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„Brigitte“ wieder mit Profi-ModelsDie „Normalen“ reißen's nicht

Die Frauenzeitschrift „Brigitte“ hatte damit geworben, ohne professionelle Models auszukommen. Damit ist jetzt wieder Schluss – die Leserinnen seien irritiert.

Das war die erste „Brigitte“ ohne Models, aber mit Diät-Plan. Bild: dpa

HAMBURG afp | Mehr als zweieinhalb Jahre nach der Verbannung von Profi-Models aus seiner Frauenzeitschrift Brigitte beendet der Hamburger Gruner + Jahr-Verlag das Experiment: In der nächsten Ausgabe werden auch wieder Profis zu sehen sein, teilte das Unternehmen am Donnerstag in der Hansestadt mit.

Jedoch werde die Redaktion nicht auf den seit 2010 praktizierten Einsatz „normaler“ Frauen bei Fotostrecken verzichten, sondern künftig „einen Mix aus Foto-Produktionen mit professionellen Models und Laien-Models präsentieren“.

Zur Begründung verwiesen die Brigitte-Chefredakteure Brigitte Huber und Stephan Schäfer in dem vorab veröffentlichten Editorial für die neue Ausgabe auf die gemischten Rückmeldungen aus der Leserschaft. Viele Käufer hätten in letzter Zeit ausgesagt, dass sie die Idee zwar gut fänden, sich bei Mode- und Kosmetikfotostrecken aber abgelenkt fühlten, wenn die Artikel von „normalen“ Frauen gezeigt würden. Einige fühlten sich durch das Aussehen der professionell zurechtgemachten Laien-Models „von der Straße“ erst recht unter Druck gesetzt.

Brigitte werde ab dem neuen Heft immer dann mit professionellen Models arbeiten, „wenn wir glauben, dass es für ein Thema oder auch das Titelbild besser passt“, erklärten die Chefredakteure. Auf extrem magere Profi-Models werde aber verzichtet: „Size-Zero-Figuren werden Sie weiterhin nicht zu sehen bekommen.“

Brigitte hatte seit Anfang 2010 als erste Frauenzeitschrift weltweit auf den Einsatz professioneller Models bei eigenen Fotoproduktionen verzichtet. Stattdessen wurden dafür Frauen ausgewählt, die sich dafür per Internet an die Redaktion wandten oder die von Redakteuren ausgewählt wurden.

Die Aktion unter dem Titel „Ohne Models“ hatte damals auch international großes Aufsehen erregt. Der Verlag hatte das Projekt als ein bewusstes Statement gegen unrealistische Schönheitsideale und als einen wichtigen Appell an die Modebranche bezeichnet.

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8 Kommentare

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  • C
    casagrande

    Naja, ich finde die ganze Diskussion eher lächerlich. Wer mal die Brigitte-Ausgaben "ohne Models" genauer durchgeblättert hat, wird feststellen müssen: so wirklich gravierend war der Unterschied nun auch wieder nicht der dort abgebildeten "normalen" Frauen zu professionellen Models. Frauen mit Bauch, Reiterhosen oder sehr kleinen Brüsten konnte man dort vergeblich suchen. Die Frauen entsprachen genauso den gängigen Schönheitsnormen, waren jung, schlank, gut proportioniert usw. Von daher war die ursprüngliche Idee ja ganz nett, aber in der Umsetzung scheiterte Brigitte leider kläglich. Und setzt damit die Leserinnenschaft noch mehr unter Druck, indem dieser vermittelt wird: Sieh her, selbst die Durchschnittsfrau von nebenan sieht besser aus als du! Frauenzeitschrift bleibt eben (leider) Frauenzeitschrift. Also, Brigitte, back to the roots!

  • IA
    Ihr Annika

    Die „Normalen“ reißen's nicht, weil sie zu fett sind, wollten sie wohl schreiben.

  • A
    Anita

    Auch wenn es keine zugeben will:

    Ich fuehle mich von den Plakatschoenheiten unter Druck gesetzt.

    Mein Mann sieht die ja auch.

    Ueberall diese wunderschoenen, makellosen Frauen, als ob es nur solche gaebe.

    Und dann kommt er heim und da sitzt eine, die alles andere als makellos ist.

    Ueberall die Frauen, die muehelos Karriere, Haushalt und Kinder unter einen Hut bringen und dabei noch glaenzend aussehen.

    Natuerlich ist das nicht real.

    Aber das Unterbewusstsein weiss nix von Photoshop.

    Man glaubt, was man sieht.

    Auch wenn das gesehene 1000 mal retuschiert wurde.

    Und dann fuehlt man sich als Versager, weil die 30 Schwangerschaftskilos immer noch nicht runter sind, man in der Kueche vom Fussboden essen kann (weil genug rum liegt) und ein Job mit 2 U3-Kindern seltener ist als ein 6er im Lotto.

    Und die Angst, dass der geliebte Mann auch irgendwann vergisst, dass die fremden Damen ein Photoshop-Schoenheitsprogramm hinter sich haben und sich fragt, warum er diesen alten Besen zuhause sitzen hat, waehrend es soviele schoene Frauen auf der Welt gibt.

  • M
    Michael

    Wo bleibt das Mahnmal für die armen Opferinnen der Brigitte und deren patriachalischen Chefs

  • U
    udofr

    Ja Ja Frauen haben echte Probleme. Nimmt Frau Profimodels ist es nicht richtig nimmt Frau normalo Frauen als Models ist es auch nicht richtig. Vielleicht solltet Ihr es mal mit Feministinnen versuchen :-)

  • T
    Tessa

    Die armen Frauen, die diese Meldung und auch die in der "Brigitte"-Ausgabe in der es angekündigt wird, verpassen zu lesen. Sie werden sich noch frustrierter fühlen, da sie ja nicht wissen, dass wieder Models abgebildet werden. Dramatisch.

  • R
    Rarity

    Gegen unrealistische Schönheitsideale... aber für "realistische" Schönheitsideale? Das männliche Blickregime, dem Frauen unterworfen sind, reicht weiterhin bis in die tiefste Psyche vieler Frauen, die ihr Selbstwertgefühl davon abhängig machen, anderen optisch zu gefallen. Eine vermeintliche "Nähe" zur Leserin durch Laienmodels verstärkt den Effekt eher noch, weil es den Schönheitswahn normalisiert, die Distanz zu den magersüchtigen Professionellen wegfällt. Das ist nicht wirklich ein Fortschritt.

  • E
    emil

    bitte bei diesem einschlägigen magazin nicht an der zielgruppe vorbei von lesern und kunden sprechen, sondern von leserinnen und kundinnen oder um auf der sicheren seite zu sein, von leserInnen und kundInnen.