Bürgerschaftswahl in Bremen: FDP für mehr Ellenbogen
Die FDP fordert in ihrem Programm zur Bremer Bürgerschaftswahl, die Schulen auf Leistung zu trimmen und die Gewerbesteuer zu senken.
Das klingt ziemlich optimistisch. Denn die FDP liegt in Umfragen bei sechs Prozent und damit in etwa bei ihrem Wahlergebnis von 2015. Damals holten die Liberalen mit Steiner als Spitzenkandidatin 6,6 Prozent und schafften nach vierjähriger Abstinenz den Wiedereinzug in die Bürgerschaft.
Steiner und der Landesvorsitzende Hauke Hilz präsentierten ein Zehn-Punkte-Programm zur Wahl. Dabei konzentriert sich die Partei vor allem auf die Themen Bildung, Wirtschaft und Verkehr sowie mehr Sicherheit.
Das derzeitige Bildungssystem will die FDP umkrempeln: Das Niveau soll durch die Wiedereinführung des Sitzenbleibens und der Noten ab der dritten Klasse erhöht werden. „Bremen ist bei der Schulbildung seit vielen Jahren Schlusslicht in Deutschland“, behauptet Steiner. Viele Bremer Schulabsolventen hätten Schwierigkeiten einen Ausbildungsplatz zu finden. Einige Unternehmen beklagten sich über die mangelnde Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger.
Lencke Steiner, FDP-Spitzenkandidatin
Ein Grund für die FDP, das Leistungsprinzip wieder in den Vordergrund zu rücken. „Der Leistungsgedanke ist in der Gesellschaft negativ behaftet“, findet Steiner. Sie fügt hinzu: „Wer an seine Schulzeit denkt, weiß doch, wie toll es war, nach einem Sportevent auf dem Siegertreppchen zu stehen.“ Tief verbunden mit dem Leistungsprinzip sei eben auch das Sitzenbleiben. Steiner habe damit selbst die Erfahrung machen dürfen und einen Ansporn erlebt, sich in der Schule mehr anzustrengen.
Für die Kitas fordert die Partei flexible Öffnungszeiten. „Die Kita-Angebote müssen an die Lebensrealität der Eltern angepasst werden“, sagt Steiner. Alleinerziehende sollten bei der Kita-Platzvergabe bevorzugt werden. Wie die FDP das Bildungssystem reformieren will, da hält sich Steiner bedeckt. „Wir haben ein gut durchdachtes Konzept und denken, dass unsere Pläne in den nächsten 15 Jahren umgesetzt werden können“, behauptet sie.
Natürlich will die FDP auch eine starke Wirtschaft für das Land Bremen. Unternehmen sollen durch Bürokratieabbau und Senkung der Gewerbesteuer gehalten werden. Einige hätten dem Land den Rücken gekehrt. Dabei sei die Wirtschaft in Bremen stark – trotz schwerer Versäumnisse und Fehler von Behörden und Senat, wie Steiner findet.
Die Liberalen wollen Start-ups aus einem Gründer-Fonds mit 1.000 Euro im Monat fördern. Damit hofft die FDP, mehr Beschäftigung und Steuereinnahmen nach Bremen zu holen. Der Breitbandausbau und freies WLAN an öffentlich zugänglichen Hotspots soll flächendeckend gefördert werden. „Schnelles Internet ist eine Grundvoraussetzung für die Digitalisierung“, sagt Steiner.
Bremer soll wieder mehr Autostadt sein
Beim Thema Verkehr stellen sich die Liberalen gegen die nach ihrer Meinung „bundesweite Autoverhinderungspolitik“. Sie wollen Bremen wieder stärker als Autostadt begreifen. „Wir möchten eine bessere Infrastruktur für E-Autos und Car- sowie Bike-Sharing schaffen“, sagt Steiner. Es müsse ein verdichtetes Stationsnetz geben, damit die Bürger das Leihauto auch für kurze Wege nutzen könnten. Außerdem sollen Busse und Bahnen mit kostenlosem WLAN ausgestattet werden. In den Straßenbahnen wollen die Liberalen einen Ordnungsdienst einsetzen.
Zu guter Letzt soll nach dem Willen der FDP die Zahl der Polizist*innen auf 2.900 in Bremen und 540 in Bremerhaven erhöht werden. Für die FDP habe die Sicherheit der Bürger*innen höchste Priorität. Sie stellt sich aber gegen die Videoüberwachung und will stattdessen die Polizei mit modernem Gerät wie Tablets ausstatten. Wichtig sei außerdem, so Steiner, dass die Polizei wieder überall „Herr der Lage“ werde. „Es kann nicht sein, dass in manchen Bezirken der Respekt vor Clans größer ist als vor der Polizei“, kritisiert die Spitzenkandidatin.
Mit wem die FDP ihre Wahlziele umsetzen will, ließen Hilz und Steiner offen. Sie seien bereit für Gespräche, mit welchen Parteien, werde man sehen, sagte Hilz. Und fügte abschließend hinzu: „Der Weg nach Jamaika ist kurz.“
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