Bürgerschaftswahl in Bremen: Viele Optionen, wenig Alternativen
Die CDU könnte stärkste Kraft bei der Wahl in Bremen werden, sagt eine neue Umfrage. Den Bürgermeister wird sie dennoch wohl kaum stellen.
Bremen taz | Kurz vor der Bürgerschaftswahl ist eine Mehrheit der BremerInnen mit dem rot-grünen Senat unzufrieden – doch die Opposition kann davon im Ergebnis kaum profitieren. Das legen die Ergebnisse einer neuen Umfrage nahe, die Radio Bremen bei Infratest Dimap in Auftrag gegeben hat. Zugleich erteilte die SPD-Landeschefin Sascha Aulepp einer Koalition unter Führung der CDU eine klare Absage: „Wir werden uns nicht zum Steigbügelhalter eines CDU-Bürgermeisters machen“.
Der Umfrage zufolge sind 56 Prozent der Befragten „weniger“ zufrieden“ oder „gar nicht zufrieden“ mit der Arbeit des Senates. Nur die Berliner sind da noch unzufriedener mit ihrer Landesregierung. Gleichwohl zeichnet sich keine Mehrheit jenseits der SPD ab: Zwar ist die CDU in dieser Umfrage mit 26 Prozent der Stimmen erneut die stärkste Partei – sie liegt aber nur einen Prozentpunkt vor der SPD. Das entspricht der Sonntagsfrage des Weser-Kurier vom Februar, die ebenfalls bei Infratest Dimap ermittelt wurde. Die Grünen kommen in der neuen Umfrage erneut auf 18, Die Linke auf zwölf Prozent; im Februar waren es 13. AfD und FDP liegen weiter bei acht und sechs Prozent.
Bei einer INSA-Umfrage für die Bild lagen SPD und CDU im April gleichauf bei 25 Prozent. Die Grünen kamen auf 19, Die Linke auf elf, FDP und AfD auf sieben Prozent.
„Man kann wohl kaum davon sprechen, dass Bremen auf einen Lagerwahlkampf zusteuert“, schreibt der Politologe Lothar Probst von der Uni Bremen in einer am Dienstag veröffentlichten Vorwahlanalyse. Zwar gebe ist in Teilen Bremens nach über 70 Jahren SPD-Herrschaft „den Wunsch nach Veränderung“ – deswegen aber noch keine Wechselstimmung zugunsten der CDU: „Trotz der Angriffsflächen, die der rot-grüne Senat geboten hat, konnte die CDU in Umfragen nur geringe Zugewinne verzeichnen.“ Sie habe keine „eindeutigen Akzente“ gesetzt und nicht deutlich gemacht, was unter ihrer Regierung „anders“ wäre.
Die SPD will nicht „Steigbügelhalter eines CDU-Bürgermeisters“ sein
Dazu passt, dass laut der aktuellen Radio Bremen-Umfrage nur 29 Prozent der Befragten der CDU zutrauen, Probleme besser lösen zu können als die SPD. Für 54 Prozent von ihnen ist eine CDU-geführte Regierung keine Alternative zu einem SPD-dominierten Senat. Nach Probsts Analyse ist ein rot-rot-grünes Bündnis die wahrscheinlichste Option, obwohl eine Ampel- oder Jamaika-Koalition und ein rot-schwarzes Bündnis rechnerisch möglich wären.
Sollte die CDU stärkste Partei werden, hat sich eine Große Koalition „von vornherein erledigt“, sagt Probst klar. Zu schlecht sei in der SPD die Erinnerung an die 2007 abgewählte Regierung mit der CDU, zu schwach die Zustimmung an der eigenen Basis – zumal man im Bund sehen könne, dass der SPD dieses Bündnis „nicht gut bekommt“. Hinzu komme, dass die SPD unter Carsten Sieling, der ja einst selbst das Ende der Großen Koalition vorantrieb, „einen deutlichen Linksschwenk vollzogen“ habe.
Gegen ein Jamaika- oder ein Ampel-Bündnis spricht für den Politikwissenschaftler vor allem, dass Grüne und FDP in der Umwelt- und Verkehrspolitik weit auseinander liegen: Aus seiner Sicht sind das „kaum überwindbare programmatische Differenzen“. Weil darüber hinaus SPD und FDP in sozialen Fragen aber „Welten trennen“, ist eine neuerliche Ampel-Koalition derzeit auch für Probst die unwahrscheinlichste Variante.
Bislang keine Koalitionsaussagen
Bleibt rot-rot-grün – obwohl das durchaus „kein Selbstläufer“ ist, wie es in der Vorwahlanalyse heißt. Zwar gebe es in sozialen wie ökologischen Fragen große Übereinstimmungen in so einem Linksbündnis. Streitpunkt aber ist die Finanzpolitik – die Linken haben den Sparkurs der vergangenen Jahre immer wieder scharf kritisiert, die Grünen aber wollen an ihm festhalten – die Schuldenbremse stehe für sie nicht zur Disposition.
Bislang hat sich keine Partei auf eine Koalitionsaussage festgelegt. Bei der zuletzt historisch niedrigen Wahlbeteiligung erwartet Probst einen „moderaten Anstieg“. Das könnte der SPD helfen – zwischen deren Niedergang in Bremen und der seit langem sinkenden Wahlbeteiligung gebe es einen engen Zusammenhang: Die Volkspartei könne immer weniger WählerInnen integrieren.