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Brüchige Feuerpause im JemenGefechte in mehreren Provinzen

Am Sonntagabend endet die Waffenruhe im Jemen. Der UN-Sondergesandte plädiert für eine Verlängerung – auf einer Konferenz, an der die Huthis nicht teilnehmen.

Ein bisschen Normalität während der Waffenruhe in Sanaa Bild: dpa

RIAD/SANAA/RIAD rtr/afp/afp | Im Jemen-Konflikt hat der UN-Sondergesandte Ismail Uld Scheich Ahmed eine Verlängerung der am Sonntagabend endenden Waffenruhe gefordert. Die Bürgerkriegsparteien sollten die Kämpfe fünf weitere Tage ruhen lassen, sagte der mauretanische Diplomat am Sonntag auf einer Jemen-Konferenz der Golfstaaten in der saudiarabischen Hauptstadt Riad.

Der jemenitische Vizepräsident Chaled Bahah erklärte, seine Regierung unterstütze eine Verlängerung der auslaufenden Feuerpause. Dies hänge aber davon ab, wie sich die Lage entwickle. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte bei einem Besuch in Jordanien, er hoffe, dass es gelinge, die Waffenruhe zu verfestigen, um die Bevölkerung nach wochenlangen Kämpfen mit dringend benötigter Hilfe zu versorgen. „Wir unterstützen diese Bemühungen nach Kräften.“

Trotz der seit Dienstag geltenden Waffenruhe wurde auch am Wochenende in mehreren Provinzen weiter gekämpft. Dabei wurden in der Stadt Tais in der Nacht zum Sonntag mindestens zehn Menschen getötet. Die Hafenstadt ist die Hochburg der regierungstreuen Milizen, die im Kampf gegen die Huthi-Rebellen von Saudi-Arabien mit Luftangriffen unterstützt werden. Auch aus Dhalea wurden Gefechte gemeldet.

Drei Zivilisten seien zudem in der Hafenstadt Aden im Süden des Landes durch Mörsergranaten und Schüsse getötet worden, teilten Sicherheitsbeamte am Samstag mit. Die schiitischen Huthi-Rebellen werden vom Iran unterstützt, Saudi-Arabien will den geflohenen sunnitischen Präsidenten Abd-Rabbu Mansur Hadi wieder einsetzen. Unklar blieb, wer genau die Feuerpause verletzte.

Die Huthis saßen nicht mit am Tisch

Saudi-Arabien, das seit Ende März mit verbündeten Staaten Luftangriffe gegen die Huthi-Rebellen fliegt, hatte den Waffenstillstand aus humanitären Gründen angekündigt. Während der fünf Tage soll die eingeschlossene Zivilbevölkerung mit Hilfsgütern versorgt werden. Die Feuerpause wurde aber bereits mehrfach gebrochen. Beide Seiten machten sich dafür gegenseitig verantwortlich.

Die aus dem Norden des Jemens stammenden schiitischen Huthi-Rebellen wollen die Macht im Land ganz übernehmen und kämpfen mit ihren Verbündeten gegen Truppen des gewählten Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Dieser war Ende März vor dem Vormarsch der Huthis nach Saudi-Arabien geflohen.

Auf der von Saudi-Arabien initiierten dreitägigen Jemen-Konferenz unter Schirmherrschaft des Golf-Kooperationsrats diskutieren rund 400 jemenitische Politiker und Angehörige von Stammesgruppen über die Zukunft ihres von Unruhen zerrissenen Landes. Die schiitischen Huthi-Rebellen, die die Hauptstadt Sanaa und weite Teile im Norden des verarmten Landes kontrollieren, saßen allerdings nicht mit am Verhandlungstisch. Sie hatten es abgelehnt, an den Gesprächen teilzunehmen.

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2 Kommentare

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  • Der Gorilla auf dem Platz wird beharrlich übersehen - nicht nur in diesem Artikel: Saudi-Arabien hat ca. 23 Millionen Staatsbürger, die sich nahe der Grenze zum Jemen konzentrieren. Ein großer Teil Jazaans und Asirs gehörten früher zum Jemen. Direkt südlich der Grenze liegen die Houthi-Provinzen. Auf beiden Seiten der Grenze fällt genug Regen für Landwirtschaft - im größten Teil der Arabischen Halbinsel ist das nicht der Fall.

     

    Das Pro-Kopf-BNP in Saudi-Arabien liegt 38fach über dem jemenitischen. Die Armutsmigration aus dem Jemen nach Norden wurde 2012 drastisch unterbunden, nachdem sie bereits 1991 stark beschränkt worden war, weil der damalige jemenitische Präsident Ali Abdullah Salih seine Unterstützung für Saddam Hussein nach dessen Annexion Kuwaits kundgetan hatte.

    Der Jemen hat ca. 25 Millionen Einwohner, ein noch stärkeres Bevölkerungswachstum als Saudi-Arabien und viele junge Männer zwischen 16 und 30 Jahren, von denen die meisten sehr gut mit Handwaffen umgehen können und welche besitzen. Sollten die Jemeniten einig werden darin, sich ihr Stück des arabischen Kuchens im Norden zu holen, gäbe es wenig, was sie stoppen könnte. Den Bodenkampf in ariden Regionen beherrschen viele Jemeniten sehr gut.

     

    Als Ex-Präsident Salih Teile der jemenitischen Armee den Houthi an die Seite stellte, bekamen die Saudi vor deren Kampferfahrung Angst. Genau deshalb bombardieren sie den Jemen - es geht nicht darum, irgendwelchen Exilierten zu ihrem Recht zu verhelfen, sondern um das Kleinhalten des militärischen Potenzials beim Nachbarn. Dabei hilft den Saudi (gewollt oder nicht) "Al Qaida auf der arabischen Halbinsel", die sich große Teile des dünn besiedelten Gebiets im Wadi Hadramout im Ostjemen nebst der Hafenstadt Mukalla unter den Nagel gerissen haben.

     

    Angesichts der jetzt schon bei Bombenangriffen getöteten Frauen und Kinder könnten die Saudi die Wut der Jemeni auf sie erst richtig geschürt haben...

  • Bitte prüft wenigstens die Agenturmeldungen, bevor Ihr sie auf Eure Titelseite setzt!

     

    - Ta'izz liegt auf 1.450 m und ist keine Hafenstadt.

     

    - الضالع hat mehrere Umschrift-Möglichkeiten, u.a. Ad-Dhali', Al-Dhale', Dhale - aber nicht "Dhalea"

     

    - "Die aus dem Norden des Jemens stammenden schiitischen Huthi-Rebellen wollen die Macht im Land ganz übernehmen": Das ist völlig falsch. Sie wollen - das ist ihre Maximalforderung - eine Teilautonomie und eine eigene Region im Norden, bestehend aus den Provinzen Saada, Hajja, Teilen von Al Jauf und Amran. Ihren Vormarsch begannen sie als Reaktion auf die gescheiterte National Dialogue Conference, auf der zwei ihrer Verhandlungsführer erschossen wurden und man auf ihre Vorschläge überhaupt nicht einging. Sie wollten Präsident Hadi und das Parlament dazu zwingen, ihnen die Teilautonomie zu gewähren. Hadi sowie seine Minister wollten sie im Amt lassen. Jene wollten das auf gar keinen Fall und verschwanden aus Sana'a.

     

    - "Die schiitischen Huthi-Rebellen werden vom Iran unterstützt" - der Iran hat sie nicht bewaffnet oder finanziert. Die Unterstützung beschränkt sich bisher auf eher geringe Hilfslieferungen und Diplomatie. Im Übrigen ist der Konflikt beim besten Willen nicht religiös motiviert. 40% der Yemeni sind Zaiditen, ihre Religionspraxis unterscheidet sich kaum von jener der jemenitischen Sunniten, aber sehr stark von jener der iranischen 12er-Schiiten.