Bürgerbefragung zu SUV-Parkgebühren: Paris schreckt Monsterkisten ab
Bürgermeisterin Hidalgo will die SUVs loswerden. Nun sollen Pariser*innen über höhere Parkgebühren für schwere SUV abstimmen.
Viele Stadtbewohner fragen sich, wofür man sich für den Verkehr in einem relativ kleinen und fast gänzlich flachen Zentrum solche Monsterfahrzeuge zulegen soll. Außerdem, warum viele der Autos auch einen Vierradantrieb haben, der mehr für das Fahren auf Schnee oder Geröll als für die Champs-Elysées entwickelt wurde.
Die Nachfrage ist jedoch groß. Im vergangenen Jahr wurden in Frankreich sogar laut dem Fernsehen France-3 erstmals mehr SUV-Fahrzeuge verkauft als „normale“ Limousinen. Der Trend geht also in die gegensätzliche Richtung der rot-grünen städtischen Verkehrspolitik, die auf weniger Autos und vor allem auf weniger Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren setzt und außerdem Fahrrad, Roller und Fußgängerzonen fördert. Und dies trotz heftiger Polemik. Die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo ist deswegen seit Jahren die Zielscheibe von Verwünschungen der Automobilisten, die sich in ihrer „Freiheit“ behindert fühlen.
Am kommenden Sonntag organisiert die Stadtregierung eine Bürgerbefragung zum Thema „Mehr oder weniger SUV in Paris?“. Die klimapolitisch orientierte Stoßrichtung der Kommunalpolitik konnten die Pariser Bürger*innen bereits im April vergangenen Jahres absegnen, als sie sich für ein Verbot elektrischer Mietroller aussprachen. Diese lagen vielerorts in den Straßen herum und waren zum öffentlichen Ärgernis geworden. Obschon sich nur 7,46 Prozent der Stimmberechtigten an der erstmals organisierten Abstimmung beteiligten, war es ein Erfolg für Hidalgo: 89,03 Prozent votierten für ein Verbot, das im September effektiv in Kraft trat.
Hohe Parkgebühren, aber nur für Auswärtige
Der neue Vorschlag besteht konkret darin, die Parkgebühren für die XXL-Fahrzeuge in abschreckender Weise zu erhöhen. Auswärtige Verbrenner mit mehr als 1,6 Tonnen Gewicht und E-Fahrzeuge mit mehr als 2 Tonnen Gewicht sollen je nach Stadtbezirk bis zu drei Mal so hohe Tarife zahlen. Ausgenommen von der Erhöhung wären Quartierbewohner*innen, die in ihrer Parkzone ein Abo mit Vorzugstarifen pro Tag oder Woche haben, außerdem behinderte SUV-Halter sowie berufliche verwendete Fahrzeuge. Das allerdings schränkt die Zahl der betroffenen SUV stark ein.
Ähnliche Maßnahmen gegen die zunehmende Präsenz der SUV hatten bereits die Grünen-Bürgermeister in Lyon und Bordeaux angeordnet. Sie hoffen, dass die massive Erhöhung der Parkkosten SUV-Lenker*innen davon abhält, bis ins Stadtzentrum zu fahren. In Lyon wird eine Parkgebühr nach Gewichtskategorien erhoben. Eine Zwischenbilanz gibt es noch nicht.
Für Hidalgo ist diese Abstimmung (ohne politisch bindenden Wert), an der sich alle Anfang Januar 2024 auf den Wählerlisten Eingetragenen beteiligen können, vor allem ein Kommunikationsmittel, um für ihre umstrittene Verkehrspolitik zu werben. Paris beansprucht unter den Metropolen, die sich für Klimaziele engagiert haben, eine Avantgarderolle. Der Kampf gegen die SUV auf den Parkplätzen ist dabei nur ein Etappe, wenn auch eine mit hohem symbolischen Charakter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag