein-Stimmen kamen nicht nur vom linken Flügel. Auch die undogmatische Parteichefin Katja Kipping votierte mit Nein. Begründung: Obwohl „der Mehrwert einer Beteiligung der Bundeswehr“ unklar sei, solle der Bundestag „ein robustes Mandat für einen reinen Nato-Einsatz erteilen“.
Denn, so Kipping, man habe „ohne Not auf die Einbeziehung Russlands verzichtet und das Mandat ohne sachliche Begründung auf den Atlantik ausgedehnt.“ Der Einsatz der Fregatte „Augsburg“ sei nur „symbolisch“. Kipping hält, wie der linke Flügel, die Entsendung der Fregatte für ein Manöver, um weitere Bundeswehreinsätze vorzubereiten.
Stefan Liebich, Ost-Pragmatiker und Befürworter der rot-rot-grün Option, stimmte als einer der wenigen Linksparteiabgeordneten mit Ja. Begründung: „Ich finde, dass der Schutz der Zerstörung von Massenvernichtungswaffen das Beste ist, was eine Armee tun kann.“
Gräben zwischen SPD, Grünen und Linkspartei
Vorsichtiges Lob gab es für die Linksfraktion von SPD und Grünen – jedenfalls von dem Flügel, der sich Rot-Rot-Grün 2017 offenhalten will. Der SPD-Außenpolitiker Nils Annen sieht das gesplittete Votum als Erfolg: Die Linkspartei rücke davon ab, „Militäreinsätze ohne Prüfung des Einzelfalls grundsätzlich abzulehnen“. Und, so Annen zur taz: „Diese Diskussion war lange überfällig und ich begrüße die differenzierten Wortmeldungen aus der Linksfraktion ausdrücklich.“
Bislang hatte die Linksfraktion bei fast allen Bundeswehreinsätzen geschlossen mit Nein gestimmt. Die einzige Ausnahme: 2010 enthielten sich im Bundestag 25 GenossInnen bei der Abstimmung über die UN-Mission im Sudan, die von 32 zivilen Bundeswehrausbildern unterstützt werden sollte. Bereits damals lief der linke Flügel Sturm gegen die „Abweichung vom Grundsatzprogramm“. Für die linken Linken grenzt schon an Verrat, dass die Fraktion einzelne Einsätze der Bundeswehr überhaupt prüft.
Vor diesem Hintergrund hält auch die grüne Bundestagsabgeordnete und Außenpolitikerin Agnieszka Brugger das gesplittete Votum der GenossInnnen für einen Schritt nach vorn. „Die intensive Debatte in der Linksfraktion in der Sache über einen Auslandseinsatz ist ein Fortschritt“, so Brugger zur taz. Auch „das Ja von fünf Linksparteiabgeordneten zu diesem Bundeswehreinsatz, der der Abrüstung dient“, weise in diese Richtung. Allerdings zeige der Fall auch, welche Gräben zwischen SPD und Grünen und Linkspartei noch klaffen. „Für Rot-Rot-Grün 2017 ist der Weg noch weit“, so Brugger.
Reiner Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, hält die Fregatten-Debatte hingegen für kein Zeichen von „neuem Denken in der Linksfraktion“. Dass die Linksfraktion die kürzlich beschlossene Entsendung von ein paar Ausbildern nach Somalia „rhetorisch als Kriegseinsatz“ gegeißelt habe, zeige, dass „keine Perspektive zu erkennen“ sei.
Dass fünf Abgeordnete in der Chemiewaffenvernichtung mit Ja abgestimmt haben, sei erfreulich, ändere daran aber nichts. Mit der Linkspartei, so der Sozialdemokrat, „ist in der Außenpolitik eine Zusammenarbeit ausgeschlossen“.
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