Britische Polizei: Oft Probleme mit der Balance
Entweder zu zurückhaltend oder zu brutal: Die britische Polizei steht in der Kritik. Und das nicht erst seit den jüngsten Krawallen in London und anderen Städten.
LONDON taz | Unbewaffnet und mit einem eiförmigen Hut auf dem Kopf, Passanten freundlich grüßend und hier und da ein Schwätzchen haltend - ungefähr so sieht das Idealbild des Bobbys, des britischen Polizisten, aus.
Andererseits sorgt die britische Polizei immer wieder für Diskussionen. So etwa bei den Studentenprotesten im vergangenen Jahr. Dabei schien es, als tue sich die Londoner Polizei schwer, eine angemessene Balance zu finden. Zunächst war sie kaum präsent, Randalierer stürmten die konservative Parteizentrale, legten Feuer, und einer warf einen Feuerlöscher vom Dach.
Aber bei der folgenden Demonstration im Dezember preschten berittene Polizisten durch die Menge, prügelten auf einen Rollstuhlfahrer ein und hielten mehrere hundert Studenten bis 11 Uhr nachts in der Kälte auf einer Brücke über die Themse fest.
Eine ähnliche Entwicklung nahmen die Einsätze in den zurückliegenden Tagen. Während in der ersten Nacht des Krawalls am Samstag in Tottenham hielt sich die Polizei zurück und war kaum präsent. Am Dienstag hat die Polizei ihr Aufgebot in London stark erhöht und ging in anderen Städten härter vor. Fünf Polizisten sollen angeblich einen offenbar unbeteiligten Radfahrer in einer Nebenstraße in Manchester zusammengeschlagen haben. Das zeigt ein Video, das am Mittwoch auf YouTube hochgeladen wurde, berichten die britischen Medien.
"Die Polizei muss aufhören, ihre Fehler vertuschen zu wollen"
Anders als in Deutschland gibt es in Großbritannien eine Behörde neben der Polizei, die Polizeigewalt untersucht, die Independent Police Complaints Commission (IPCC). Nicht nur das britische Polizeimodell, auch die IPCC steht in den vergangenen Tagen stärker unter Druck, denn das Vertrauen in die Wahrhaftigkeit der Polizei hat die Bevölkerung verloren. Zu systematisch habe die Polizei in der Vergangenheit versucht, die Öffentlichkeit mit Fehlinformationen abzuspeisen. "Die Polizei muss aufhören, ihre Fehler vertuschen zu wollen", fordert der Independent in einem Leitartikel.
Der Fall des Todes von Mark Duggan während seiner Verhaftung ist nur der jüngste in einer Reihe ähnlicher Fälle. Dieselbe Polizeieinheit stünde schon länger in der Kritik, sagt Helen Shaw vom Verband Inquest, der Todesfälle in Polizeigewahrsam untersucht. 2005 starben zwei Männer unter ähnlichen Umständen wie jetzt Mark Duggan. Die Untersuchungen der IPCC sind teilweise noch nicht abgeschlossen. "Damit die Londoner ihrer Polizei vertrauen können, muss die Wahrheit über diese Tode ans Licht", sagt Helen Shaw.
Die Zahl der Toten bei Polizeiaktionen ist allerdings seit mehr als zehn Jahren rückläufig, wie aus einem Bericht der IPCC aus dem vergangenen Jahr hervorgeht. 2001 gab es insgesamt 30 Tote und 2,4 Fälle pro 100.000 Verhaftungen, 2009 starben insgesamt 15 Menschen im Zusammenhang mit Polizeiaktionen bei einer Quote von einem Todesfall pro 100.000 Verhaftungen. Bei fast der Hälfte aller Todesfälle von Schwarzen ist die Polizei entweder direkt beteiligt oder anwesend. Bei Weißen beträgt diese Rate 4 Prozent.
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