Bremen nimmt mehr Schulden auf: Corona macht Geld locker
Es gibt mehr Geld in den nächsten Jahren – der Senat kommuniziert das aber nur verhalten. Die Pause von der Schuldenbremse nutzt Bremen nur zum Teil.
Stattdessen betonten beide die Probleme durch die Coronapandemie. Die Ausgaben seien gestiegen, und bei den Einnahmen rechnet Bremen auch für die nächsten Jahre mit massiven Einbrüchen – Geld durch Einkommens- und Gewerbesteuer dürfte auch nach der Pandemie nicht gleich wieder auf Normalniveau im Haushalt eingehen.
Zahlen des Statistischen Landesamtes, die pünktlich zur Haushaltsaufstellung veröffentlicht wurden, bestätigten die Sorgen um die Wirtschaft: Das Bruttoinlandsprodukt in Bremen ist 2020 nach vorläufigen Berechnungen preisbereinigt um 7,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Der Rückgang ist damit stärker als im Bundesschnitt, wo es ein Minus von 4,9 Prozent gibt.
Die Erwartungen an den Haushalt stapelt die Landesregierung also tief – die tatsächlichen Zahlen sehen aber besser aus: 5,1 Milliarden Euro will das Land pro Jahr ausgeben, die Stadt 3,2 Milliarden. 2020 und 2021 waren es gut 4,6 Milliarden Euro für das Land und drei Milliarden für die Stadt. „Alle Ressorts bekommen mehr als zuletzt“, sagt auch Bovenschulte.
Schuldenbremse pausiert
Das Geld gibt es nicht nur trotz, sondern vor allem wegen Corona: Die Schuldenbremse pausiert während der Pandemie – das Gesetz selbst sieht diese Möglichkeit für außergewöhnliche Krisen vor. Bremen entscheidet nun, diese Notlage auch noch auf das Jahr 2023 zu beziehen. „Wir sind damit das erste Bundesland, aber es werden sicherlich weitere folgen“, vermutet Finanzsenator Strehl. Rund 300 Millionen Euro pro Jahr nimmt Bremen als Kredit im regulären Haushalt auf.
Bovenschulte zeichnet die Coronakrise dennoch als harte Zeit: Obwohl jedes Ressort mehr bekomme als bisher, wäre ohne Pandemie doch noch mehr Geld da gewesen, vermutet der Bürgermeister. Man werde die politischen Ziele „mit deutlich kleineren Schritten als geplant“ fortführen. Und: „Wir nähern uns einem normalen Haushalt an“, so Bovenschulte, „aber es gibt einen gewissen Abstand“.
Die nackten Zahlen unterstützen diese Aussage nicht: Schon im Oktober 2019 hatte das Finanzressort einen Blick in die Zukunft gewagt – und einen groben möglichen Doppelhaushalt für die Jahre 2022/23 fortgeschrieben. Damals hatte die Behörde für das Land mit Ausgaben zwischen 4,8 und knapp fünf Milliarden Euro gerechnet, für die Stadt mit Beträgen zwischen drei und gut 3,1 Milliarden –also sogar etwas weniger, als jetzt in Wirklichkeit zur Verfügung steht.
Dazu kommt: Diese Zahlen spiegeln nur den regulären Haushalt 2022/23. Faktisch wird die Finanzlage sogar noch besser. Denn zusätzlich zum Haushalt will Bremen auch den Bremen-Fonds wieder auflegen: Erneut soll es ein Extra-Budget in Höhe von 1,2 Milliarden Euro für die beiden Haushaltsjahre geben, über das nicht die Bürgerschaft, sondern Senat und Finanzausschuss verfügen können.
Bisher galt für den Fonds die Begrenzung, dass mit ihm nur klar coronabasierte Kosten gedeckt werden können; in den nächsten beiden Jahren sollen von dem Geld aber auch Schulen und Kitas saniert werden.
Das Bildungsressort zeigt sich denn gegenüber der taz auch einverstanden mit dem Budget, das ihm zugesprochen wird. Buten un binnen hatte dagegen zuvor noch aus einem internen Papier der Behörde zitiert, dass der Haushalt zu wenig Geld für Bildung vorsehe – samt einer Auflistung derjenigen Projekte, die das Ressort mangels Geld nicht umsetzen können werde.
Noch mehr Schulden wären möglich
Tatsächlich könnte das Land angesichts der gelockerten Schuldenbremse auch einfach noch mehr Geld aufnehmen – und damit Probleme angehen, für die das Budget in Zukunft wieder sehr knapp ist: Ab 2024 wird nicht nur die Schuldenbremse wieder gelten; gleichzeitig steigt auch die Tilgungsverpflichtung alter Schulden für Bremen von jetzt 80 auf dann 149 Millionen Euro jährlich.
Den Eindruck, dass Bremen diese Option mit dem gewachsenen Haushalt bereits zieht – also jetzt Geld nutzt, dass es später nicht mehr geben wird – will Bovenschulte nicht erwecken: „Es wäre nicht im Sinne dieses vernünftig haushaltenden Landes, jetzt Maß und Mitte bei den Ausgaben zu verlieren.“
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