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Brasilien protestiert weiterTumulte in Sao Paulo

Der Schwerpunkt der Demonstrationen hat sich auf Sao Paulo verlegt, wo Zehntausende auf die Straße gingen. Erster Erfolg: Sieben Städte senken ihre Fahrpreise wieder.

Demonstranten zünden eine Flagge vor dem Rathaus in Sao Paulo an Bild: ap

SAO PAULO dpa/rtr/afp | Zehntausende Menschen sind in mehreren Städten Brasiliens erneut auf die Straße gegangen, um gegen Misswirtschaft, Korruption und steigende Kosten zu protestieren. Alleine in São Paulo schätzte die Polizei die Teilnehmerzahl auf bis zu 50.000 Menschen. Die zentrale Avenida Paulista im Zentrum der Elf-Millionen-Metropole war am Dienstagabend (Ortszeit) für Stunden durch den friedlichen Protest komplett blockiert.

Angesichts der Massenproteste soll nun auch das Militär für Sicherheit bei den Testspielen für die Fußballweltmeisterschaft sorgen. Das Justizministerium teilte am Dienstag mit, die Soldaten sollten die Sicherheitskräfte in jenen Städten unterstützen, in denen der Confederations Cup ausgetragen wird.

Vor dem Sitz des Bürgermeisters in São Paulo kam es zu Tumulten. Ein Reportagewagen des Senders Record TV wurde in Brand gesteckt. Zuvor hatten Randalierer Scheiben des Bürgermeisteramtes eingeworfen. Die Polizei zog sich in das Gebäude zurück. Es kam vereinzelt zu Plünderungen von Geschäften. Mehrere Personen wurden nach Medienangaben festgenommen.

Der Großteil der Protestteilnehmer demonstrierte jedoch friedlich weiter. „Ich bin hier, um das ganze Geld zu fordern, das für die Stadien verwendet wird“, sagte die 18-jährige Studentin Alina Castro. „Ich will Bildung, Krankenhäuser und zumindest eine sauberere Stadt.“ In Anspielung auf den Arabischen Frühling rief ein Demonstrant: „Das ist der Anfang des Tropischen Frühlings!“

In São Gonçalo bei Rio de Janeiro gingen etwas 5000 Menschen auf die Straße. Einige Randalierer setzten auf der Straße Müll in Brand. Auch dort war die Polizei massiv im Einsatz. Proteste gab es auch in Belo Horizonte, wo etwa 3000 Demonstranten auf die Straße gingen.

In der Nacht zum Montag hatten sich landesweit über 200.000 Menschen an Demonstrationen in über zehn Städten Brasiliens beteiligt, darunter in Rio, Brasília und São Paulo.

Kritik an Korruption

Bei einem der Hauptthemen der Proteste – der Fahrpreisanhebung – gab es Bewegung. Sieben Städte des Landes – darunter Manaus, Recife und Natal - kündigten eine Senkung der Preise an. São Paulos Bürgermeister Fernando Haddad signalisierte erstmals seit der Erhöhung der Preise am 2. Juni, die Möglichkeit, die Tariferhöhung wieder zurückzunehmen.

Die Forderungen der Demonstranten waren vielfältig: Einige forderten Steuergerechtigkeit, andere bessere Schulen und Krankenhäuser, wieder andere bessere Bus- und Bahnverbindungen. Auch die Einhaltung der Menschenrechte sowie Kritik an der Korruption in Brasilien wurden verlangt. Auch wurden die Milliarden-Ausgaben für die bevorstehenden Sport-Großereignisse Fußball-WM und Olympische Spiele angeprangert.

Die Stimme auf der Straße hören

Staatspräsidentin Dilma Rousseff wertete die Proteste positiv. Die friedlichen Demonstrationen zeigten die Stärke der Demokratie in Brasilien. Die Stimmen auf der Straße müssten gehört werden. Es sei gut, so viele Jugendliche und Erwachsene zu sehen, die mit Brasiliens Flagge in der Hand und die Nationalhymne singend ein besseres Brasilien verteidigten.

Die Proteste trüben allerdings den laufenden Confederations Cup, die Generalprobe für die Fußball-WM im kommenden Jahr. FIFA-Präsident Joseph Blatter zeigte Verständnis für die Demonstranten. „Ich kann verstehen, dass die Menschen nicht glücklich sind. Aber ich denke, sie sollten den Fußball nicht dazu nutzen, um ihre Forderungen zu verkünden“, sagte er dem Fernsehsenders TV Globo.

„Brasilien hat diese WM verlangt. Wir haben Brasilien diese Weltmeisterschaft nicht aufgezwungen. Sie wussten, um die WM zu bekommen, müssen Stadien gebaut werden“, sagte Blatter. Aber diese seien nicht nur für die Weltmeisterschaft gedacht. Neben den Stadien gebe es auch andere Bauvorhaben, wie Straßen, Hotels und Flughäfen. „Dies bleibt als Erbe für die Zukunft und nicht nur die Weltmeisterschaft.“

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1 Kommentar

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  • T
    Theo

    Tumulte in Sao Paulo:

    Bei der Demos in Brasilien geht es um viel mehr als die 0,20Reais. Was im Artikel angedeutet wird. Es geht um FRUST, wir alle Brasilianer auch in Ausland, werden von FRUST geplagt! Nach Jahren der Diktatur bekommt Brasilien ein demokratische Gewählte Regierung, und dann? Hochrangige Mitglieder diese Klasse werden in Korruptionsskandale verstrickt, die unsere Vorstellungsvermögen überstrapaziert.

    Dass die Brasilianer auf die Strasse gehen, und nicht nur in Brasilien (gestern auch in München z.B.) ist einfach aus der Motivation: das geht so nicht weiter.

    Die ganze Parole gegen Stadien und etc... ist zwar in Kern richtig, aber nicht tief genug. Ein Brasilianer schreibt in Sein FBook "wie müssen anfangen mehr um das unsere, unsere Kinder, unsere Schulen, unsere Strassen, etc zu kümmern, nicht warten bis "jemand" das tut. Wir die Brasilianer müssen einsehen, dass diese Missstände mit unsere Haltung zu tun hat. "Levar vantagen em Tudo" (mein Vorteil kommt als erstes, so ca.) war und ist noch in Brasilien ein Mantra.

    Leider.

     

    Schon und gut: das alles liesse sich in eine Demokratie mit Geduld und Wahlen eventuell lösen.

    Aber das Parlament plant noch was grauenvolleres:

    PEC !

    Das ist die Aufhebung der in der Verfassung garantierte Gewaltenteilung.

     

    Wenn PEC durchkommt, werden alle Entscheidung des BGH (in Brasilien) vom Parlament abgesegnet werden müssen. Dann können sich verurteilte Politiker eventuell sich wieder frei labbern. Stellt man so was in der BRD vor?

    Das ist für mich eine der gefährlichste Angriff auf die Demokratie in Brasilien seit wir sie wieder haben.

     

    Leider lese ich in der TAZ viel zu wenig darüber (eigentlich gar nichts)?

    Wo sind die Wütende Kommentare über PEC? Wenn das Schule macht, können andere Parlament auf diese glorreiche Idee kommen.