Bruno Labbadia trainiert jetzt Hertha: Der Trainer als Therapeut
Bruno Labbadia hat bei seinen letzten Stationen gezeigt, dass er großen Aufgaben gewachsen ist – und übernimmt Hertha BSC. Ein Wochenkommentar.
Bruno Labbadia hätte also Gelegenheit gehabt, über sich und seine Gefühlswelt zu sprechen. Stattdessen sagte er, was ihn am meisten beschäftige, sei nicht die Frage, der wievielte Trainer er sei, sondern was diese Situation mit der Mannschaft gemacht habe. Nicht als Trainer sprach der 54-Jährige in diesem Moment, sondern als Therapeut.
Und den hat die Mannschaft von Hertha auch dringend nötig. Zuletzt haben die Spiele in Düsseldorf und zu Hause gegen Werder Bremen mit den frühen Gegentoren und den wilden Aufholjagden gezeigt: Da steht eine komplett desorientierte Elf auf dem Platz, die alle Automatismen verloren hat, sich gleichzeitig aber selbst einen Ruck geben kann. Wobei in den Wochen, bevor Corona den Ligabetrieb stoppte, auch deutlich war, dass dieser Ruck nicht vom Trainer kam, sondern den ehemaligen Führungsspielern, die unter Klinsmann aussortiert worden waren. Alexander Nouri, Herthas Trainer Nummer drei, war dabei eher Problem als Lösung. Das Gleiche galt für Nummern eins und zwei.
Nun also Nummer vier. Die Arbeit, die Bruno Labbadia vor sich hat, ist immens. Er muss den einzelnen Spielern Selbstvertrauen geben, der Mannschaft wieder eine Struktur, Hierarchien nicht zerstören, sondern wieder aufbauen, und erfolgreich soll er auch noch sein. Schließlich kämpft Hertha immer noch gegen den Abstieg. Der Abstand zum Relegationsplatz beträgt sechs Punkte.
Allerdings hat Labbadia bei seinen letzten Stationen gezeigt, dass er solchen Aufgaben gewachsen ist. Wolfsburg hat er vor dem Abstieg gerettet und in der darauf folgenden Saison in die Europaleague gebracht. Vor allem menschlich, wird ihm seitdem nachgesagt, sei er anständig, geradeaus, eine natürliche Autorität also. Als Trainer und als Therapeut, der er nun sein muss.
Dass er nun schon vor der Sommerpause nach Berlin kam, spricht sowohl für ihn als auch für Manager Michael Preetz. Denn es geht derzeit weniger um einen Feuerwehrmann, der eine Mannschaft vor dem Abstieg retten soll. Vielmehr steht in der Coronapause bereits eine vorgezogene Saisonvorbereitung ins Haus. Das kann in der nächsten Spielzeit, in der Hertha hoch hinaus möchte, von Vorteil sein.
Vorausgesetzt, der Klassenerhalt gelingt. Erst Therapeut, dann Trainer, so lautet das aktuelle Stellenprofil von Bruno Labbadia.
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