Bürgerschafts-Wahlkampf zieht an: Schwarz schreckt vor Grün zurück
Nachdem die CDU in zwei Hamburger Bezirken mit den Grünen paktiert hat, wirft sie ihnen jetzt plötzlich vor, keine bürgerliche Partei zu sein.
Die darin enthaltenen Punkte zu den Themen Rechtsstaat und Sicherheit stünden eher unter dem Motto „Bagatellisierung und Legalisierung statt Schutz und Strafverfolgung“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete Dennis Gladiator der Deutschen Presse-Agentur. Die Sicherheitsbehörden würden unter Generalverdacht gestellt, der Linksextremismus bleibe trotz der G20-Gewaltexzesse unerwähnt, das Vermummungsverbot solle aufgeweicht, Schwarzfahren und Cannabis-Konsum legalisiert werden.
Der stellvertretende Landesvorsitzende der Grünen, Martin Bill, war überrascht von der Härte der Reaktion. „Cannabis etwa wollen wir seit mindestens 20 Jahren legalisieren“, sagt er. Und das Schwarzfahren zu entkriminalisieren, sei eine Forderung, die von vielen Juristen unterstützt werde. Beides diene aus grüner Sicht auch dazu, die Justiz von Bagatellverfahren zu entlasten. Schwarzfahren zu bestrafen, sei „auch eine Frage der Gerechtigkeit“, findet Gladiator.
Was die Entkriminalisierung des Vermummungsverbots bezwecke, habe die CDU einfach nicht verstanden, vermutet Bill: Befinden sich Vermummte in einer Demonstration und gilt Vermummung als strafbar, muss die Polizei diese Straftat verhindern, was bis zur Auflösung einer Demonstration führen kann. „Bisher können zehn Vermummte eine Demo von 10.000 Menschen lahmlegen“, kritisiert Bill. Hier seien nicht die Rechtsvorschriften das Problem, sondern diejenigen, die sich vermummten, kontert Gladiator.
Polizeibeauftragter könnte auch Polizei helfen
Ein unabhängiger Polizeibeauftragter stehe mitnichten für einen Generalverdacht gegen die Sicherheitsbehörden, sagt Bill. Erfahrungsgemäß nütze eine unabhängige Instanz auch der Polizei, „weil ihre Ermittlungsergebnisse glaubwürdiger sind – gerade auch in den Fällen, in denen sich die Vorwürfe als haltlos erweisen“.
Der CDU-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl, Marcus Weinberg, sprang Gladiator bei. Dieser habe „zu recht moniert, dass das, was die Grünen hier beschließen wollen, für uns nicht tragbar ist. Schließlich habe die CDU eine klare Position bei den Themen Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit.“ In den Bezirken spielten jedoch andere Themen eine Rolle, bei denen es um pragmatische Lösungen gehe.
In Eimsbüttel hat die CDU gezeigt, wie beweglich sie ist. Die Koalition wolle die „untergeordneten Bezirksstraßen grundsätzlich vom Durchgangsverkehr befreien“, heißt es im Koalitionsvertrag mit den Grünen. Auf den Straßen des Bezirks solle Tempo 30 gelten. Pro Stadtteil solle es eine autofreie Straße geben.
In Altona unterstützte die CDU die Wahl der ehemaligen grünen Bürgerschaftsabgeordneten Stefanie von Berg zur Bezirksamtsleiterin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern