May wegen Brexit-Krise in Nordirland: Für Frieden und gegen harte Grenzen
Bevor sie nach Brüssel reist, wirbt Theresa May in Belfast für Zustimmung – wofür, ist unklar. Aber sie bekräftigt, dass sie keine harte Grenze will.
Dublin taz | Die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland soll offen bleiben, egal, was kommt – das bekräftigte die britische Premierministerin Theresa May am Dienstagnachmittag in der nordirischen Hauptstadt Belfast. Bei ihrem zweitägigen Besuch in Nordirland sagte May, ihr sei klar, dass viele Menschen in Nordirland besorgt seien.
Aber sie sehe sich allen Gemeinschaften Nordirlands verpflichtet, stehe bedingungslos zum Karfreitagsabkommen von 1998, das Nordirland Frieden brachte, und wolle „einen Brexit liefern, der sicherstellt, dass es keine harte Grenze gibt“.
May sucht derzeit einen Weg, damit eine Mehrheit des Londoner Unterhauses ihrem Brexit-Abkommen mit der EU doch noch zustimmen könnte. Die hatten den „Deal“ am 15. Januar mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt und May zwei Wochen später aufgetragen, die Auffanglösung für die Grenze zwischen Irland und Nordirland, den sogenannten Backstop, neu zu verhandeln, denn derzeit könnte er Großbritannien dauerhaft an die EU-Zollunion binden und Nordirland im europäischen Binnenmarkt belassen, anders als den Rest des Landes.
Nur eine Veränderung des Backstops könne eine Annahme des Deals durch das britische Parlament herbeiführen, sagte May in Belfast: entweder durch alternative Mechanismen oder durch eine Befristung. Arlene Foster, Chefin der protestantischen nordirischen Democratic Unionist Party (DUP), deren zehn Abgeordnete Mays Regierung im britischen Parlament stützen, bekräftigte am Dienstag, sie werde den Deal unterstützen, wenn der „gegenwärtige“ Backstop durch eine andere Lösung ersetzt werde.
Alternativen zum Backstop
Die EU hat Nachverhandlungen bisher abgelehnt. Dennoch wird May am Donnerstag nach Brüssel reisen, um um ebendiese Nachverhandlungen zu bitten. In Vorbereitung darauf haben konservative Abgeordnete am Montag Gespräche mit Ministern und Regierungsbeamten über mögliche Alternativen zum Backstop aufgenommen.
Die konservativen Brexit-Hardliner und die DUP könnten sich mit dem nach Staatssekretär Kit Malthouse benannten Malthouse-Kompromiss anfreunden. Der sieht vor, dass die irische Auffanglösung durch eine Freihandelszone ersetzt wird. Falls die EU dem nicht zustimme, soll es nach dem Brexit eine dreijährige Übergangszeit geben, in der London und Brüssel das Abkommen neu verhandeln.
Die irische Regierung lehnt das ab. „Das Abkommen ermöglicht doch bereits Alternativen zum Backstop“, sagte der irische Außenminister Simon Coveney. „Das Problem ist, dass keiner dieser Vorschläge für alternative Maßnahmen einer Prüfung standgehalten hat.“
Nicht im Sinn des Belfaster Abkommens
Der frühere nordirische Premierminister David Trimble will derweil den Backstop juristisch kippen und den Malthouse-Kompromiss durchsetzen. Er hat am Montag angekündigt, gegen die britische Regierung vor Gericht zu ziehen, da die Auffanglösung gegen das Belfaster Karfreitagsabkommen von 1998 verstoße. Trimble war einer der Architekten dieses Abkommens. Dafür erhielt er gemeinsam mit John Hume von der Social Democratic and Labour Party (SDLP) 1998 den Friedensnobelpreis.
Trimble war Chef der Ulster Unionist Party (UUP), der damals stärksten nordirischen Partei, die inzwischen von der extremeren DUP überflügelt worden ist. Er verließ die UUP 2007 und trat den Tories bei. Er sagt, Mays Brexit-Deal würde dem nordirischen Regionalparlament zahlreiche Befugnisse entziehen und sie nach London verlagern. Das sei nicht im Sinn des Belfaster Abkommens.