Brasilianische Spezialeinheit bei der WM: Mit dem LKA im Trainingslager
Um sie für die WM zu trainieren, schickte Brasilien Polizisten einer Elite-Einheit nach Deutschland. Das niedersächsische SEK schulte im Nahkampf und an der Waffe.
![](https://taz.de/picture/106971/14/BOPE080614.jpg)
RIO De JANEIRO taz | Da lachen die Brasilianer auch gerne mal – wenn es um die Sicherheit während der nahenden Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien und um gut gemeinte Ratschläge aus Deutschland geht: 1972? Olympische Spiele in München? War da nicht was? Terroristen überall – und ein überforderter Staat. Und doch: Um ihre Spezialeinheiten auf die Weltmeisterschaft 2014 vorzubereiten, die kommende Woche beginnt, schickte Brasilien im Jahr 2013 ein Gruppe von Elitepolizisten für zwei Wochen nach Deutschland, um sich in Niedersachsen von SEK-Beamten schulen zu lassen.
Das schilderte der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, Günter Krings, in dieser Woche auf eine Nachfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko von der Linksfraktion. Hunko hatte bereits zuvor beim Bundesinnenministerium angefragt, auf welche Weise deutsche Beamte die brasilianische Polizei im Vorfeld der WM unterstützt haben. Der Hintergrund: Brasilianische Polizisten gelten als besonders brutal und aufgrund ihrer schlechten Bezahlung als extrem anfällig für Korruption; weite Teile der brasilianischen Bevölkerung fürchten die Polizei daher.
Zuletzt war die Polizei landesweit massiv in die Kritik geraten nachdem Polizeieinheiten auf die Sozialproteste während des Confederations Cup Mitte 2013 mit massiver Polizeigewalt und dem ausufernden Einsatz von Tränengasgranaten reagierten. Erst am Donnerstag hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sich an die brasilianische Regierung gewendet und diese aufgefordert dafür zu sorgen, dass Brasiliens Polizisten //www.taz.de/Amnesty-zu-Brasilien-vor-der-WM/!139824/:die Einhaltung von Grundrechten achten.
Nun konkretisierte die Bundesregierung ihre Angaben gegenüber dem Bundestagsabgeordneten. Demnach hätte der Bundesstaat Brasilia, der in Brasilien als Sitz der gleichnamigen Hauptstadt eine Sonderrolle einnimmt, wiederholt um Hilfe aus Deutschland gebeten. Nach positiven Empfehlungen durch das Innenministerium und das Auswärtige Amt sei dann das SEK beim niedersächsischen LKA in Hannover gebeten worden, die Schulung durchzuführen – explizit in Vorbereitung der WM und der Olympischen Spiele.
Anfang November 2013 kamen dann zehn brasilianische Beamte der Spezial-einheiten „BOPE“ und „DOE“ für gut zwei Wochen nach Deutschland – und übten hier am Beispiel eines Bundesligaspiels verschiedene Einsatztaktiken. Geiselnahmen, Bus- und Flugzeuginterventionen. Außerdem gab es Schießtraining und Schulungen zur Selbstverteidigung. Bei den Einheiten handelt es sich um Eliteeinheiten der brasilianischen Polizei.
Die „BOPE“ interveniert unter anderem, wenn es zu schweren bewaffneten Auseinandersetzungen in den Armenvierteln der großen Metropolen kommt. Bereits das Wappen der „Einheit für besondere Operationen“ spricht eine deutliche Sprache: Es besteht aus einem Totenkopf, durch dessen Schädeldecke ein Messer gerammt ist. Im Hintergrund sind zwei gekreuzte Pistolen zu sehen.
Der Politiker Hunko kritisiert daher die Ausbildung dieser Einheiten durch deutsche Beamte. Das Bundesinnenministerium argumentiert genau umgekehrt: „Die jeweiligen Inhalte wurden stets nach rechtstaatlichen Grundsätze vermittelt“, sagt Staatssekretär Krings. „Das Gebot der Verhältnismäßigkeit bei solchen Maßnahmen sowie Strategien zur Deeskalation waren und sind zentraler Inhalt derartiger Lehrgänge.“
Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit im brasilianischen Drogenkrieg? Das wäre tatsächlich eine revolutionäre Neuerung. Als vor drei Wochen 40 Polizisten des FBI in Rio de Janeiro zu Gast waren, um eine dortige Spezialeinheit zur Aufstandsbekämpfung zu schulen, hatten einige der brasilianischen Polizeibeamte großes Leuchten in den Augen – sie hatten gerade gelernt, dass die Sache mit der Verhältnismäßigkeit in den USA noch laxer gehandhabt wurde als in Brasilien. Und erzählten nun freizügig der Presse davon.
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