Bürgerkrieg im Südsudan: Brutales Tauziehen um die Macht
Die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien intensivieren sich. Das belastet auch die bevorstehenden Friedensgespräche unter der Ägide Äthopiens.
BERLIN taz | Vor dem Hintergrund von Friedensverhandlungen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba verschärfen sich im Südsudan die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien. An der Front unweit der von Rebellen gehaltenen Provinzhauptstadt Bor starb am Sonntag ein hoher General der Regierungstruppen, berichtete BBC unter Berufung auf Militärkreise. Außerhalb von Bor stehen sich mehrere tausend Soldaten der Regierungsarmee von Präsident Salva Kiir und Tausende Meuterer beziehungsweise Kämpfer der Nuer-Volksgruppe des ehemaligen Vizepräsidenten und Rebellenführers Riek Machar gegenüber.
Bor, wo vor über 30 Jahren die heute im unabhängigen Südsudan regierende Befreiungsbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) entstanden war, gilt als wichtiges Faustpfand im Tauziehen um die Macht. Wenn die Rebellen sich um Bor konsolidieren, können sie leicht auf die Hauptstadt Juba vorrücken.
Die Regierungsarmee behauptet, sie sei im Vormarsch auf Bor und auch auf weitere von Rebellen gehaltene Provinzhauptstädte. Ihr Sprecher Philip Aguer musste am Sonntag allerdings bestätigen, dass in zwei weiteren, bisher friedlichen Provinzen im Westen des Landes Militärs in den Aufstand getreten seien. Es wurden schwere Kämpfe aus der Provinzhauptstadt Yei gemeldet, die nahe des Länderdreiecks zwischen Südsudan, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo liegt und ein wichtiger Handelsknotenpunkt ist.
Intensive Schusswechsel wurden am Samstag abend sogar aus Juba selbst gemeldet. Entgegen ersten Berichten handelte es sich offenbar nicht um einen Vormarsch der Rebellen aus Bor, sondern um Gefechte zwischen rivalisierenden Militärs in der Hauptstadt.
Truppenverbände aus Uganda
Unabhängige Beobachter äußern die Sorge, die Regierung versuche, weitere ihrer politischen Gegner in Juba auszuschalten. Ein Nuer-General soll am Samstag in Juba getötet worden sein. Anderen Berichten zufolge ist er desertiert.
Uganda setzte ugandischen Medienberichten zufolge starke Truppenverbände in Bewegung, um verstärkt auf Regierungsseite im Südsudan eingreifen zu können. Ugandas Präsident Yoweri Museveni hat sich öffentlich auf die Seite seines südsudanesischen Amtskollegen Sala Kiir gestellt und hilft diesem bereits mit Spezialeinheiten und Kampfjets.
Am Sonntag veröffentlichten ugandische Medien Bilder von frischen Militärkolonnen, die durch Uganda Richtung Südsudan rollten. Sie berichteten zugleich, die Rebellen hätten Waffen aus ungenannten Drittländern erhalten und rüsteten sich für einen Sturm auf Juba, der noch am Sonntag beginnen werde.
Die Aussicht auf einen Regionalkrieg im Südsudan belastet die Friedensgespräche, die unter Ägide Äthiopiens in Addis Abeba stattfinden. Nach indirekten Vorgesprächen am Freitag und Samstag sollten am späten Sonntag erste Direktverhandlungen anlaufen. Ihr Beginn schien sich allerdings zu verzögern. Nach UN-Angaben sind mittlerweile 189.000 Menschen vor den Kämpfen im Südsudan auf der Flucht. 62.000 davon haben in UN-Einrichtungen Schutz gesucht.
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