Brexit-Verhandlungen: Klinkenputzen bei Merkel und Macron
Am Mittwoch beraten in Brüssel die EU-Regierungschefs erneut über einen Brexit-Aufschub. Preminerministerin May wirbt zuvor in Berlin und Paris für ihren Kurs.
Und am Dienstag eilt May nach Berlin und Paris, um bei Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron um einen Aufschub der Frist für den EU-Ausstieg Großbritanniens zu werben. Deren Unterstützung kann sie gut gebrauchen, denn schon am Mittwoch steht bei einem Gipfel in Brüssel eine weitreichende Entscheidung in der Brexit-Saga an: Bekommen die Briten auf Wunsch Mays noch einmal Zeit bis zum 30. Juni, um ihre Spaltung zu überwinden, sich auf ein Ausstiegsabkommen zu einigen und es dann auch umzusetzen.
Wenn auch nur einer der 27 übrigen Staats- und Regierungschefs der EU ein Veto gegen eine Fristverlängerung einlegt, droht Großbritannien schon am Freitag ein chaotischer Sturz aus der Staatengemeinschaft – mit unwägbaren Folgen für Wirtschaft und Verwaltung. Ein Brexit-Aufschub ist trotz der Drohkulisse keine ausgemachte Sache, zu genervt sind etliche Regierungen der EU-Länder über den politischen Wankelmut in London.
Macron scheint sich besonders gegen eine Brexit-Fristverlängerung zu sträuben. Die EU könnte keine „Geisel“ der politischen Krise in Großbritannien sein, beschied er. Erst am Montag führte May Telefongespräche mit etlichen europäischen Kollegen, wie ihr Büro mitteilte. In Dublin zeigte sich der irische Ministerpräsident Leo Varadkar offen für einen Aufschub für London. Es gebe zwar Meinungsverschiedenheiten, doch sei er zuversichtlich, dass es eine Einigung geben werde, sagte Varadkar nach einem Treffen mit EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier.
Labour erwartet „Bewegung“
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte betonte hingegen, May müsse ihre EU-Kollegen davon überzeugen, dass Großbritannien im Falle einer Fristverlängerung eine „aufrichtige Kooperation“ mit der EU fortsetze. Die Äußerung war wohl auf Anspielungen von Brexit-Fans unter britischen Politikern gemünzt, wonach das Vereinigte Königreich im Falle einer ausgedehnten EU-Mitgliedschaft den Spielverderber mimen und die europäische Politik hintertreiben könnte.
Unklar ist auch, ob die parteiübergreifende Kompromisssuche in London Früchte tragen wird. Labour wünscht sich einen weicheren Brexit, als es der Führung um May vorschwebt. Dazu soll eine enge wirtschaftliche Bande an die EU über den Verbleib in der Zollunion mit gemeinsamen Handelsregeln und freiem Güterverkehr zwischen EU-Mitgliedsstaaten gehören. Eine solche Bindung an Brüssel für die Zeit nach einem Brexit würde auch die EU begrüßen, sagte Unterhändler Barnier.
Bisher gab es keinen Durchbruch bei Gesprächen zwischen der Regierung und Labour-Politikern. Der Chef der größten Oppositionspartei, Jeremy Corbyn, beklagte zuletzt sogar, dass die Regierung nicht nennenswert von ihren ursprünglich gezogenen roten Linien abrücke. „Wir erwarten Bewegung“, sagte Corbyn.
Vorbereitung zur Europawahl
Die Aussicht, dass May letztlich doch einer Lösung für eine Zollunion zustimmt, bringt Brexit-Hardliner auf die Barrikaden. Ihr Argument: Das Land müsse sich kompromisslos von Brüssel lossagen, um eine unabhängige Wirtschaftspolitik verfolgen zu können. Einer ihrer Wortführer, Ex-Außenminister Boris Johnson, erklärte, eine Zollunion würde das Vereinigte Königreich „versklaven“. Dies „kann, darf und wird nicht passieren.“
Andere Stimmen sagen, May habe gar keine andere Wahl, als ihre seit langem propagierten Brexit-Positionen zu räumen, nachdem das Unterhaus ihren Deal mit Brüssel mehrmals abgelehnt haben – und zugleich einen Abschied von der EU ohne jedes Abkommen.
Und während die Führung um May zwar nach wie vor an einem Austritt in den nächsten Monaten festhält, schmiedet sie Pläne für eine Teilnahme zu den Europawahlen vom 22. bis 26. Mai. Für Vorbereitungen auf den Urnengang seien entsprechende rechtliche Schritte eingeleitet worden, teilte die Regierung am Montag mit. Damit seien die Wahlen für das Land aber nicht „unvermeidlich“. Denn ein Austritt aus der EU vor dem Wahltermin beseitige automatisch die Pflicht zur Teilnahme.
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