Britische Miniserie „Landscapers“: Bieder und verschroben

Die auf Sky zu sehende Serie „Landscapers“ zeigt ein Ehepaar in einer Scheinwelt. Es flüchtet davor, dass es zwei Menschen getötet haben soll.

Ein Mann und eine Frau stehen untergehagt auf einem Bahnsteig

Susan (Olivia Colman) und Christopher Edwards (David Thewlis) Foto: Sky Studios/dpa

True Crime ist im Serien-Bereich nach wie vor das Gebot der Stunde, dokumentarisch genauso wie fiktional. Nicht zuletzt in Großbritannien rollen TV-Autor*innen einen realen Fall nach dem nächsten auf, meist für kurze Miniserien wie „The Pembrokeshire Murders“, „Des“ oder zuletzt „Four Lives“, einen BBC-Dreiteiler über den sogenannten Grindr-Killer, der hierzulande noch auf Ausstrahlung wartet.

Gemeinsam ist diesen Produktionen, dass sie sich – da die Frage nach dem Täter längst geklärt ist – ganz auf die Details der Ermittlungsarbeit oder auf juristische Fragen konzentrieren. Davon kann nun in „Landscapers“ (Sky) keine Rede sein. Doch die Serie ist auch sonst in vieler Hinsicht ein bisschen anders als andere.

Clevere Po­li­zis­t*in­nen sind es auch gar nicht, die im Herbst 2013 den Mord an Patricia und William Wycherley aufdecken, sondern lediglich ein Anruf von Christopher Edwards (David Thewlis) bei seiner Stiefmutter. Bei der meldet der sich eigentlich nur, um nach einer Finanzspritze zu fragen, geht ihm und seiner Frau Susan (Olivia Colman), mit der er seit geraumer Zeit ohne Arbeit in Frankreich lebt, doch allmählich das Geld aus. Eher nebenbei berichtet Edwards dabei, dass im Garten eines englischen Vorstadthauses die Leichen von Susans Eltern vergraben liegen, deren Verschwinden 15 Jahre lang unbemerkt geblieben war.

„Landscapers“, alle 4 Episoden auf Abruf bei Sky.

Mutter Patricia habe damals Vater William erschossen, woraufhin Susan die Waffe ergriffen und sich so sehr von ihrer Mutter provozieren lassen habe, dass sie abdrückte und diese tödlich verletzte. So lautet die Aussage der Edwards, als sie – freiwillig, wohlgemerkt – im Eurostar nach England zurückkehren und sich der Polizei stellen, die nach einem Anruf der Stiefmutter bei Ausgrabungen prompt fündig wurde. Bis heute beteuert das reale Ehepaar, das im Sommer 2014 zu lebenslanger Haft wegen zweifachen Mordes verurteilt wurde, auch in echt seine Unschuld.

Ambivalenzen im Tonfall

Doch in „Landscapers“ stehen nun die Fragen, wie es zu diesem Schuldspruch kam oder ob die Edwards tatsächlich kaltblütig einen Mord geplant haben, um sich an Hausverkauf und Rentengeldern zu bereichern, gar nicht unbedingt im Vordergrund. Die vierteilige Serie, deren Drehbuch von Olivia Colmans Ehemann Ed Sinclair stammt, ist nämlich weder als Krimi angelegt, noch geht es ihr um größtmöglichen Realismus bei der Aufdröselung eines ohne Frage seltsamen Falles.

Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen

Stattdessen zeichnet Sinclair das Bild eines symbiotischen Paares, das gleichzeitig ganz gewöhnlich bieder und höchst verschroben zu sein scheint. In „Landscapers“ sehen wir die beiden, die sich über eine Partneragentur kennenlernten und kinderlos blieben, als zwei einsame und empfindsame Seelen, die es im Leben nie leicht hatten, aber beieinander Halt und Liebe fanden. Statt der kaltblütigen, aus niederen Motiven handelnden Killer, als die das Paar Er­mitt­le­r*in­nen darstellen, erscheinen sie eher wie seelenverwandte schräge Vögel, die beide vom Schicksal gebeutelt sind und sich von Notwehr und Naivität leiten ließen. Doch auch dieses Selbstbild unterwandert die Serie immer wieder.

Neben Thewlis und der wie immer sensationellen Colman in den Hauptrollen ist es tatsächlich die Art und Weise, wie Sinclair und vor allem Regisseur Will Sharpe diese Geschichte erzählen, die „Landscapers“ zum Ereignis macht. Ambivalenzen im Tonfall werden nicht vermieden, sondern betont; statt Spannung werden schräger Humor und bittere Wahrhaftigkeit groß geschrieben. Immer wieder durchbricht Sharpe (dessen originelles Kinodebüt „Die wundersame Welt des Louis Wain“ im April in die Kinos kommt) die vierte Wand und zeigt die eigenen Kulissen und Kameras.

Überhaupt verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion in vieler Hinsicht, mit visuell höchst einfallsreichen Visionen und Traumsequenzen. Nicht zuletzt die Vorliebe der Edwards für alte Filme, in deren Folge Susan sich für den Ankauf alter Poster und Memorabilia hoch verschuldete und obendrein größte Mühen auf sich nahm, ihren Mann glauben zu lassen, er führe eine Brieffreundschaft mit Gérard Depardieu, ist dabei für den Regisseur ein schier unerschöpflicher Fundus für diese ungewöhnliche Serie.

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