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Buch über AfD-FraktionsvorsitzendenGauland legt die Axt an

Interessante Details: Der Journalist Olaf Sundermeyer untersucht in seinem neuen Buch die Rache des AfD-Fraktionsvorsitzenden.

Der Mann mit der Hundekrawatte: Alexander Gauland Foto: dpa

Alexander Gauland ist ohne Zweifel ein interessanter Mann. Der Partei- und Fraktionschef der AfD, der als Flüchtling aus der DDR in die Bundesrepublik kam, hier Jura studierte und in der CDU Karriere machte, galt früher als kluger und belesener Konservativer, mit dem auch Grüne gern diskutierten.

Heute will er wieder stolz auf die Soldaten der Wehrmacht sein dürfen, sagt, dass der Nationalsozialismus „ein Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte sei und dass die ehemalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, in Anatolien entsorgt gehöre.

Dem offenen Schulterschluss seiner Partei mit Rechtsextremisten stellt er sich nicht entgegen, im Gegenteil. Es ist atemberaubend, in welchem Tempo sich der Mann, zu dessen Markenzeichen eine Hundekrawatte geworden ist, und mit ihm seine Partei sich immer weiter radikalisieren.

Wie es dazu kommen konnte, hat schon viele JournalistInnen interessiert, in den vergangenen Jahren sind zahlreiche Gauland-Porträts erschienen. Sie alle versuchten eine Antwort auf die Frage zu finden, was den heute 77-Jährigen treibt. Jetzt hat Olaf Sundermeyer, Reporter beim Rundfunk Berlin-Brandenburg mit den Schwerpunkten Rechtsextremismus, Kriminalität und Gewalt im Fußball, eine Gauland-Biografie verfasst, die sich auf 176 Seiten dem Mann annähert, der mehr als die Hälfte seines Lebens der CDU angehört hat.

Dazu hat der Autor die verschiedenen Stationen von Gaulands Leben unter die Lupe genommen, mit zahlreichen Weggefährten gesprochen, auch Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, der französische Staatsmann und Diplomat, den Gauland verehrt, wird zur Erklärung herangezogen. Talleyrand gilt vielen als Inbegriff des Opportunisten.

Das lässt sich gut weglesen und ist nicht uninteressant, doch wirklich neue Gedanken zur Erklärung Gaulands bietet Sundermeyer nicht. „Die Rache des alten Mannes“, wie das Buch im Untertitel heißt, wurde eben schon vielfach beschrieben. Und vielleicht ist es wirklich so: Dass Gaulands AfD-Karriere letztlich ein Egotrip ist, dass dieser, wie Sundermeyer es formuliert, „die Axt an das politische System legt, das für ihn keine Verwendung mehr hatte“.

Das Buch

Olaf Sunder­meyer: „Gauland. Die Rache des alten Mannes“. C. H. Beck, München 2018, 176 S., 14,95 Euro

Interessante Detailgedanken aber finden sich in dem Buch. Dass Gauland einer der wenigen Westpolitiker ist, der den Osten verstanden hätte, ist so ein Gedanke. Dass Pegida ein zentraler Moment in Gaulands Selbstradikalisierung gewesen ist. Und dass er sich auf neurechte Vordenker wie Götz Kubitschek einlasse, weil er sonst niemanden (mehr) hat, mit dem er auf Augenhöhe diskutieren kann.

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13 Kommentare

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  • Die Krawatte sagt etwas über den Charakter des Trägers aus. Im Normalfall beurteilt man als Verkäufer, den Kunden nach seiner Krawatte. Der hochgekommene Müllkutscher B. aus dem Münsterland, welcher zum Geschäftsführer eines Baustoffverwertungsbetriebes geworden ist, verrät durch seine kleinkarierte Kaufhauskrawatte, dass er gern hemdsärmelig auf Stammtischniveau behandelt werden möchte. Wer Motivkrawatten trägt, besitzt ein übermäßiges Kindheits-ich und möchte auf dieser Ebene angesprochen werden.

    Seidenschals und Sarongs lassen den Verkäufer sich fragen, ob er in der richtigen Abteilung gelandet ist.

    Kenntnisse der Transaktionsanalyse sind in Verkaufsgesprächen sehr vorteilhaft. Daher gehört die Kundendiagnostik zu einem seriösen Verkaufsseminar.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @achterhoeker:

      Danke für die profunden Hinweise.

      Dass ich Seidenschals und Sarongs NICHT beim Krawattenverkäufer kaufe, habe ich vorausgesetzt.

      Sie haben es wohl auch mit Oscar Wilde: Ich kann allem widerstehen. Nur nicht der Versuchung. ^^

  • Mein Gott, ein alter weißer Mann halt, für den die CDU keine Verwendung mehr hatte und der sich zu höherem berufen fühlt.

    Schon in den 90ern hat er ausgetestet, wie weit man sich in der CDU nach rechts bewegen kann. Offensichtlich nicht weit genug; auch wenn er bereits damals versucht hat, einen unliebsamen Beamten über eine falsche eidesstattliche Erklärung loszuwerden und durch einen stramm rechten zu ersetzen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Lapa:

      Tun Sie mir einen Gefallen? Bleiben Sie bei Herrn Gauland - und s e i n e r spezifischen Ausprägung. Es gibt sicherlich genug Stoff, darüber zu schreiben, ohne dass hier andere alte, weiße Männer in Generalhaftung genommen werden müssen, die grundlegend anders sind.

      Ich nehme an, Sie möchten auch nicht in einer Schublade abgelegt werden, wo sie nicht reinpassen???

      • @76530 (Profil gelöscht):

        S e i n e spezifische Ausprägung ist doch: Er ist alt, er ist weiß und er ist weit rechts.



        Was ist daran falsch? Gut, er trägt als gefühlter ehemaliger Landjunker Hundekrawatten; aber sonst?

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Lapa:

          Ihre Konnotation (ein alter weißer Mann halt) klingt so, als müssten ALLE alten weißen Männer so sein. Dagegen erfolgte mein Einwand.

          Wenn es nicht so gemeint war: umso besser!

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wenn ich Krawatten tragen würde (was ich nicht tue), würde ich Krawatten mit Wölfen, Katzen, Hasen, Elefanten, Bären, Tigern, Gazellen, Erdmännchen oder Adlern tragen. Oder etwas ganz anderem.

    Was würde das über meine politischen Haltungen aussagen???

    • 9G
      99663 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      sie scheinen eher so der ungezähmte wildtier-typ zu sein:) ... im gegensatz zu herrn gauland, dessen hundekrawatte eher signalisiert: hier wedelt alex, der treue freund des großkapitals.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @99663 (Profil gelöscht):

        Das geht ja runter wie Öl. Bitte mehr davon.

        Gez.: Narziss.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Dass Sie in den achzigern des letzten Jahrhunderts verhaftet sind, denn da waren diese Motivkrawatten "in".



      Soweit meine bescheidenen modehistorischen Kenntnisse.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Tom Farmer:

        Verhaftet wäre etwas anders. Wie ich schrieb, trage ich keine Krawatten mehr, sondern trug sie.

        Seit über zwanzig Jahren liebe ich Seidenschals und Sarongs. Wofür oder wogegen spricht das? Wo bin - oder werde - ich verhaftet???

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Das verrät klar, dass Sie nicht verhaftet worden sind, weil Sie nie aus der Opiumhöhle Blauer Lotos rausgegangen sind.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @Eulenspiegel:

            Danke für das Schließen dieser Bildungslücke. Sie wissen, dass viele Geschichten von Tim und Struppi auf Mythen und Legenden beruhen?