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Brexit-Streit geht weiterAlte Ideen einmal aufgefrischt

Am Dienstag will die britische Premierministerin wieder über das EU-Austrittsabkommen abstimmen lassen. Sie prophezeit einen „Zeitpunkt der Krise“.

Im Zentrum des Streits bleibt die Zukunft der Grenze zwischen Irland und Nordirland Foto: ap

London dpa/afp | Wenige Tage vor der zweiten Abstimmung über das Brexit-Abkommen hat die britische Premierministerin Theresa May von Brüssel mehr Entgegenkommen gefordert. „Die Entscheidungen der EU in den nächsten Tagen werden einen großen Einfluss auf das Ergebnis der Abstimmung haben“, sagte May am Freitag vor Arbeitern bei einer Rede in der ostenglischen Brexit-Hochburg Grimsby. Es sei nur noch ein letzter Schubs nötig, um die Bedenken des Parlaments in London auszuräumen.

EU-Chefunterhändler Michel Barnier reagierte prompt. Ein Zugeständnis war es aber nicht, das der Franzose machte. In einer Kaskade von Twitternachrichten erklärte er am Freitagabend, die EU gebe Großbritannien die Möglichkeit, die Zollunion einseitig zu verlassen. Genau das fordern zwar die Kritiker des Austrittsabkommens in London, doch Barnier schränkte ein, das gelte nicht für Nordirland.

Genau diesen Vorschlag hatte May im vergangenen Jahr bereits mit den Worten zurückgewiesen, „kein britischer Premierminister würde dem je zustimmen“. Der britische Brexit-Minister Steve Barclay erwiderte auf Barniers Vorschlag, es sei nicht die Zeit, alte Argumente wieder hervorzuholen.

Die beiden Seiten drehen sich im Kreis. Für May ist das keine gute Entwicklung. Bereits am kommenden Dienstag will sie im Unterhaus erneut über den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag abstimmen lassen. Bei einem ersten Versuch Mitte Januar war sie damit krachend gescheitert.

Auch dieses Mal werden May schlechte Chancen auf einen Erfolg vorhergesagt. Für den Fall einer erneuten Schlappe will die Regierungschefin am kommenden Mittwoch über einen Austritt ohne Abkommen abstimmen lassen. Wird auch das abgelehnt, sollen die Abgeordneten am Donnerstag entscheiden, ob London eine Verschiebung des Brexits beantragen soll.

Verschiebung „höchstens um einige Wochen“

Solch eine Verschiebung ist nach Ansicht des EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani nur um wenige Woche möglich. Das Austrittsdatum könne „höchstens um einige Wochen verschoben“ werden, auf maximal Anfang Juli, wenn das neu gewählte Europaparlament zusammentrete, sagte Tajani den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „In jedem Fall müssen uns die Briten einen Grund für eine Verschiebung nennen, etwa dass sie diese Zeit für Neuwahlen oder ein neues Referendum nutzen wollen.“

Sollte ihr Deal erneut scheitern, seien sowohl ein EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen möglich, als auch eine Abkehr vom Brexit, warnte May. „Lassen Sie uns tun, was notwendig ist, damit die Abgeordneten das Abkommen am Dienstag unterstützen. Denn wenn die Abgeordneten den Deal ablehnen, gibt es keine Gewissheiten. Es wäre ein Zeitpunkt der Krise.“

Ich glaube ehrlich gesagt, dass künftige Generationen sagen werden, dass die EU in diesem Moment falsch gelegen hat, wenn das in Bitterkeit endet

jeremy hunt, britischer außenminister

Besonders eindringlich warnte May vor einem zweiten Brexit-Referendum: „Wenn wir uns auf diesen Pfad begeben, könnte es sein, dass wir die EU nie verlassen.“

Gestritten wird zwischen London und Brüssel vor allem über die als Backstop bezeichnete Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Die Regelung im Austrittabkommen sieht vor, dass Großbritannien so lange als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Grenzkontrollen wollen alle Seiten verhindern, weil sonst ein Wiederaufflammen des Konflikts in der ehemaligen Bürgerkriegsregion befürchtet wird.

Reist May wieder nach Brüssel?

Kritiker in London befürchten, der Backstop könnte Großbritannien dauerhaft in eine enge Anbindung an die EU bringen. Sie dringen daher auf eine zeitliche Begrenzung oder ein einseitiges Kündigungsrecht. Die EU lehnt das ab. Der Vorschlag, dass im Notfall ausschließlich Nordirland in einer Zollunion mit der bleibt, stößt vor allem bei der nordirischen Protestantenpartei DUP auf Widerstand, von der Mays Minderheitsregierung abhängig ist.

Fraglich ist, ob es May gelingt, Brüssel noch irgendwelche Zugeständnisse in letzter Minute abzuringen. Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox, der inzwischen eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen spielt, hatte am Donnerstag versichert, die Gespräche würden „beinahe mit Sicherheit“ auch am Wochenende fortgesetzt. Weder er noch Brexit-Minister Stephen Barclay reisten jedoch am Freitag nach Brüssel. Die Gespräche liefen derzeit auf technischer Ebene, hieß es auf beiden Seiten.

Spekuliert wurde, ob die Premierministerin selbst am Sonntag oder sogar am Montagfrüh zu einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Brüssel reisen könnte.

Der britische Außenminister Jeremy Hunt warnte die EU unterdessen vor einem Austritt seines Landes ohne Abkommen. „Ich glaube ehrlich gesagt, dass künftige Generationen sagen werden, dass die EU in diesem Moment falsch gelegen hat, wenn das in Bitterkeit endet“, sagte Hunt am Freitag im BBC-Radio.

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3 Kommentare

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  • Wer will das noch hören oder lesen ? Wer soll das noch kommentieren ?



    Am besten verschont man uns mit den Dauermeldungen über Frau May.

    Während alle, auch die taz, gebannt auf den Brexit schauen, wird ein Freihandelsvertrag der EU mit Japan ausgehandelt, bei dem geheim tagende, nicht gewählte Gremien den Großkonzernen weitgehende Rechte einräumen dürfen auf Kosten von Verbrauchern, Arbeitnehmern und Umwelt.

    Wenn die deutsche Presse darüber nur halb so viel detaillierte Informieren bringen würde wie über den Brexit, wäre vielleicht noch zu verhindern, dass Verbaucherschutz, arbeitsrechtlicche Standards und Umweltschutz in Zukunft ausgehebelt werden.

  • Großbritannien hat seinen Austritt aus der EU erklärt. Dies war eine einseitige Willenserklärung, keine gegenseitige. Die Regierung und (mehrheitlich) das Parlament verstehen 3 Wochen vor dem Austritt immer noch nicht, dass sie damit in einer ganz schlechten Position sind, Forderungen zu stellen, auf die die EU nicht einzugehen braucht.

  • Warum sich selbst unter Druck setzen und warum nicht Nägel mit Köpfen machen und den Brexit gleich um - sagen wir - 100 Jahre verschieben? Dann hätten diese und die nächsten Politiker*Innen-Generationen ihre Ruhe, und was dann ist, weiß der Kuckuck. Erfahrungsgemäß wird’s auch dann erst kurz vor Ultimo „richtig losgehen“.



    Also: Was du heute kannst verschieben, das verschiebe nicht erst morgen!