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Brandmauer im BadNoch nicht mal eine Alternative fürs Kloputzen

Die Weidels, Chrupallas und Baumanns muss man mit allen Mitteln vom Einfluss auf den Rechtsstaat fernhalten – und auf die Toilette unseres Autors.

AfD? Bitte wegspülen Foto: imago-images

J etzt kommt das AfD-Dilemma mit Wucht zurück“, prangt ganz oben auf Spiegel Online. Und da fällt mir ein, dass ich ja noch das Klo putzen wollte. Kloputzen ist eine Tätigkeit, die nicht im besten Ruf steht, aber erstens denke ich, Hausarbeit non olet, zweitens ist es auch mein Ausgeschiedenes, dessen Reste weggemacht werden müssen, drittens habe ich als Zivi für Deutschland in einem Altenpflegeheim weiß Gott schlimmere Dinge gerochen und berührt als unsere letztlich immer recht ästhetischen Toilettenschüsseln.

Und viertens habe ich eh einen Hang zu Schmutz. Mir wird zum Beispiel der Geruch von Benzin fehlen. Vielleicht könnte man den beim Einstecken des Elektroautos künstlich ergänzen, fällt mir so ein, um die Ver­bren­ner­n­ost­al­gi­ker:in­nen zu trösten? Machen Sie damit ein Start-up, wenn Sie wollen – an Ideen mangelt es mir nun wirklich nicht. Ich habe nur keinen Bock, sie umzusetzen.

Silvio Berlusconi hat mal über seine politischen Gegner von der Fünf-Sterne-Bewegung gesagt, die dürften bei ihm höchstens die Klos putzen; und ein andermal, an einem Tag, an dem er nach eigener Aussage besonders schlecht drauf war, hat er gesagt, dass die Leute von der Fünf-Sterne-Bewegung bei ihm noch nicht mal die Klos putzen dürften. Wieder an einem anderen Tag, in einer Sendung der Anti-Berlusconi-Politjournalismusikone Michele Santoro, hat Berlusconi sorgsam den Stuhl abgewischt, auf dem vor ihm die Anti-Berlusconi-Politjournalismus­ikone Marco Travaglio gesessen hatte.

Berlusconi ist heute tot, die Fünf-Sterne-Bewegung, Michele Santoro und Marco Travaglio stehen im welthistorischen Ringen, dessen Zeugen wir sind, auf der Seite des Massenmörders Putin, während die von Berlusconi zur Wahrung seiner geschäftlichen Interessen gegründete Partei Forza Italia für ita­lie­nische Verhältnisse recht verlässlich an der Seite des überfallenen ukrainischen Volks steht. Die Welt ist eben so kompliziert, dass man schon mal einfach sein Klo putzen kann, da ist das Ergebnis wenigstens eindeutig.

Unfähig, böse und rechtsradikal

Ich persönlich neige dabei eher Berlusconis zweiter Variante zu, vielleicht auch deswegen, weil ich seit dem Verrat des US-amerikanischen Volks an seinen Verbündeten (es hat Trump schließlich an die Macht gebracht und lässt ihn dort gewähren) eigentlich immer schlecht drauf bin.

Ich würde mir von den Weidels, Chrupallas und Baumanns ebenfalls noch nicht mal mein Klo putzen lassen. Denn diese Leute sind ja nicht mehr einfach unfähig, böse und rechtsradikal; sie stehen im welthistorischen Ringen, dessen Zeugen, aber dessen Protagonisten wir auch sind, auf der Seite des Massenmörders Putin und des Feinds der Menschheit Trump.

Sie sind, um ein altmodisches Wort zu gebrauchen, Vaterlandsverräter, die mit allen Mitteln vom Einfluss auf meine Toilette sowie auf unseren demokratischen Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland ferngehalten werden müssen.

Der tapfere, gerade aus dem Bundestag ausgeschiedene CDU-Mann Marco Wanderwitz sieht hier ganz klar: „Ich gehe davon aus, dass bei einer sich stetig weiter radikalisierenden Partei und den gemachten schlechten Erfahrungen keine Experimente gemacht werden.“

Hoffen wir, dass ihm seine Partei moralisch, politisch und patriotisch gewachsen ist. Und vielleicht greift ja Putin auf seine AfD-Freund:innen als Reinigungspersonal zurück. Am besten wäre natürlich: in einer gemeinsamen Gefängniszelle.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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