Bundeshaushalt 2017: Noch hält die Null
Trotz steigender Flüchtlings- und Sozialausgaben will Finanzminister Schäuble keine Neuverschuldung bis 2020. Mehrausgaben plant er dennoch ein.
Für 2017 stehen deshalb 180 Millionen Euro in den Etat-Eckpunkten, mit denen die Regierung niedrige Renten aufstocken will. Rentner, die lange gearbeitet haben, jedoch nur Grundsicherung auf Hartz-IV-Niveau erhalten, sollen einen Zuschuss bekommen. 800 Millionen Euro zusätzlich sind für den sozialen Wohnungsbau eingeplant.
Der Etat von Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) steigt um fast 7 Prozent auf knapp 139 Milliarden Euro. Einer Übersicht des Finanzministeriums zufolge belaufen sich die gesamten Sozialausgaben im kommenden Jahr auf etwa 56 Prozent des Bundeshaushalts. Der wichtigste Einzelposten darin ist der Steuerzuschuss zur Rentenversicherung.
Dieser Zuwachs und die Fluchtbewegung nach Europa sind wesentliche Gründe dafür, dass die Ausgaben 2017 um knapp 9 Milliarden steigen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erhält gut 400 Millionen Euro mehr, mit denen er unter anderem mehr Beschäftigte beim Bundesamt für Migration und höhere Ausgaben für die Bundespolizei finanzieren muss.
Der Verteidigungsetat von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) wächst um 2,3 Milliarden Euro, weil die Nato mehr Geld für den Einsatz in Krisengebieten braucht. Das Entwicklungsministerium von Gerd Müller (CSU) erhält einen Zuschlag von gut 500 Millionen Euro. Für Bildung und Forschung stehen gut eine Milliarde Euro mehr zur Verfügung.
Weil die Wirtschaft wächst und die Erwerbslosigkeit niedrig liegt, rechnet Schäuble jedoch auch mit zunehmenden Steuereinnahmen. Positiv hinzu kommen ein höherer Gewinn der Bundesbank und die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt, weshalb das Finanzministerium weniger Geld für den Schuldendienst ausgeben muss.
2018 droht Haushaltslücke
Unter dem Strich soll daher auch 2017 die sogenannte schwarze Null stehen: Schäuble will die Ausgaben komplett aus den Einnahmen bestreiten und keine neuen Kredite aufnehmen. Sein Plan ist es, diesen Kurs bis 2020 fortzusetzen – wobei darüber die nächste Bundesregierung nach der Bundestagswahl 2017 beschließen muss.
Trotz der guten Finanzlage könnte es demnächst allerdings schwieriger werden. Ein erstes Anzeichen: Für 2018 schrieb Schäuble eine „globale Minderausgabe“ von 6,7 Milliarden Euro in die Finanzplanung – eine Haushaltslücke, die man bisher nicht schließen kann. Möglicherweise lässt sich dieses Loch durch steigende Steuereinnahmen stopfen, sicher ist das jedoch nicht.
„Die Finanzierung ihres Haushalts kippen CDU, CSU und SPD der nächsten Regierung vor die Füße“, kritisierte deshalb der grüne Haushaltssprecher Sven-Christian Kindler. Für den sozialen Wohnungsbau stünden außerdem nicht genug Mittel zur Verfügung. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mahnte ein deutlich größeres „finanzielles Engagement des Bundes im Bereich Integration“ von Flüchtlingen an.
Bevor der Etat schließlich vom Bundestag beschlossen wird, folgen nun in den nächsten Monaten die Verhandlungen zwischen den einzelnen Ministerien und mit den Ländern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“