Bremer Linke hat was gegen Hochhäuser: Lieber nicht hoch hinaus
Hochhäuser spielen in der Bremer Stadtplanung eine immer größere Rolle – sind aber keine gute Option, findet die Bremer Linksfraktion.
Bisher seien Bremen und Bremerhaven keine Hochhaus-Städte. „Bremen steht nun vor der Entscheidung, ob das Stadtbild künftig in verstärktem Maße von Hochhäusern geprägt sein soll“, so Bernhard. Denn Hochhäuser spielen zunehmend eine Rolle in der Stadtplanung: Die Logistikfirma Kühne + Nagel feierte bereits im April Richtfest am Neubau an der Wilhelm-Kaisen-Brücke. In Planung seien laut Jens Tittmann, Sprecher des Bausenators, der Entwurf von Daniel Libeskind für das Sparkassen-Areal am Brill, ein Neubau auf dem Gelände des früheren Vulkan-Kontorhauses an der Weserstraße in Vegesack sowie ein Hochhaus an der Kohlhökerstraße auf dem Gelände des leerstehenden Bundesbank-Gebäudes. Die Bürgerinitiative (BI) „Kein Hochhaus im Viertel“ wehrt sich gegen letzteres massiv.
Hauptargument für hohe Bauten ist die Verdichtung, da die Stadt wächst. Hochhäuser führten jedoch keinesfalls zu einer höheren EinwohnerInnendichte, heißt es im Papier der Linken. Im Viertel ist diese beispielsweise sehr viel höher als in der Neuen Vahr. Der Grund dafür ist gesetzlich geregelt: Je höher ein Bauwerk, desto mehr Freifläche ringsherum wird benötigt.
In Deutschland gilt ein Bauwerk als Hochhaus, wenn der Fußboden mindestens eines Raumes höher als 22 Meter liegt – das entspricht der Leiterhöhe deutscher Berufsfeuerwehren, erklärt Tittmann. Danach brauche es eine neue Gebäudeklasse mit anderen Ansprüchen wie beispielsweise Rettungswegen.
Jens Tittmann, Sprecher des Bausenators
Ein weiterer Kritikpunkt der Linken ist der ökologische Fußabdruck von Hochhäusern. Diese verbrauchten für Aufzüge, Klimatisierung, Beleuchtung und Wasserpumpen mehr Energie als – im Verhältnis zur Wohnfläche – eine vierstöckige Kompaktbebauung. Auch der Luftaustausch in der Stadt werde durch Hochhäuser eingeschränkt, heißt es in dem Papier. Zudem erzeuge ein solches Haus Fallwinde. „Mit der Verschattung schränkt dies die Aufenthaltsqualität ein“, heißt es in dem Positionspapier.
Ein höherer Energie- sowie Materialverbrauch durch den ohnehin aufwendigeren Bau kostet Geld. Auch die Instandhaltung von vergleichsweise viel Technik sorge für eine Kostenerhöhung, so Bernhard. Diese Kosten schlügen sich in der Miete nieder. „Das Problem bezahlbaren Wohnraums kann damit nicht gelöst werden.“ Die Linke kritisiert darüber hinaus die sozialen Effekte von Hochhäusern. „Für halb-öffentliche Räume wie Vorgärten und Innenhöfe, die für nicht-geplante Kontakte und nachbarschaftliche Begegnungen so wichtig sind, gibt es in Hochhäusern meist keine Entsprechung.“
Die BI gegen das Hochhaus an der Kohlhökerstraße bemängelt andere Dinge, so vor allem, dass die AnwohnerInnen nicht in die Planungen einbezogen, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Außerdem sei das „hochwertige Bestandsgebäude“ am Kennedyplatz nicht ausreichend auf eine Umnutzung hin geprüft worden, so Susanne Kopp-Jäger. „Manche sagen, das ist ein Klotz, aber das haben die Architekten hier gut hinbekommen.“ Dass Bremen günstigen Wohnraum braucht, sieht sie ein. Das Projekt habe damit aber nichts zu tun. „Sobald die Eigentümer aus der Sozialwohnungsbindung raus können, schreitet die Gentrifizierung total voran.“
„Über Architektur kann man immer streiten“, sagt Tittmann. Für das Bauressort sei der Entwurf des Investors „Evoreal“ aber ein guter gewesen. Er biete mehr Freiflächen und Durchgänge als das jetzige Gebäude. Der Planungsprozess ist für Tittmann ganz normal verlaufen. „Derzeit sprechen wir mit allen Beteiligten, auch den Anwohnern, und suchen nach einem Kompromiss.“
Der grüne Baupolitiker Robert Bücking rät zu einer Einzelfallbetrachtung beim Hochhausbau. Mit den ursprünglich 14 geplanten Stockwerken hält er den Entwurf für die Kohlhökerstraße für zu hoch, elf dürften es für ihn aber sein. „Dann wäre es so hoch wie das Bundesbankgebäude und würde sich gut eingliedern“, sagt er.
Dass die Weiternutzung des Bestandes besser hätte geprüft werden können, sieht Bücking aber auch. „Gerade aus ökologischer Sicht hätte es Sinn gemacht, die enorme graue Energie dieses Hauses nachzunutzen.“ Und energieeffizient seien Hochhäuser in der Regel nicht, gibt er Bernhard recht.
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