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Brandsätze in LuftfrachtRussischer Militärgeheimdienst soll verantwortlich sein

2024 tauchten Pakete mit Brandsätzen an mehreren DHL-Standorten auf. Ermittler verdächtigen laut Berichten den russischen Geheimdienst.

Nur knapp vorbei an einer Katastrophe: DHL-Frachtflugzeug auf dem Flughafen Leipzig/Halle Foto: Peter Endig/imago

Köln AFP | Der russische Militärgeheimdienst GRU soll laut Medienrecherchen für Brandsätze in der Luftfracht verantwortlich sein, die im vergangenen Jahr unter anderem in Leipzig aufgetaucht waren. Davon gehen nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ), die am Mittwoch veröffentlicht wurden, westliche Nachrichtendienste aus.

Demnach werden offenbar mehrere ranghohe GRU-Angehörige mit den Sabotageplänen in Verbindung gebracht. Dazu zählt offenbar ein GRU-Oberst, der seit Dezember 2024 von der Europäischen Union sanktioniert ist. In der veröffentlichten Sanktionsbegründung heißt es laut WDR, NDR und SZ, der GRU-Oberst habe über soziale Medien „Agenten für Sabotageakte in der Union“ rekrutiert.

Im Sommer tauchten Pakete mit Brandsätzen in Lagerhäusern des Logistikkonzerns DHL in Deutschland und Großbritannien auf, wo sie Feuer fingen. In Polen setzte ein solches Paket einen DHL-Lkw in Brand.

Die Brandsätze sollen in Massagekissen versteckt gewesen sein, die sich zusammen mit Kosmetika und Sex-Spielzeug in den Paketen befanden, wie die Medien nun berichteten. Sicherheitsbehörden zufolge sei es nur ein glücklicher Zufall gewesen, dass die Pakete nicht während des Fluges Feuer gefangen hätten. Als Teil der Operation sollen auch Flugrouten nach Nordamerika ausgekundschaftet worden sein.

„Wegwerf-Agenten“ verdächtigt

Laut den Recherchen wurden Verdächtige in Litauen, Polen, Bosnien-Herzegowina und Großbritannien festgenommen. Dabei soll es sich um sogenannte Wegwerf-Agenten handeln, in Sicherheitskreisen „Low-Level-Agenten“ genannt. Gemeint sind Menschen, die etwa über Messengerdienste wie Telegram angeworben werden, um bestimmte Aufgaben zu übernehmen, ohne die genauen Hintergründe des gesamten Einsatzes zu kennen.

„Ein Flugzeug kann Feuer fangen und alle an Bord töten“, erklärte James Appathurai, der bei der Nato unter anderem für Strategien zur Abwehr hybrider Angriffe zuständig ist, gegenüber WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung. „Es kann auf einen Wohnort fallen und die Menschen, die dort leben, töten. Und genau aus diesen Gründen halten wir das für eine Eskalation.“

Die russische Botschaft in Berlin bestritt dem Bericht zufolge auf Anfrage, dass Moskau hinter den Vorfällen steckt. Sie sprach von „Paranoia“ und „Verschwörungstheorien“, berichteten WDR, NDR und SZ.

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5 Kommentare

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  • Na, ich hoffe mal die Nachrichtendienste können Beweise vorlegen und nicht nur Verdächtigungen und Spekulationen und "davon ausgehen" vorweisen (siehe kaputte Kommunikationskabel in der Ostsee). Ähnliche Nachrichtendienste hatte auch "Beweise" für Atomwaffen im Irak vorgelegt. Was ist eigentlich mit den Ermittlungen bzgl. des Anschlags auf "Nordstream 2"?

  • Das ist schlimmer als im kalten Krieg. Früher (vor der Atombombe) wäre eine solche Sabotageaktion, sofern bewiesen, ein Kriegsgrund gewesen - zivile Flugzeuge absichtlich zum Absturz bringen, überschreitet jede Grenze bei den "Spielchen" der Geheimdienste. Heute muss man sich auf die Zunge beissen, ein Krieg zwischen der Nato und Russland wäre der Untergang der Zivilisation.

  • Ja aber: gibt es denn jetzt irgendwelche Beweise oder sind das nur Vermutungen?

  • Haben denn westliche GEHEIMdienste ihre Ermittlungsergebnisse an deutsche Medien weiter gegeben.

    Und wer ist das genau "westliche Geheimdienste"?

  • Natürlich ist niemand überrascht.

    Russland sieht sich bereits im Krieg mit uns.

    Wer das abstreitet oder verharmlost, steht auf der falschen Seite und ist im besten Fall nur extrem dumm - im schlimmsten extrem bösartig.

    PS: Ich weiß, O.F., das ist wieder "simplifizierend". Aber wenn erst die russische Rakete auf Sie zusteuert, nützt Ihnen keine Differenzierung mehr.