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Bundesland mit höchster InzidenzSachsen plant 2G im Einzelhandel

Ab Montag sollen in Sachsen schärfere Coronaregeln gelten. Die Weihnachtsmärkte dürfen trotz der drohenden Überlastung in den Kliniken stattfinden.

Zusammenhang zu den hohen Inzidenzwerten? Coronaleugner am 15.11. in Chemnitz Foto: Haertelpress/imago

Leipzig taz | Angesichts der dramatisch steigenden Infektionszahlen in Sachsen verschärft die Landesregierung die Corona-Regeln. Das Bundesland will unter anderem 2G im Einzelhandel einführen – bisher gilt dies nur in Cafés, Kinos, Theatern oder Museen. Die Ausweitung sieht die neue Coronaschutzverordnung vor, über deren Eckpunkte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) am Dienstag in Dresden informiert hat. Das Kabinett will die neue Verordnung am Freitag beschließen, sie soll ab Montag bis zum 20. Dezember gelten.

Die verschärfte 2G-Maßnahme im Einzelhandel ist für die sogenannte Überlastungsstufe vorgesehen, also den Fall, dass die Krankenhausbetten knapp werden. Diese Stufe erreiche Sachsen vermutlich am Freitag, sagte Köpping. Ausgenommen von der 2G-Regel seien aber weiterhin Supermärkte, Drogerien, Apotheken sowie andere Einrichtungen der Grundversorgung.

Mit Überlastungsstufe soll bei Veranstaltungen im Innenbereich mit mehr als 50 Personen künftig 2G plus gelten – das heißt, auch Geimpfte und Genesene müssen dann einen negativen Test vorweisen, um teilnehmen zu können.

Köpping teilte außerdem mit, dass die Weihnachtsmärkte in Sachsen selbst dann stattfinden dürfen, wenn die Überlastungsstufe in den Kliniken erreicht sei – allerdings unter verschärften Bedingungen. Die Ver­an­stal­te­r*in­nen müssten die Märkte in Bereiche zum Flanieren und Verweilen aufteilen. In den Flanierbereichen gebe keine Einschränkungen, in den Verweilbereichen, in denen man essen und trinken könne, gelte hingegen 2G.

Strengere Regeln sind lokal möglich

Laut der aktuellen Corona-Verordnung, die noch bis Sonntag gilt, sollte die 2G-Regel in den Verweilbereichen erst dann greifen, wenn sich darin mehr als 1.000 Be­su­che­r*in­nen aufhalten. „Diese 1000er-Grenze haben wir in der neuen Verordnung aufgehoben“, sagte Köpping.

Die Ministerin sagte aber auch: „Wenn ich Bürgermeisterin wäre, dann würde ich dieses Jahr auf den Weihnachtsmarkt verzichten.“ Bereits vergangene Woche hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wegen der angespannten Lage eine Absage der Märkte gefordert.

Unabhängig von der Überlastungsstufe sieht die neue Corona-Verordnung 2G plus für Beschäftigte und Be­su­che­r*in­nen in gefährdeten Einrichtungen vor. Dazu zählen laut Köpping Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser sowie medizinische Einrichtungen.

Darüber hinaus erklärte Köpping, dass die Landkreise und kreisfreien Städte eigenständig strengere Regelungen treffen dürfen. Die Regionen müssten nicht auf neue Verordnungen der Landesregierung warten. Damit sprach die Ministerin insbesondere die Landkreise Bautzen, Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge an, in denen die Inzidenz aktuell bei über 1000 liegt.

Drohende Überlastung der Krankenhäuser

Sachsen ist das Bundesland mit der mit Abstand höchsten 7-Tage-Inzidenz Deutschlands. Laut RKI lag sie am Dienstag bei 759,3. Dieser Wert ist im Vergleich zur Vorwoche um 275 Prozentpunkte gestiegen. Bundesweit betrug die Inzidenz 312. „Die Lage in Sachsen ist sehr dramstisch“, sagte Köpping. Um die Überlastung der Kliniken zu verhindern, müssten sich die Bür­ge­r*in­nen nun „sehr, sehr stark einschränken“.

Nach Angaben des sächsischen Gesundheitsministerium befanden sich am Dienstag im Freistaat 1.524 Co­ro­na­pa­ti­en­t*in­nen auf der Normalstation. Damit ist die Belastungsgrenze bei der Belegung von Krankenhausbetten – diese liegt bei 1.300 auf der Normalstation – den zweiten Tag infolge überschritten worden. Wenn die Zahl auch am Mittwoch über dem Schwellenwert liegt, dann tritt am Freitag die Überlastungsstufe in Kraft. Mit dieser Stufe gehen schärfere Regeln einher.

Sachsen hat nicht nur die höchste 7-Tage-Inzidenz Deutschlands, sondern auch die niedrigste Impfquote. Nur 57,5 Prozent der Menschen hier sind vollständig geimpft. Bundesweit liegt die Impfquote bei 67,6 Prozent.

Während die Nachfrage nach Boosterimpfungen groß sei, gebe es bei den Erst- und Zweitimpfung kaum einen Anstieg, sagte Köpping. Knapp zwei Drittel der täglichen Impfungen seien Boosterimpfungen, ein Drittel Erst- und Zweitimpfungen. Die Ministerin appellierte erneut an alle Ungeimpften, sich impfen zu lassen. „Die 7-Tage-Inzidenz bei den Geimpften liegt in Sachsen bei nur 62, bei den Ungeimpften beziehungsweise nicht vollständig Geimpften bei 1.718.“

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15 Kommentare

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  • " ... sächsische Inzidenz 1815 . Keine Bange, da kommen wir auch noch hin." War flapsig gemeint, aber momentmal:



    (1.Woche) 800 plus die Hälfte = 1200 (2.Woche) 1200 plus die Hälfte = 1800 Ohjeohje.



    Sachsen heut nur 761 gegenüber vorgestern 759. Vielleicht bremsts ja grad.

  • "... 759,3. Dieser Wert ist im Vergleich zur Vorwoche um 275 Prozentpunkte gestiegen".



    Nee, 275 Prozentpunkte sind das nicht. Und auch keine Prozent, was heut morgen im Artikel stand. Die Inzidenz ist um 275 INZIDENZpunkte gestiegen und beträgt jetzt 795. Waren in der Vorwoche also 484. 275 sind ein Anstieg der zugrundeliegenden 484 um gut die Hälfte, genau 56,8 Prozent. Wären die 484 um 275 Prozent gestiegen, hätten wir jetzt 484 mal 3,75, also sächsische Inzidenz 1815. Keine Bange, da kommen wir auch noch hin. ProZENT heißt pro HUNDERT, die Inzidenzangaben der Gesundheitsämter sind aber pro HUNDERTTAUSEND. Könnte mensch auch pro hundert ausdrücken, aber dann hätten wir jetzt 0,00795 - oder 0,795 %. Sehr wenig anschauliche Zahlen. Gruß !



    Gleicher Fehler gestern: taz.de/Bundesland-...bb_message_4222846

  • Inzidenz 62 gegenüber 1781. Bei Sachsens Impf-Quote 57 Prozent heißt das: auf 48 geimpft Infizierte kommen 1000 ungeimpft Infizierte. Die Gefahr auch für Geimpfte, sich nochmals zu infizieren, geht zu 95 % auf ihre ungeimpfte Umgebung zurück, während alle Ungeimpften nur gut 2/5 der Bevölkerung ausmachen.

    • @lesnmachtdumm:

      Das würde stimmen, wenn die Inzidenzen vergleichbar wären. Sind sie aber nicht. Zum einen werden Ungeimpfte durch 3G häufiger getestet. Zum anderen haben Geimpfte seltener Symptome und assoziieren leichte Symptome möglicherweise eher mit den ebenfalls grassierenden anderen Erkältungskrankheiten.

      Zudem wissen wir, dass der Schutz der Impfstoffe gegen Infektion schon nach 4 - 6 Monaten dramatisch abnimmt -- bei Biontech auf unter 50%. Selbst wenn man den initialen Schutz von 92% zugrunde legt, wäre ein Faktor größer als 13 zwischen den Inzidenzen nicht plausibel.

      Kurzum, die Dunkelziffer für die Geimpften ist wesentlich höher (größer Faktor 2) als jene für die Ungeimpften.

      • @Trollator:

        Genau darauf wies Miester Petz hin, taz.de/Testpflicht...bb_message_4221000 , worauf ich wiederum weiter oben, selbe Leserkommentarseite, verwies: "Selbst aber wenns dreimalsoviele geimpfte Infizierte gäbe wie die Zahlen sagen: Impfen schützte immer noch dreimal besser als Nicht-Impfen. Was ja dann auch gut zu den Zahlen zur Impfstoffwirksamkeit passt."



        In Österreich geben sie den Inzidenz-Unterschied mit ca. 1 zu 5 an. Vielleicht realistischer, und vielleicht deshalb, weil sie mehr testen ? BaWü lag letztens bei 1 zu 25, zu errechnen aus ihrem Paper vom 11.11. www.baden-wuerttem...bericht_LGA_01.pdf . rtl hatte im Oktober mal Zahlen aus 5 Bundesländern, den einzigen die dazu Zahlen hatten, alle 1 zu 10 bis 1 zu 12. www.rtl.de/cms/akt...pften-4823688.html Auch die vorhandenen Zahlen zur Wirksamkeitsabnahme sind nur aus erkannten Erkrankungsfällen berechnet worden, nicht aus un-gemeldeten Infektionen, aus was auch sonst ?

        Selbst bei dreimalsohohen realen Zahlen läge die Inzidenz bei Geimpften sicherlich um ca. ne Größenordnung unter jener der Ungeimpften (die liegt real ja auch weit höher, keiner weiß um wieviel). Gruß !

  • Mal davon abgesehen, dass in Sachsen eine höhere Impfquote sinnvoll wäre... Kann mir jemand erklären, was die geplante Regelung für den Einzelhandel dabei bringen sollen?

    2G für den Einzelhandel... Schadet nur dem lokalen Einzelhandel, zum Impfen "motivieren" wird es wohl eher nicht. Selbst in Sachsen hat man mittlerweile von diesem Internet gehört.



    was sich aber langfristig nicht durchsetzen wird 😉

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Sachsen ist das Bundesland mit der mit Abstand höchsten 7-Tage-Inzidenz Deutschlands."

    Man muss schon ziemlich irre sein, wenn man Weihnachtsmärkte zulässt oder sogar dort hingeht. Genauso irre wie die Karnevalisten in Köln.



    Diese Leute sind auch gefährlich - aus Dummheit!

  • Vielleicht spricht sich ja in Sachsen in den nächsten Wochen auch herum, das impfen eine Alternative zum schimpfen ist.



    Wenn es wirklich Ungeimpfte härter erwischt, müsste es sich eigentlich rumsprechen.



    Zumindestens bei der Beerdigung von "Querdenkern".

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Wie kommen Sie darauf, dass "Querdenker"*innen beerdigt werden könnten/müssten?? Nach meiner Kenntnis leben die nach dem Exitus einfach so weiter ... eben janz ohne irjendwas.

  • "Die Weihnachtsmärkte dürfen trotz der drohenden Überlastung in den Kliniken stattfinden."

    Ah okay, die Weihnachtsmärkte werden also jetzt schon direkt in die Kliniken verlegt?

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @BazaarOvBirds:

      Schönes Beispiel für die korrekte Kommasetzung, hahahaha

  • Schockierend ist für einen Nichtsachsen wie mich die Tatsache, dass die Todesfallzahlen in Sachsen im Zusammenhang mit Corona mehr als doppelt so hoch sind wie in Berlin, bei nur geringfügig mehr Bevölkerung: Mehr als 10.000 Tote. Man scheint dort hart im Nehmen und sehr realitätsresistent zu sein. Oder wie ist das sonst zu erklären? Wären die Zahlen in Berlin so schrecklich hoch, sähen die Medien Berlin schon längst im Abgrund, und Söder würde was vom Notstandseinsatz der Bundeswehr herumposaunen.

    • 0G
      05653 (Profil gelöscht)
      @denkmalmeckermalmensch:

      Jetzt können Sie je nach Relevanz noch weitere Faktoren wie Impfquote, Vergleich der Qualität der medizinischen Versorgung, soziale Cluster, etc. hinzufügen.

      Dann verbreitet sich SarsCov 2 exponentiell. Insofern ist der Abstand gar nicht so groß, wie man aus den absoluten Zahlen annehmen könnte.

    • 0G
      05653 (Profil gelöscht)
      @denkmalmeckermalmensch:

      In Sachsen beträgt der Anteil der Bevölkerung ab 65 Jahren gleichauf mit Sachsen-Anhalt 26,7% und wird nur von Thüringen mit 27,4% übertroffen, während in Berlin nur 19,3% der Bevölkerung über 65 Jahre alt sind.

    • @denkmalmeckermalmensch:

      Ich kopiere mal was aus der Welt, wenn ich söder höre.

      Nach fast zwei Jahren Pandemie und unzählbaren Alarmrufen - ob von der Kanzlerin, SPD-Chefmahner Karl Lauterbach oder Virologe Christian Drosten – sind viele Bürger müde und abgestumpft.

      Denke so sieht es auch der Sachse