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Bundeskanzlerin im KaukasusMerkel stützt Saakaschwili

Merkel bekräftigte auf ihrer Kaukasus-Reise, dass sie einen Nato-Beitritt Georgiens befürworte. Von Russland forderte die Bundeskanzlerin den baldigen Rückzug der Truppen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der georgische Präsident Michail Saakaschwili bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Tiflis. Bild: dpa

SCHRÖDERS URTEIL

Gerhard Schröder hat Verständnis für das Vorgehen Russlands im Kaukasus-Konflikt geäußert. Auslöser der Kämpfe sei der Einmarsch der Georgier nach Südossetien gewesen, sagte der frühere Kanzler in einem Interview des Spiegels. Georgiens Präsident Michail Saakaschwili sei ein Hasardeur. Schröder, der Aufsichtsratsvorsitzender des von Gazprom geführten Konsortiums der Ostsee-Pipeline ist, warnte zugleich vor einer "Dämonisierung" Russlands. Wegen des aktuellen Konflikts sollte die Bundesregierung nicht das Konzept der strategischen Partnerschaft infrage stellen. Er glaube nicht, dass Russland im Kaukasus eine Annektierungspolitik verfolge. Allerdings sei wohl auch ausgeschlossen, dass es in Südossetien und Abchasien eine Rückkehr zum Status vor dem Krieg geben werde. Sollte die OSZE eine Friedenstruppe entsenden, würde er eine deutsche Beteiligung begrüßen. "Sollte es aber zu einer Mission ohne ausdrückliche russische Zustimmung kommen, möchte ich keine deutschen Soldaten dort stationiert sehen - das hat schlicht mit unserer gemeinsamen Geschichte zu tun". RTR

TIFLIS/MOSKAU ap/afp/taz Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich dafür ausgesprochen, an den Plänen für einen Nato-Beitritt Georgiens festzuhalten. "Georgien wird, wenn es das will, und das will es ja, Mitglied der Nato sein", sagte sie am Sonntag unmittelbar nach ihrem Treffen mit dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili in Tiflis. "Für mich hat sich die Lage an dieser Stelle nicht verändert."

Merkel sagte Georgien auch Hilfe beim Wiederaufbau militärischer Anlagen zu. Darüber könne beim Nato-Rat in Brüssel am Dienstag schon gesprochen werden." Sie bekräftigte, dass Georgien ein souveräner Staat sei. Sie erwarte, dass der Sechs-Punkte-Plan der EU zu einem Waffenstillstand umgesetzt werde.

Merkel forderte Moskau auf, gemäß dem Waffenstillstandsplan schnell seine Truppen aus dem georgischen Kernland abzuziehen. Zudem sprach sie sich erneut für die baldige Entsendung weiterer internationaler Beobachter aus: "Aus meiner Sicht muss das aber schnell geschehen." Das sei vor dem Hintergrund des heute beginnenden russischen Truppenabzugs und der bevorstehenden Bildung einer Sicherheitszone wichtig.

Merkel hielt sich am Sonntag nur wenige Stunden in Tiflis auf. Am Freitag hatte sie den russischen Präsidenten Dimitri Medwedjew in Sotschi getroffen.

Das von beiden Seiten inzwischen unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen sieht neben einem Ende der Kämpfe vor, dass sich die georgischen Truppen in ihre vorherigen Stellungen zurückziehen und die russische Armee auf ihre Positionen vor Beginn der Kämpfe zurückkehrt. Laut Präsident Sarkozy erlaubt das Abkommen den in Südossetien stationierten russischen Friedenstruppen allerdings begrenzte Patrouillen jenseits der Grenze, bis ein "internationaler Mechanismus" gefunden wurde. Davon ausgeschlossen seien jedoch größere Städte und Verkehrsverbindungen, präzisierte Sarkozy in einem Schreiben an Saakaschwili am Wochenende.

Der Sekretär des georgischen Nationalen Sicherheitsrats, Alexander Lomaja, warf Russland vor, seine Positionen im georgischen Kerngebiet weiter auszubauen. "Ich sehe keinerlei Anzeichen für einen Rückzug. Im Gegenteil: Die russischen Truppen richten immer neue Kontrollpunkte ein und verstärken ihre Stellungen", sagte Lumaja. Nach Angaben eines AFP-Fotografen hielten russische Soldaten weiterhin eine georgische Militärbasis unweit der westgeorgischen Stadt Senaki besetzt, um von dort die Straße zur Hafenstadt Poti zu kontrollieren. In der Nacht hatten abchasische Rebellen zudem laut Tiflis 13 georgische Dörfer sowie die Umgebung eines Wasserkraftwerks am Enguri-Fluss besetzt.

Dass es sich bei dem Konflikt im Kaukasus um mehr als eine regionale Krise handelt, hatte der russische Vizegeneralstabschef in einer Stellungnahme zum US-Raketenschild in Polen durchblicken lassen. Er drohte Warschau mit einem Militärschlag. Russlands veränderte Militärdoktrin schließe einen Einsatz von Nuklearwaffen gegen Atommächte und deren Verbündete nicht aus. KHD

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7 Kommentare

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  • O
    Osteuropa-Beauftragter

    Merkel in Tiflis: "Georgien wird Mitglied der NATO" (17.08.2008)

    Dies will sicherlich auch die Mehrheit der Deutschen als Letztes mit tragen. Schließlich ist Deutschland dann sofort Kriegspartei gegen Russland! Als nächstes kämpfen dann wieder deutsche Soldaten im Kaukasus gegen Russland! - schöne Aussichten...

    Die deutsche Kanzerlin Merkel belohnt den Kriegtreiber Saakaschwili auch noch für seinen Angriffskrieg mit dem Versprechen einer NATO-Mtgliedschaft. SPD-Außenminister Steinmeier duckt sich wie gewöhnlich weg, wenn es brenzlig wird, anstatt seinen Parteifreund Alt-Kanzler Schröder mal anzurufen, um den direkten Dialog mit Putin zu sichen, wenn Merkel schon zu blöd dazu ist den direkten Weg zu gehen.

     

     

    "NATO-Russland-Rat wird ausgesetzt!"

    So titelt die tagesschau.de am 19.08.208, als sei

    Na und?! 99% aller Bürger der 26 Mitgliedsstaaten haben bestimmt nicht mal gewußt, dass es so einen Ausschuß in der NATO überhaupt gibt.

    Was die Tagesschau nicht schreiben darf: Russland hatte bereits am 13.08. eine Kriesensitzung eben dieses Rates beantragt, um eine weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern. Die USA haben diese Sitzung jedoch dann sabotiert und verhindert, was einzig und allein Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn öffentlich machte! Die USA forderte, die Arbeit des Rates ganz auszusetzen, was durch die Außenminister der Niederlande und Großbritanniens gerade noch verhindert werden konnte.

    Die USA ist auf Konfrontationkurs und will die Kriese bewußt zuspitzen, um dann Argumente für einen baldigen NATO-Beitritt Georgiens in der Hand zu haben.

     

    Die NATO-Diplomaten übertünchen unterdessen in nichtssagenden Kompromißerklärungen nur, dass der Dissens über den Zeitplan und die Bedingungen für eine eventuelle Aufnahme Georgiens und der Ukraine in die Militärallianz, der bereits auf dem Nato-Gipfel im April in Bukarest deutlich wurde, durch den Krieg im Kaukasus noch größer geworden ist.

     

    Georgien in der NATO würde nur den US-Amerikanern nutzen, deren größte Angst es ist, Europa könnte sich mit seinem mächtigen Nachbarn Russland gut verstehen und eine strategische Partnerschaft eingehen. Dann wären die USA weltweit politisch und wirtschaftlich isoliert. Nicht Europa braucht die USA als "Schutzmacht", um zu überleben, sondern umgekehrt: Ohne die Unterstützung des vereinten Europas würden die USA ihre Hegemonialmachtsfantasien in der Welt begraben können.

     

    Die Schwäche Europas liegt m.E. darin zu glauben, dass es immer mit allen "gut Freund" sein kann. Es will sowohl in Form stabiler Preise von den amerikanischen Rohstoff-Kriegen profitieren, als auch günstig Rohstoffe aus Russland beziehen. Dieser Spagat geht nur so lange gut, bis es wie jetzt in Georgien, an Interessensschnittstellen zu Stellvertreter-Kriegen kommt. Dann ist die Stunde der Entscheidung gekommen und altes Blockdenken und politische Reflexe aus der Zeit des Kalten Krieges greifen: Deutschland pro NATO, Deutschland pro USA.

     

    Dabei ist der nächste große Konflikt schon vorprogrammiert, wenn im Jahr 2014 der ukrainisch-russische Vertrag über die Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim ausläuft. Russland hat ein vitales Interesse an der Krim und kann unter keinen Umständen auf diesen strategischen Standort verzichten! Die Ukraine will unter dem jetzigen westlich ausgerichteten Führungsduo Juschtschenko-Timoshenko um jeden Preis die NATO-Mitgleidschaft durchboxen, obgleich selbst im westlichen Teil der Ukraine die Mehrheit der Bevölkerung dadegen ist. Das birgt reichlich Stoff für Auseinandersetzungen...

     

    Europa muß sich entscheiden, wessen Partner es in der Zukunft sein will: der der USA, die um Rohstoffe stets schauerliche Kriege führen muß, oder Partner Russlands, dass eigene Rohstoffe auf seinem gigantischen Territorium in Fülle in diese Ehe einbringen könnte.

     

    Statt dem Ultra-Nationalisten Saakaschwili die Aufwartung zu machen hätte die dumme Pute mal besser die Betroffenen in Südossetien besucht, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen...

    Merkel ist als Kohl-Enkelin über ihren anit-russischen Zonen-Angie-Status psychologisch nie hinaus gewachsen. Sie steht stramm auf der amerikanischen Konfrontations-Linie und verspielt dabei die Chance für Deutschland und Europa langfristig eine EIGENE Rolle in der Weltpolitik zu spielen. Amerika wird´s schon richten...

     

    Dabei könnte Medwedew der Wunschgesprächspartner der EU sein: Er hat gezeigt, dass er die russischen Interessen in der Ossetienkrise hart, aber ruhig zu vertreten weiß - aber auch nach internationaler Einbindung sucht. Er setzt nicht auf Durchmarsch, sondern sucht mit internationaler Beteiligung eine völkerrechtliche Lösung für Südossetien und Abchasien. Medwedew hat bereits der EU und der OSZE stärkeres Engagement angetragen.

     

    Er reicht damit den Europäern die Hand, obwohl Polen auf seinem Gebiet gegen Russland gerichtete amerikanische Luft- und Raketenabwehrstellungen zuläßt: "Diese Entwicklung sei traurig für Europa, aber nicht dramatisch." Russland will sie also nicht überbewerten. „Eine Verschlechterung der Beziehungen dient nur reaktionären Kräften“, so Medwedew weiter.

     

    Nur Europa, das Europa der Regionen, könnte dabei helfen, den südkaukasischen Regionalismus zu entwickeln - ohne Panikreaktionen in Moskau (wegen der befürchteten Ausstrahlung auf den Nordkaukasus) oder in Tiflis auszulösen. Das könnte helfen, eine bevorstehende große Konfrontation zu verhindern, die die USA aus globalstrategischen Gründen ansteuern, in der aber vor allem die Völker des Kaukasus leiden würden.

  • R
    Ralf

    @MaxW,

    ich schätze, Du hast recht.

    Siehe:

    http://www.jungewelt.de/2008/08-16/046.php

  • A
    Anton

    Die Bundeswehr wird 'umstrukturiert' zur weltweit einsetzbaren Armee um die 'Rohstoffzufuhr' zu sichern. Unser Innenminister will sie auch gerne beim Einsatz im Lande selbst sehen gegen...wen auch immer. Die NATO wurde bei ihrer Sinnsuche nach dem kalten Krieg von den USA immer mehr zur Haltung eines weltweiten Interventionsbündnisses mit unendlicher geographischer Ausdehnungsmöglichkeit entsprechend dem Willen des Hegemons USA gedrängt. Merkel unterstützt einen halbseidenen 'Staatschef', der sein Volk in eine Angriffskrieg stürzt. Und jeder deutsche Bürger wird immer mehr als potentielle Gefahr für die innere Sicherheit betrachtet und Erkennungsdienstlich mit Fingerabdruck 'behandelt'.Alles reiner Zufall? Oder paßt es nicht doch gut zusammen? Mit der bisherigen Struktur der BRD seit 1949 hat dies nichts mehr zu tun!Und wenn sogar sehr viele Autoren der taz seit dem georgischen!! Angriff völlig unreflektiert und einseitig auf Rußland eindreschen sollten wir aufpassen!

  • M
    MaxW

    Die Bush-getreue "Merkel stützt Saakaschwili".Eine armselige Politik 'unserer' Regierung!Aber hat sie nicht auch Bush unterstützt mit der Geschichte im Irak? Da ist's eh schon fast egal, ob sie noch einen Präsidenten bei seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg unterstützt. Mit Demokratie hat das allerdings nichts zu tun. Georgien in EU und NATO? Dann möchte ich aber raus!

  • I
    imperialfrost

    strafanzeige wegen hoch verrats gegen frau merkel und die regierung.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=8BqERjsj9LI

     

    es wird auch langsam zeit.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Dass Frau Merkel nichts besseres einfällt, als einem Völkermörder einige Tage nach seiner verrichteten Tat die Aufwartung zu machen, spricht Bände. Wen repräsentiert diese Regierung eigentlich?

     

    Die imperial angelegte und auf Ressourcensicherung abgestellte Politik der NATO bei gleichzeitiger Einkreisung Russlands erweist sich dann als potentiell lebensgefährlich, wenn Verbrecherregime Aufnahme in die NATO finden.

     

    Ungelöste Grenz- und Nationalitätenprobleme im Kaukasus können von Hasadeuren dann gezielt genutzt werden, um den "NATO-Verteidigungsfall zu konstruieren. Die Lügen- und spin-Maschine der organisierten Tatsachenverdreher und professionellen psychologischen Kriegsführer wird dann wieder ganz vorn mitmischen.

  • I
    imperialfrost

    Frau Merkel ist nicht Sondergesande der NATO.

    Wir haben einen Aussenminister

    Georgien in die Nato? Frau Merkel wird hoffentlich dann auch an die Front geschickt, wenn Russland dann im Baltikum einmarschiert.

    Baltikum ist nicht North Atlantik oder was war die Nato nochmal.

    Warum sollte sich Russland diese Frechheiten des Westens gefallen lassen.

     

    Hoffentlich sehen viele Leute wie Frau Merkel, genau wie Herr Blair in England, eine US Marionette ist. Das koennte auch politischen Selbstmord bedeuten fuer die Gute. Naja dass ist ja alles nur Hoffnung. Wenn ich mir die Alternative der SPD ansehe. Mit einem Herrn Steinmeier der ja auch auf _Kurs_ liegt, na dann gute Nacht fuer die naechste Legislaturperiode.

     

    Auch die TAZ sollte vielleicht mal anfangen etwas kritischer ueber unsere Regierung und vor allem die amerikanische Aussenpolitik zu berichten. siehe auch https://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/biblischer-hass-auf-georgien/.