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Bundespräsident verleiht VerdienstkreuzeOrden für queeres Orchester

Zwei rot-goldene Kreuze hat das Orchester concentus alius verliehen bekommen. Geehrt wird die Arbeit für die schwul-lesbisch-queere Gemeinschaft.

Im Namen des Orchesters nimmt Michael Knoch (rechts) den Orden an Foto: Gregor Schneider

Berlin taz | Mittwochabend, eine eher ungewöhnliche öffentliche Probe eines Orchesters in der Emmaus-Kirche in Kreuzberg: Mit einem kleinen roten Kreuz und einem goldenen Adler hat der Organisator Michael Knoch sein schwarzes Hemd geschmückt. Hinter ihm, im Altarbereich, sitzen seine sechzig Orchesterkolleg*innen. In den Händen halten sie ihre Instrumente, nachdem sie „Untern Linden“ von Walter Kollo gespielt haben.

Ein Stuhl bleibt leer: Für den verstorbenen Initiator des Orchesters, Michael Zachow, liegt ein Orden auf dessen Sitzfläche, daneben steht ein Notenständer und ein paar Gummistiefeln – so soll auch an den leidenschaftlichen Sammler von Gummistiefeln gedacht werden, nachdem er im August nach langer Krankheit verstorben ist.

Innerhalb des Homophilharmonischen Orchesters Berlin war Zachow für sein Cello und seinen kreativen Geist bekannt. Der bildende Künstler und Grafiker spielte lange als stellvertretender Stimmführer am ersten Pult der Cellogruppe und kümmerte sich um die grafische Gestaltung der Programmhefte.

Im Jahr 1999 gründete Zachow das Orchester

Aber vor allem war Michael Zachow eins – der Initiator eines Orchesters, wie es davor in Berlin noch keines gab: Ende der 90'er Jahre kehrte er von einer Reise nach London zurück und brachte die Idee eines schwulen Orchesters mit nach Berlin. Nach Vorbild des London Gay Symphony Orchestra sollten auch in der Hauptstadt schwule Musiker miteinander musizieren.

Michael Zachow schaltete Anzeigen, scharte Interessierte um sich und gründete kurz darauf 1999 das heutige Homophilharmonische Sinfonieorchester. Kurz darauf kam dann auch Michael Knoch als Organisator dazu und die Suche wurde auf lesbische Musikerinnen erweitert. Mittlerweile hat das Orchester mehrere Dutzend Mitglieder und heißt jede und jeden willkommen.

Dies ist aber nicht der einzige Grund für die Orchesterprobe: Im November 2020 hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Michael Zachow und Michael Knoch mit der Verleihung zweier Bundesverdienstkreuze gewürdigt. Torsten Wöhlert, Staatssekretär für Kultur, überreicht diese den Männern am Mittwoch nach der Probe – zum Teil posthum.

Michael Knoch sei besonders stolz auf die Arbeit und auf das jährlich stattfindende Benefizkonzert, dessen Einnahmen sie zur Hälfte an den Hospizdienst Tauwerk e.V. für die Sterbebegleitung AIDS-Betroffener spenden.

Gottes Segen für das schwul-lesbisch-queere Orchester

Die Ordensfrau des Hospizes und gleichzeitige Gründerin Schwester Hannelore war ebenfalls bei der Ordensübergabe dabei. Sie sei froh, dass mehrere Tausende ihre Unterschrift gegen das Segnungsverbot von Homosexuellen abgegeben haben und habe selbst ebenfalls unterschrieben. „Ich wünsche Ihnen nichts anderes als Gottes Segen“, sagt sie am Ende der Verleihung in Richtung des Orchesters.

Die Verleihung der beiden Bundesverdienstkreuze sei von den beiden Orchestermitgliedern Stephan Schmidt und Karin Dame nach dem Jubiläumskonzert 2019 in die Wege geleitet worden. Zu Beginn habe Knoch noch überlegt, ob er den Verdienstorden annehmen solle. Im Namen des Orchesters habe er sich aber letztendlich dafür entschieden: „Diese Kreuze zeigen, dass unser Orchester in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.“

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