Brüssels Auflagen an Griechenland: Ein steiniger Weg zu neuen Milliarden
Griechenland muss für eine neue Kredittranche noch die Finanzminister zufrieden stellen. EU-Parlament und -Kommission bleiben außen vor.
BRÜSSEL taz | Die Einigung zwischen Griechenland und der Eurogruppe im Schuldenstreit steht vor einer neuen Hürde. Auf Drängen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wurde die Regierung in Athen dazu verdonnert, eine Liste der geplanten Reformen vorzulegen. Sollte diese nicht die Zustimmung der Gläubigerstaaten in der Eurozone erhalten, könnte die ganze Einigung noch platzen.
Es ist ein knallhartes Ultimatum: Bis Montagabend muss Finanzminister Janis Varoufakis seine Reformliste liefern. Dabei sind ihm die Hände weitgehend gebunden: Varoufakis muss nämlich die Auflagen abarbeiten, die im laufenden, nun um vier Monate verlängerten Hilfsprogramm enthalten sind. Die Kürzungen und Privatisierungen, die die neue Regierung in Athen eigentlich beenden wollte, gehen also weiter.
Nur beim Kampf gegen Steuerflucht und Korruption kann Athen neue Akzente setzen. Die Liste muss dann von den Institutionen – also der zu kosmetischen Zwecken umbenannten Troika – genehmigt werden. Danach muss die Eurogruppe zustimmen.
Doch selbst wenn Athen diese Hürde nimmt, fließt immer noch kein Geld. Denn die Einigung muss auch von einigen nationalen Parlamenten abgesegnet werden. Im Bundestag gibt es schon Widerstand. Der CSU-Finanzexperte Hans Michelbach will die Abstimmung, die eigentlich vor dem 28. Februar – dem Ende des aktuellen Hilfsprogramms – geplant war, in den März hinauszögern. Die Abgeordneten müssten die Athener Vorschläge einer „Tiefenprüfung“ unterziehen, sagte er.
Eine Beteiligung des Europaparlaments ist hingegen nicht vorgesehen. Auch die EU-Kommission ist, obwohl sie Teil der Troika ist, weitgehend aus dem Spiel. Bei den Krisensitzungen der Eurogruppe hatten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem alle Versuche von Kommissionschef Jean-Claude Juncker abgeblockt, den Griechen entgegenzukommen.
Die Kompromisssuche sei am Nein von Schäuble gescheitert, sagt der US-Ökonom James Galbraith, der die Verhandlungen in Brüssel beobachtet hat. Der Mangel an Abstimmung und Kooperation zwischen den EU-Institutionen sei schockierend, zitiert ihn das US-Magazin Fortune. „Die EU-Kommission und die anderen Institutionen waren konstruktiv“, betonte der US-Experte. „Doch die Geldgeber, das sind die Finanzminister, und die sind gespalten und feindlich.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett