Buch über Rechtsextremismus in der FPÖ: Unter Kontrolle von Burschenschaftern

In der österreichischen FPÖ sind rechtsextreme Burschenschafter an der Macht. Demnächst sitzen sie wohl in der Regierung.

Männer mit bunten Mützen, darunter Heinz-Christian Strache

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beim Treffen von Burschenschaftern im Jahr 2005 Foto: ap

Niemand soll sagen, er habe nichts gewusst. Hans-Henning Scharsach, ein unermüdlicher Warner vor dem wiedererstarkenden Rechtsextremismus, hat Argumente zusammengeschrieben, warum die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) nicht an die Regierung kommen sollte.

Es sind demokratiehygienische Gründe und sie hängen mit der Struktur der FPÖ zusammen. Unter dem seit 2005 amtierenden Parteichef Heinz-Christian Strache sei die Partei, so Scharsach, zunehmend unter die Kontrolle deutschnationaler Burschenschafter geraten. Die „völkisch-deutschnationale Speerspitze der FPÖ“, die nicht mehr als 0,04 Prozent der Bevölkerung repräsentiert, sei damit „auf dem Sprung, die Macht in Österreich zu übernehmen“.

Dass das keine hysterische Panikmache ist, belegen die Zahlen. Anders als der katholische Cartellverband (CV), die traditionelle Kaderschmiede und Ursprung von Seilschaften der konservativen ÖVP, hätten die deutschnationalen Verbände an Einfluss gewonnen. So sind vom Bundesparteivorsitzenden und seinen fünf Stellvertretern bis auf einen alle korporiert. Im Bundesparteivorstand sind es 20 von 33 Mitgliedern. Zwei davon gehören einer Mädelschaft an. In der Parlamentsfraktion sind es 18 von 38, im Wiener Parteivorsitz alle vier Mitglieder, im Wiener Landesparteivorstand 9 von 16.

Im vergangenen Jahr war Norbert Hofer drauf und dran, als Bundespräsident in die Wiener Hofburg einzuziehen. Der Herr mit dem sanften Lächeln konnte Wähler weit über die traditionelle Anhängerschaft der FPÖ hinaus überzeugen, er sei der richtige Mann, Österreich nach außen zu vertreten. Die Ehrenmitgliedschaft bei der Marko-Germania zu Pinkafeld sah er nicht als unvereinbar mit dem höchsten Amt. In der Burschenschaft treiben sich nicht nur notorische Neonazis herum.

Die „positiven Seiten des Nationalsozialismus“

In allen diesen Burschenschaften ist der „Arierparagraph“ unter dem Namen Abstammungsprinzip noch immer gültig. Hofer, der stets den Eindruck erweckte, er könne kein Wässerchen trüben, wurde als Pressesprecher des einstigen burgenländischen Landesparteiobmanns Wolfgang Rauter politisch sozialisiert. Ein Mann, der dafür eintrat, sich „mit den positiven Seiten des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen“ und einem politischen Mitbewerber beschied, im „Dritten Reich“ hätte er als „Volksschädling“ keine Karriere machen können.

Hofer verantwortet die Überarbeitung des „Handbuchs freiheitlicher Politik“ 2013. Dort wird empfohlen, bestimmte Sozialleistungen der „autochthonen Bevölkerung“ vorzubehalten. In seinem Resumee kommt Scharsach zu dem Schluss, dass Hofer sämtliche Kriterien für die Einstufung als rechtsextrem erfülle.

Hans-Henning Scharsach: „Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften“. Kremayr & Scheriau, Wien 2017, 208 Seiten, 22 Euro

Wenn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in diesem Wahlkampf den Regierungsparteien dirty campaigning vorwarf, so wirft jemand im Glashaus mit Steinen. Denn auf seiner Webseite werden seit Jahren Fake News gestreut, die aus der Giftküche der den Burschenschaften zuzurechnenden Medien kommen. Über die sozialen Medien werden dann in den Echokammern der Strache-Fans üble Verleumdungskampagnen generiert, bei denen dann Gewaltaufrufe wie „Hände abhacken“, „Kopf abschneiden“, „Minenfeld an der Grenze“ oder „Kopfschuss verpassen“ noch die harmloseren sind.

Regelmäßig brodelt auch NS-Gedankengut wie „lasst uns die alten Öfen wieder anwerfen“ oder „Gashahn auf!“ an die Oberfläche. Beim Löschen solcher Hasspostings lässt sich Strache regelmäßig mehr Zeit, als beim Entfernen von Kritik an seiner Person oder Aufrufen zur Mäßigung.

Die dünne Personaldecke der FPÖ lässt befürchten, dass die kommende Regierung eine der Korporierten sein wird. Scharsach liefert einen düsteren Vorgeschmack, was uns erwartet.

Update 29.01.: In einer früheren Fassung dieses Textes stand ein Zitat, das der Buchautor fälschlicherweise dem ehemaligen Burschenschafter Jürgen Hatzenbichler zugeschrieben hatte. Wir haben das Zitat entfernt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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