piwik no script img

Bremer Krawall-Pastor LatzelDer Wille zum Krach

Der Bremer Pastor Olaf Latzel hat andere Konfessionen geschmäht: Buddha sei „fett“, die katholische Lehre „Mist“, das Zuckerfest „Dreck“.

Spricht aus Sicht des Bremer Pastors Olaf Latzel hauptsächlich über „Mist“: Papst Franziskus. Bild: dpa

BREMEN taz | Kommenden Sonntag predigt Johannes Müller in der Bremer Sankt Martini-Gemeinde. Von deren Pastor Olaf Latzel könne und müsse er sich nicht distanzieren, sagt er taz.nord. „Ich habe das nicht vor.“

Das ist bemerkenswert – denn dank der Radio-Bremen-Berichterstattung über Olaf Latzels Predigt vom 18. Januar, die alle Konfessionen schmäht, die von der seinen abweichen, herrscht in Bremens öffentlicher Meinung ein breiter Konsens, dass Latzel wirklich, wie die taz.nord bereits 2012 diagnostiziert hatte, ein Hassprediger ist.

So nannte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner den Geistlichen am Mittwoch jemanden, der „mit dem Zündholz am Pulverfass hantiert“ und auch Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) artikulierte seine Sorge bezüglich der Glaubenskriegs-Erklärung, die Latzel, wie alle seine Predigten, als audio-stream online gestellt hat. Denn darin nennt der Geistliche nicht bloß Buddha einen „dicken fetten Herrn“, sondern verwirft auch die katholische Lehre als „Mist“, bezeichnet zudem deren Reliquien ebenso wie das muslimische Zuckerfest als „Dreck“ und ruft zu Gewalt auf.

Menschen, schränkt er ein, dürfe man kein Leid tun, es sei ja zwischen Sünde und Sünder zu unterscheiden. Aber das ist es dann auch schon an Hemmung: Kultgegenständen gewährt der Pastor, der 2003 seinen Hund erschossen hat, keine Schonung. Diese müsse man „umhauen!, verbrennen!, hacken!, Schnitte ziehen!“ – Befehle, die vor dem Hintergrund der unaufgeklärten Brandanschläge auf Moscheen in Delmenhorst und Oldenburg im Herbst 2014 stark nachhallen. „Das fordert“, findet Latzel, „unser Herr und Gott.“

„Zündholz am Pulverfass“

Derartige Formulierungen seien „geeignet, Gewalt gegen Fremde, Andersgläubige oder Asylbewerber“ zu schüren, erkennt der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), Renke Brahms. Sein Stellvertreter, Bernd Kuschnerus, teilte im Radio-Bremen-Fernsehen mit: „Wir müssen uns distanzieren“ – auch wenn das schwer fällt , weil ja in der BEK Gemeindeautonomie herrscht, freie Theologie-Wahl also.

Die beste Gelegenheit zur Distanzierung hätte nun freilich – Müller. Johannes Müller predigt als BEK-Vertreter in Martini. Doch Müller will im Eklat eine „gemeindeinterne Angelegenheit“ sehen, in die er sich „nicht einmischen“ könne. Bis vor kurzem stand er im Dienst der Matthäus-Gemeinde, die theologisch wie Martini zum evangelikalen Spektrum zählt: Wie Martini ahistorisch-wortlautorientiert, klassisch-homophob und fest überzeugt, dass „der Mann die Frau jesusmäßig führen“ müsse, operiert man mit den denselben Inhalten – bloß mit poppigerem Wording.

Die Folge: Während Martini eine Art verrufener Darkroom der BEK ist, wird jene Gemeinde wegen ihres Engagements – vor allem um benachteiligte Kinder des Stadtteils kümmert man sich – vom Bürgermeister und von der Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) umschmeichelt. Latzels Predigt kenne er, sagt Müller, er habe sie sich angehört, und nein, „ich hätte sie nicht gehalten“. Mehr aber auch nicht.

Latzel, der taz-Anfragen nicht beantwortet, kann zufrieden sein: Eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung wird dank Religionsfreiheit versanden.

Im Netz kusieren erste Jesus-Vergleiche

Rhetorisch kalkuliert seine Predigt die Aufregung über seine Worte fest mit ein, ja man kann sagen, sie sei vom Willen zum Krach diktiert: Die erwartbare Gegenposition braucht er, um sie zum Symptom des um sich greifenden Neoheidentums zu stilisieren – und zum Gradmesser seiner eigenen Rechtgläubigkeit. „Wenn du als Christ keine Angriffe bekommst, stimmt etwas mit deinem Christsein nicht“, lautet seine These.

Zum Glück hat sich die Radio-Bremen-Redaktion doch noch des Audio-Mitschnitts der Predigt erbarmt – zehn Tage nach dessen Veröffentlichung. Seither tobt die Debatte, und auf evangelikalen Diskussionsforen wie idea.de ist Latzel jetzt der King. Erste Jesus-Vergleiche wurden schon gepostet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Die Haltung von Latzel ist für mich als Atheist nicht weiter verwunderlich, sondern folgt nur in besonders konsequenter Weise der innerreligiösen „Logik“: Alle Religionen eint, dass sich ihre Anhänger einer Lehre unterwerfen, deren Inhalte von keinerlei Evidenz und Überprüfbarkeit getrübt sind.

    Menschen werden in Religionen reingeboren, es wird ihnen früh beigebracht, was sie zu glauben haben und dass sie das Erlernte nicht in Frage stellen dürfen. Und sie lernen, dass ihre Religion die einzig wahre ist. Dieser Alleinvertretungsanspruch führt zwangsläufig dazu, dass andere Überzeugungen als falsch und minderwertig bekämpft werden!

     

    Man machte es sich aber zu einfach, wenn man Latzel und Seinesgleichen als Extremisten abstempelt, die den „wahren“ Glauben verraten hätten. Das Problem mit Religiösität ist fundamentaler: Zwar mögen uns die liberaleren Gläubigen moderner und menschenfreundlicher erscheinen, doch auch sie unterliegen den gleichen irrationalen Grundannahmen über die Welt wie die Fundamentalisten, lediglich in etwas abgemilderter Form. Auch ihr Glauben beruht auf ein „Für-wahr-halten“ von unbeweisbaren Grundannahmen. Dass sie etwas freundlicher daherkommen, liegt doch eher daran, dass sie von der „reinen Lehre“ zunehmend abgefallen sind und die Einflüsse der Aufklärung und des Humansimus in ihren Glauben integriert haben.Das Problem besteht eher darin, dass Menschen so irrational sind, dass sie aufgrund unbelegter Erzählungen ihr Leben gestalten und Andersgläubigen vorschreiben wollen, ebenfalls danach zu leben!

     

    " Religionskonflikte sind Streitereien darüber, wer den stärkeren unsichtbaren Freund hat!"

     

    Wir brauchen eine Welt, in der dieser „Aberglauben“ überwunden ist und sich die Menschen als Humanisten begreifen würden und sich gemeinsam, wie es einige humanistische Gemeinschaften (zB. der Humanistsche Verband) bereits tun, dafür stark machen, dass die Welt für alle Menschen eine bessere wird!

    • @Marion Oejeklaus:

      Auch die Evolutionslehre ist nur eine Theorie und muss geglaubt werden.

  • Der taz-Redakteur ist zum Glück mindestens genauso ideologisch verbohrt, wie der kritisierte Pastor.

     

    Pastor Latzel hat ganz bestimmt nicht zur Gewalt aufgerufen, aber wer unbedingt genau das heraushören will, dem wird es auch gelingen. Aber nur, wenn er oder sie den Sinnzusammenhang vernachlässigt.

     

    Ich weiß auch garnicht, was so schlimm daran ist, dass jeman behauptet, die Wahrheit zu kennen. Genau das behauptet der Autor des Artikel doch auch. Nur, dass er nicht recht hat ... :-)

    • @lila:

      Nein, zur Gewalt hat er sicher nicht aufgerufen. Er versteckt sich hinter den Texten der Bibel die dies tut.

      • @ReinerBewersdorff:

        Wieso meinen Sie, er verstecke sich? Das ist doch eine Unterstellung! Die Bibel ruft keineswegs zu Gewalt auf! Sie ruft zu konsequenter, persönlicher Nachfolge auf. Wer das nicht will, der muss nicht und wird nicht gezwungen.

  • Latzel stellt seine Predigten online?

     

    Ich hoffe, die Seite wird Sonntags wie die der altreformierten Gemeinden in den NL abgeschaltet. Das wäre ja ansonsten ein ziemlicher Verstoß gegen jeden Pietismus.

  • Ein Vergleich zwischen Letzel und Jesus sind die wahre Gotteslästerei. Jesus steht für den uneingeschränkten Willen zur Friedfertigkeit.

    Ausserdem sollte sich dieser Herr und seine anhänger mal in erinnerung rufen, dass Juden Christen und Muslime aller Splittergruppen letztlich DENSELBEN Gott verehren.

    • @J.Reuther airlag:

      Ja, ein Vergleich zwischen Latzel und Jesus ist Gotteslästerei, da Jesus das ewige Wort Gottes ist und Pastor Latzel nur ein fehlbarer Mensch - aber nicht wegen der Friedfertigkeit, denn Pastor Latzel hat in seiner Predigt nirgends zu Gewalt aufgerufen, im Gegenteil, er hat mehrmals betont, dass man alle Andersgläubigen lieben, ja sie sogar beschützen soll, falls sie angegriffen werden.

      Und nein, Christen und Moslems haben NICHT denselben Gott - ich hab mich jahrelang mit dem Islam beschäftigt, kenne den Koran gut und dieser arabische Kriegsgott hat nichts, aber auch gar nichts mit dem christlichen Gott gemein ...

  • Jeden Sonntag wird gepredigt, gesabbelt, gebetet und gesungen. Sie knien und jammern zum Erbarmen. Nur derjenige, der doch immer so dringend gebraucht wird, lässt sich nie blicken.

    Ein seltsamer Gott, der sich noch nicht einmal Kindern erbarmt und keiner einzigen Frau auf dem Scheiterhaufen zur Hilfe kam.

  • *** darin nennt der Geistliche nicht bloß Buddha einen „dicken fetten Herrn“, sondern verwirft auch die katholische Lehre als „Mist“ ***

     

    na, das wird man doch wohl noch sagen dürfen :-)

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @york karsunke:

      Nicht Buddha war fett, sondern El Dupree. Weiß man doch...

      • @889 (Profil gelöscht):

        know, didnt no. but thanks for the enlightment.

    • @york karsunke:

      Hei, ich bin Kirchenmusiker in Bremen und habe schon sehr viel in der Martinikirche gespielt. Sie ist eine der schönsten Kirchen Bremens und es wird hier Bibeltreu Gottesdienst gemacht. Es ist doch aber richtig, dass ein Pastor das Recht hat seine Herde zu behalten, ganz klar. Wenn ein Pastor Predigt das es ein Gott gibt ist das eigentlich etwas normales in einer Kirche. Seht euch mal einen Gottesdienst im Bremer Dom an, da sind Sonntag ein viertel von den Menschen die in die Martinikirche kommen. Wir sind in der Martinikirche Christen, keine Touristenkirche. Selbst ich als Organist stehe im Hintergrund, da Lobpreis im Vordergrund ist. Darf ein Pastor nicht aus der Bibel predigen?

      • @David McCloy:

        Naja. Ich finde einfach die Stelle im Neuen Testament nicht, in der zu Gewalt gegen andere Religionen aufgerufen wird. Oder war das der Koran?

        Immerhin gibt es ja die rettende Faustregel, dass die eigene Religion immer alles sagen und sein darf, Hauptsache, es findet sich ein Obermufti, der's erlaubt.

        Also: Auf zum fröhlichen Brandschatzen!

        • @Karl Kraus:

          Herr Kraus, nicht dem verzerrenden Artikel der TAZ glauben, selbst die Predigt hören. Auch, wenn das hier in diesem Artikel so scheint - Herr Latzel hat NIRGENDS zu "Gewalt gegen andere Religionen" aufgerufen! Im Gegenteil, er hat dazu aufgerufen, alle Andersgläubigen zu lieben, mehrmals in der Predigt! Mit "umhauen!, verbrennen!, hacken!, Schnitte ziehen!" hat er nur die Stelle im Alten Testament, über die er gepredigt hat, zitiert, und da geht es um den Befehl Gottes an Gideon SEINEN EIGENEN BAAL-ALTAR ZU ZERSTÖREN! Die ganze Predigt ging nur darum, dass Christen nicht BEI SICH ZUHAUSE Buddha-Statuen etc aufstellen sollen. Und nochwas, was nicht stimmt hier im Artikel: er hat nicht das islamische Zuckerfest als "Dreck" bezeichnet, sondern es als "Blödsinn" bezeichnet, wenn Christen das mitfeiern. Schon ein Unterschied, oder?

          Kritisch bleiben, selber prüfen ...

          • @Marco Kunz:

            Supi, vielen Dank!

            Kommentare ohne nachzuprüfen schreiben, geht irgendwie immer daneben. Ich hör mir die Rede mal an.