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Brasiliens Oberstes Gericht entscheidetEx-Präsident Lula bleibt in Haft

Brasiliens Ex-Präsident Lula kommt nicht frei. Seine Verteidiger hatten Absprachen zwischen Richter und Staatsanwaltschaft kritisiert.

Freilassung abgelehnt: Enttäuschung für Brasiliens Ex-Präsident Lula (Archivbild) Foto: dpa

Rio de Janeiro epd/ap | Der ehemalige Präsident Brasiliens Luiz Inácio Lula da Silva bleibt in Haft. Das oberste Gericht Brasiliens lehnte eine Forderung zur Freilassung Lulas am Dienstag ab. Lula sitzt seit April 2018 in Curitiba wegen Korruption im Gefängnis. Die Forderung wurde vom Obersten Gerichtshof mit drei zu zwei Stimmen abgewiesen.

Lulas Verteidiger hatten seine Freilassung wegen angeblichen unangemessenen Verhaltens des Richters in dem Fall gefordert. Der damalige Richter Sergio Moro habe den Staatsanwälten bei den Ermittlungen die Richtung angegeben, argumentierten sie. Demnach soll Lula vor einem Jahr gezielt inhaftiert worden sein, um ihn an der Kandidatur für die Präsidentschaft zu hindern. Vor mehr als zwei Wochen zitierte The Intercept aus Gesprächen von ihr zugespielten Chats und E-Mails zwischen den ermittelnden Staatsanwälten und Moro. Moro wies unangemessenes Verhalten zurück.

Lula war von 2003 bis 2010 Präsident des größten südamerikanischen Landes. Der heutige Justizminister Moro verurteilte Lula 2017 nach einem jahrelangen Korruptionsprozess zu einer Haftstrafe von mehr als neun Jahren. Moro sieht es als erwiesen an, dass Lula dem Baukonzern OAS Aufträge beim halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras verschafft hat. Als Gegenleistung soll er eine dreistöckige Luxuswohnung im Küstenort Guarujá bekommen haben. Lula widersprach allen Vorwürfen. Der Prozess gilt als juristisch hochgradig zweifelhaft, weil er auf reinen Indizien beruhte.

Wegen seiner Inhaftierung konnte Lula nicht an der Präsidentschaftswahl 2018 teilnehmen, bei der der rechtsextreme Politiker Jair Bolsonaro gewann. Dieser hatte noch im Wahlkampf erklärt, Lula werde „im Gefängnis verrotten“. Bolsonaro holte Moro in sein Kabinett.

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8 Kommentare

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  • Das „angeblich unangemessene Verhalten“ vom Ex-Richter (und jetztigen Justizminister!) hat den Senatspräsidenten (aus einer der die Extremrechtsregierung unterstützenden Parteien) vorgestern sagen lassen, dass wenn Moro Abgeordneter wäre, er wahrscheinlich seine Immunität bereits verloren hätte und unter Anklage stünde. Dass der „Supersheriff“ nun den „Vorwurf“ unangemessen sich verhalten zu haben zurückweist, zeigt dass er sich perfekt voll in die brasilianische ethikfremde Politik integriert hat.



    Das ist eins.



    All das freilich ändert nichts daran, dass Lula – im diametralen Gegensatz zu seinen Verspreche(r)n so lange er nicht im Präsidentensessel angekommen war – das durch-und-durch korrupte mafiöse Staatsressourcenplündersystem seiner rechten und rechteren Vorgänger übernommen und noch perfektioniert hat. Mit seiner „linken“ „Arbeiterpartei“.



    Es ist aber unmöglich in wenigen Sätzen so „etwas“ Vielschichtiges und vielschichtig Lebendiges wie Brasilien in ein paar Absätzen zu erklären. Schon gar nicht durch obsolete (bei uns in Brasilien sowieso) und starre Links-Rechts-Schemata europäischer Machart und/oder einheitsbreiige Presseagentur-Stenos.



    Bücher können’s:



    www.bod.de/buchsho...xteh-9783200056879

  • "Der Prozess gilt als juristisch hochgradig zweifelhaft, weil er auf reinen Indizien beruhte."

    Zu Zeiten der Inquisition wurde nur aufgrund von Geständnissen verurteilt. Ein Indizienprozess ist da ein gewisser Fortschritt.

    Es geht um eine Eigentumswohnung. Welche Indizien sprechen dafür, dass diese Lula da Silva gehört und dass er sie mit Mitteln von Petrobras erworben hat bzw. von irgendwem geschenkt bekommen hat? Das wird leider nirgends nachvollziehbar erläutert. Empörung über das Unrecht der Verurteilung ist daher nur begrenzt möglich.

    • @A. Müllermilch:

      Diese Frage und der angebliche Besitz ist vor langer Zeit schon durch die Medien gegangen. Einmal gehören sie Lula ein andere Darstellung besagt, sie gehörten seiner Frau.



      Nichts konnte eindeutig bewiesen werden!



      Ziel war es ihn los zu werden um ungehemmt Ausbeuten zu können.



      Vielen Brasilieaner ist mittlerweile klar geworden was sie sich mit Bolsonaro eingehandelt haben und sie geben ihm keine lange Amtszeit

      • @Jakob Cohen:

        Ob die Wohnung Herrn oder Frau Lula geschenkt worden ist wäre doch ziemlich egal. Was sagt denn Lula zur Finanzierung der Wohnung?

        • @A. Müllermilch:

          Sie gehört ihm nicht. Es gibt nur ein paar dubiose Leute, die das behaupten, ohne schlüssige Beweise vorzulegen. Lula hat die Wohnung nie betreten.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            gibts dafür eine Quelle? Wem gehört denn die Wohnung? Verschwörung bzw. Rechtsbeugung der beteiligten Richter? Gibt es in Brasilien nicht sowas wie ein Grundbuch?

      • @Jakob Cohen:

        "Vielen Brasilieaner ist mittlerweile klar geworden was sie sich mit Bolsonaro eingehandelt haben"



        (Zu) Spät, aber doch.



        Allerdings soll auch nicht verschwiegen sein, dass die totale Korruption unter den "Arbeiterpartei"-Regierungen den Massenrutsch nach Extremrechts bei uns erst ermöglicht hat.

        • @Ardaga:

          totale Korruption unter den "Arbeiterpartei"-Regierungen

          Gibts dafür eine halbwegs glaubwürdige Quelle?